Kunden der 5-Sterne-Airline staunen aktuell nicht schlecht: Per Mail und auch per Post erhalten sie von der Lufthansa die Aufforderung, bei Entschädigungsforderungen einen Identitätsnachweis in Form eines Selfies beizubringen. Zusätzlich sollen die betroffenen Passagiere auch eine Buchungsbestätigung einreichen – dies ruft Datenschützer auf den Plan.
Durchsetzung von Fluggastrechten wird behindert
Fluggastrechte regeln unter anderem das Recht auf Entschädigungen, wenn es im Rahmen einer Flugreise zu Verspätungen oder Ausfällen kommt. Abhängig von den Umständen des Einzelfalles steht den Kunden dann eine Entschädigung in Geld zu. Voraussetzung für den Geltungsbereich der EU-Verordnung 261/2004: Der Flug startet in einem der EU-Mitgliedsländer oder wird von einer Fluggesellschaft mit Sitz in einem EU-Mitgliedsland ausgeführt und landet auch innerhalb der EU.
Gerade Verspätungen sind auf allen Flugstrecken an der Tagesordnung – und Dienstleister, die die Durchsetzung von Fluggastrechten für betroffene Kunden übernehmen, haben sich mit ihrem Serviceangebot schon lange auf dem Reisemarkt etabliert. Um die Interessen ihrer Kunden wahrzunehmen, nutzten sie bisher Vollmacht und Reiseunterlagen – doch das reicht der deutschen Lufthansa aktuell nicht mehr aus.
Dienstleister beklagen erhöhten Aufwand
Durch die Forderung, zusätzlich noch ein Selfie einzureichen, auf dem das Gesicht des Betroffenen sowie ein amtliches Ausweisdokument zu sehen ist, bedeutet für die Dienstleister einen erheblichen Mehraufwand. Experten vermuten, dass das genau die Intention hinter der Vorgehensweise von Lufthansa ist: Die Fluggesellschaften betrachten die vielen Anbieter, die Fluggästen zu Entschädigungen verhelfen, schon lange als lästige und teure Hürden in den geschäftlichen Abläufen.
Wenig erstaunlich, denn die Bilanz für 2018 weist immerhin einen Betrag in Höhe von 350 Millionen Euro aus, der an Entschädigungszahlungen für Passagiere gezahlt wurde.
Forderung der Lufthansa ist nicht durch das Gesetz gedeckt
Problematisch erscheint dennoch, dass das Sammeln von Selfies in Verbindung mit dem amtlichen Ausweisdokument nach Art. 6 Abs. (1) DSGVO einer rechtlichen Grundlage bedarf. Diese kann entweder auf der Einwilligung des Betroffenen selbst beruhen oder aber im Rahmen einer Rechtsvorschrift erfolgen. Beide Varianten sind im konkreten Fall aber nicht ersichtlich. Zudem ist das Kopieren von Ausweisdokumenten ohnehin rechtlich fragwürdig – und das nicht erst seit dem Inkrafttreten der DSGVO.
Fazit
Erste Erfahrungen zeigen, dass eine Auszahlung der Entschädigungsforderung anscheinend auch dann erfolgt, wenn der Bitte nach Selfie und Ausweisfoto nicht nachgekommen wird. Eine Anfrage an den zuständigen Datenschutzbeauftragten ist ebenfalls bereits gestellt worden – hier ist immerhin die Frage zu klären, ob das Vorgehen nicht in erheblichem Umfang gegen die gesetzlichen Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (kurz: DSGVO) verstößt.
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