IT-Sicherheitsexperten sprechen schon vom bisher größten Leak der Bundesrepublik. Über Wochen oder sogar Monate konnte jeder Interessierte wohl auf die komplette Datenbank der Buchbinder-Autovermietung zugreifen. Darin gespeichert waren sämtliche erhobenen Kunden-Informationen einschließlich eventueller Unfallschäden, polizeilicher Ermittlungen und Zeugenaussagen. Auch Informationen über die 2500 Angestellten konnten abgerufen werden, teilweise sogar deren Passwörter in Klartext.
Slogan: „Wir nehmen Datenschutz ernst“
Politiker, Sportler und Schauspieler, Mitarbeiter von Polizei und Bundeswehr, Unternehmen und Institutionen, ja sogar der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Arne Schönbohm – sie alle gehören zu den Opfern des jüngsten IT-Sicherheitsskandals. Auch wer glaubt, nie in einem Buchbinder-Fahrzeug gesessen zu haben, könnte betroffen sein. Denn der Autovermieter gehört zu den größten der Bundesrepublik und arbeitet er mit Online-Vermittlern zusammen, ohne dabei selbst in Erscheinung zu treten.
Hohes Bußgeld zu erwarten
Wie das Computermagazin c’t und die Wochenzeitung ZEIT jetzt enthüllt haben, standen bis vor Kurzem zehn Terabyte hochsensibler Daten auf einem Buchbinder-Server ungeschützt im Internet. Dazu gehörten allein drei Millionen Führerscheinnummern mit Fahrer-Informationen, außerdem Mobilfunknummern, E-Mail-Adressen und Zahlungsdaten. Gegebenenfalls war vermerkt, über welche Firma oder Organisation das Fahrzeug gemietet worden war. Gespeichert waren beispielsweise sämtliche Bundestagsparteien, aber auch islamische und jüdische Gemeinden, Selbsthilfegruppen und Schwulen- und Lesben-Vereine.
Drohen jetzt Erpressung und Phishing?
Auch eine gesonderte Datenbank mit mehr als einer halben Million Unfällen fanden die Journalisten. Sorgfältig eingescannt waren darin Unfallfotos, Polizeiberichte, Zeugenaussagen Dritter und Anwaltsschreiben. Die Informationen standen übersichtlich geordnet, unverschlüsselt und ohne Passwort zum Download bereit. Wie oft sie möglicherweise von Kriminellen kopiert wurden, ist völlig unklar. Das Auffinden des Datenlecks jedenfalls dürfte für IT-Cracks keine Schwierigkeit dargestellt haben: Nach Angaben der c’t durchsuchen bestimmte Open-Source-Tools jede eingegebene IPv4-Adresse auf undichte Stellen.
Bayerisches Landesamt für Datenschutz ermittelt
Vor Veröffentlichung der Zeitungsberichte haben die Journalisten nicht nur die Datenschutzaufsicht informiert, sondern auch das Unternehmen selbst. Schon kurze Zeit darauf hatte Buchbinder das Datenleck geschlossen. Zu Ursachen oder Konsequenzen der mangelhaften Sicherung gibt es bisher keine offizielle Stellungnahme des Unternehmens.
Praxis-Tipp
Unter www.ct.de/ycyu hat das Computermagazin die Vorlage für eine datenschutzrechtliche Selbstauskunft nach DSGVO bereitgestellt. Damit können Verbraucher bei Buchbinder anfragen, ob oder welche persönlichen Daten der Autoverleih über sie gespeichert hat.
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Eine zweite Anfrage vom 10.02.2020 bleib ebenfalls ohne Reaktion. Am 19.02.2020 kam dann eine Mail vom Buchbinder-Datenschutz-Team:....." Bitte seien Sie versichert, dass wir unser Bestes tun, um Ihre Anfrage so schnell wie möglich zu beantworten, spätestens jedoch in der verlängerten Frist von drei Monaten ab Eingang Ihrer Anfrage." Am 06.04.2020 ist die Anfrage immer noch offen.