Mit jedem Öffnen der Anwendung sollen Grindr-Nutzer unfreiwillig sensible Daten an Werbetreibende weitergegeben haben. Das hat eine Untersuchung der norwegischen Datenschutzbehörde ergeben. Zu den Informationen gehörte auch die sexuelle Orientierung, denn Grindr definiert sich selbst als das weltgrößte Netzwerk für schwule, bi- und transsexuelle Männer.
Profilinformationen und sexuelle Orientierung
Vor gut einem Jahr hatten der norwegische Verbraucherrat NCC und der europäische Datenschutz-Verein noyb Beschwerden gegen Grindr und fünf seiner Partnerunternehmen eingereicht. Wichtigster Vorwurf: Die kostenlose Smartphone-Anwendung teile Nutzerdaten mit Drittanbietern. Die wiederum könnten sie erneut an Hunderte potenzieller Werbekunden weitergeben. Eine rechtliche Grundlage fehle, denn die Zustimmung zu den Datenschutz-Richtlinien sei nicht als gültige Einwilligung anzusehen. Damit verstoße Grindr gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung.
„Friss oder stirb“-Prinzip der Zustimmung
Die Vorwürfe hat die norwegische Datenschutzbehörde jetzt bestätigt. Laut ihrer Untersuchung sind Grindr-User über die Verarbeitung ihrer Daten nicht ausreichend informiert worden. Um die kostenfreie App nutzen zu können, mussten sie außerdem allen Vorgaben zustimmen. Eine Ablehnung einzelner Aspekte der Datenweitergabe, beispielsweise zu Werbezwecken, war nicht möglich. Das heißt: Wer bei Grindr mitmachen wollte, musste entweder eine Abo-Gebühr zahlen oder eine unklare Datennutzung akzeptieren. Und das, obwohl man damit sogar besonders sensible Informationen wie die sexuelle Orientierung preisgab. Unter diesen Umständen sei die Einwilligung ungültig, so die Datenschutz-Aufsicht.
Fall noch nicht abgeschlossen
Die norwegische Behörde hat Grindr nun zunächst informiert, dass man ein Bußgeld in Höhe von 100 Millionen Kronen verhängen möchte, also rund 9,63 Millionen Euro. Diese Summe entspreche etwa zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Man habe dabei berücksichtigt, dass es sich um schwere Verstöße handele, von denen Tausende Norweger betroffen seien. Das Unternehmen hat bis Mitte Februar Zeit, sich zu äußern. Erst danach werden die Datenschützer ein endgültiges Urteil fällen.
Fazit
Die Datenschutz-Aktivisten von noyb gehen nicht davon aus, dass Grindr mit einem Widerspruch Erfolg haben wird. Allerdings könnten weitere Bußgelder auf das Unternehmen zukommen. Mittlerweile berufe es sich bei der Datennutzung nämlich auf ein „berechtigtes Interesse“, um Informationen ohne Zustimmung der Nutzer zu verarbeiten. Der Fall könne also in eine weitere Runde gehen.
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