Die Rechtsgrundlage oder auch Ermächtigungsgrundlage für geheime Online-Durchsuchungen ist ein zentraler Streitpunkt zwischen den beteiligten Parteien, Interessensvertretern und den bislang damit befassten Richtern und Rechtspolitikern. Bislang ist die Rechtslage noch weitestgehend unklar und umstritten.

Für die bereits durchgeführten Online-Durchsuchungen zwischen 2005 und 2007 wurde eine Dienstanweisung des damaligen Innenministers Otto Schily als Rechtsgrundlage verwendet. Diese kam nach damaligen Bitten des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Heinz Fromm zustande. Erst mehrere Monate nach der Ausfertigung der Anweisung wurde dabei das Parlamentarische Kontrollgremium, das die Arbeit der Geheimdienste überwachen soll, über die Maßnahme informiert. Das Gremium überblickte zum damaligen Zeitpunkt allerdings nicht die Brisanz der geheimen Dienstanweisung. Klar ist allerdings, dass aktuell im Strafprozessrecht keine Ermächtigungsgrundlage existiert, so der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 31.01.2007. (Az.: StB 18/06).
Grundsätzlich muss dabei unterschieden werden, ob die Online-Durchsuchung zu Zwecken der Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung, zur Gefahrenabwehr oder zur Nutzung durch Geheim- und Nachrichtendienste für die Informationsbeschaffung eingesetzt werden soll.
Nachdem das Bundeskanzleramt eingestehen musste, dass die in der Öffentlichkeit zunächst noch als fixe Idee diskutierten Online-Durchsuchungen bereits Realität waren, wurden diese vorerst gestoppt. Bereits kurz zuvor hatte die Bundesregierung auf die Frage, welche Rechtsgrundlage nach ihrer Einschätzung künftig für Online-Durchsuchungen zum Tragen kommen solle in der Antwort auf eine kleine Anfrage (Drucksache 16/3787, 28.12.2006) erklärt, dass zu prüfen sei, ob eine Rechtsgrundlage geschaffen werden müsse, sofern diese noch nicht existiere. Nachdem der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs keine existierende Rechtsgrundlage für Online-Durchsuchungen in den rechtlichen Vorschriften der Strafprozessordnung gesehen hatte, ist das Bundesministerium des Innern dabei eine entsprechende rechtliche Legitimation zu schaffen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf existiert bereits.
Das Bundesland Bayern hat angekündigt, einen entsprechenden Gesetzesentwurf für den Einsatz von Online-Durchsuchungen im Rahmen der Strafverfolgung auf den Weg zu bringen. Dieser solle dann als Änderungsantrag zu einem entsprechenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung im Bundesrat eingebracht werden. Der Chaos Computer Club hat Ende August einen Entwurf des neuen BKA-Gesetzes (Stand 11.07.2007) auf seiner Website veröffentlicht. Danach soll der Einsatz von Online-Durchsuchungen mit Hilfe des so genannten Bundestrojaners ohne Zustimmung eines Richters möglich sein. Auch sieht der Gesetzesentwurf keine Verpflichtung zur nachträglichen Benachrichtigung des Betroffenen einer solchen Maßnahme vor. Für den Einsatz des Trojaners existiert dabei beispielsweise die Idee, dass eMails offizieller Stellen und Behörden gefälscht und mit einem schadhaften Trojaner im Anhang an Betroffene verschickt werden sollen.
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat bei der Frage der Online-Durchsuchungen durch Nachrichtendienste bislang eine Vorreiterstellung inne. Sie hat dem Landesamt für Verfassungsschutz in § 5 Abs. 2 Nr.11 VSG NRW seit dem 30.12.2006 erlaubt, Informationen mit Hilfe dieser Methode zu beschaffen. Im Gesetz heißt es dazu: "K ommunikationseinrichtungen beziehungsweise die Suche nach ihnen, sowie der heimliche Zugriff auf informationstechnische Systeme auch mit Einsatz technischer Mittel“ zur Beschaffung von Informationen sind erlaubt. Gegen die Anwendung dieser Ermächtigungsgrundlage wurde allerdings Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht beginnt am 10. Oktober 2007 (Link: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-082.html ). Das Urteil wird mit großer Spannung erwartet, da sich alle Beteiligten davon mehr Klarheit über Voraussetzungen, Möglichkeiten und Anwendungsschranken der Online-Durchsuchung in der Praxis erwarten.
Anzeige




