Schon mehrfach haben sich die Straßburger Richter mit Internet-Angeboten von Fluggesellschaften auseinandergesetzt. Sie untersagten beispielsweise, Kunden mit Dumping-Preisen anzulocken, um dann im Verlauf der Buchung zusätzliche Kosten aufzuschlagen. Trotz solcher Entscheidungen verteidigt Ryanair seit Jahren vor italienischen Gerichten sein Online-Reservierungssystem mit sogenannten „fakultativen Zusatzkosten“. Nun hat der EuGH Klarheit geschaffen.
Welche Gebühren muss Flugpreis enthalten?
Schon 2011 verhängte die italienische Wettbewerbsbehörde Geldbußen gegen Ryanair. Auf ihrer Website warb die Fluggesellschaft damals mit äußerst günstigen Preisen. Erst im Verlauf der Ticketbestellung wurde Kunden angezeigt, dass auf den sogenannten „Endpreis“ noch Steuern und Gebühren zu entrichten waren. Weitere Kosten entstanden, falls Reisende nicht mit einer ganz bestimmten Prepaid-Kreditkarte zahlten. Für die Autorità Garante della Concorrenza handelte es sich dabei um unlautere Geschäftspraktiken. Eine Klage gegen den Bußgeldbescheid wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht abgewiesen. Doch das Flugunternehmen ging in Berufung. Die nächsthöhere Instanz, der sogenannte Staatsrat, wendete sich zunächst an den Europäischen Gerichtshof.
Welche Zusatzleistungen sind frei wählbar?
Relevant für die EuGH-Entscheidung (Az. C-28/19) war vor allem die EU-Richtlinie EG 1008/2008 aus dem Jahr 2008. Ihr Ziel: Luftfahrtunternehmen sollen die Preise für Flüge so darstellen, dass Verbraucher wirklich vergleichen können. Alle unvermeidlichen Gebühren müssen von Anfang an im Preis enthalten sein. Zusatzkosten dürfen nur bei freiwillig hinzugebuchten Leistungen anfallen. Der EuGH hatte nun zu klären: Handelt es sich bei der Mehrwertsteuer, den Kosten für Online-Check-In und Verwaltungsgebühren für gängige Zahlungsmittel tatsächlich um freiwillige, vermeidbare Zubuchungen?
Privilegierte Kartenbesitzer
Die Richter stellten fest: An der Zahlung der Mehrwert-Steuer kommt kein Kunde vorbei. Sie ist unvermeidbar und muss deshalb grundsätzlich im angezeigten Preis enthalten sein. Das gleiche gilt für den Online-Check-In, allerdings nur dann, wenn keine andere Möglichkeit zur Fluganmeldung besteht. Können Kunden aus mehreren Check-In-Varianten wählen, muss der Preis die günstigste Alternative beinhalten. Auch die Gebühren für einzelne Zahlungsmittel sah Luxemburg im vorliegenden Fall als unvermeidlichen Bestandteil des Preises an. Das Gericht wertete dabei die Besitzer der bevorzugten Kreditkarte als beschränkten Kreis von privilegierten Verbrauchern. Wollten andere Personen die Zahlung ohne Verwaltungsgebühr nutzen, müssten sie möglicherweise erst teure Schritte unternehmen, um dem privilegierten Kreis der Kartenbesitzer beizutreten.
Fazit
Was sowieso jeder Reisende bezahlen muss, ist als Ticketpreis anzuzeigen. Der EuGH hat mit seiner Entscheidung ähnliche Urteile der Vergangenheit bestätigt. In der Sache Ryanair ist damit allerdings noch nicht alles geklärt. Der Fall geht jetzt zurück an den italienischen Staatsrat. Der muss unter anderem prüfen, ob Reisende damals eine Alternative zum kostenpflichtigen Online-Check-In hatten – beispielsweise ein Einchecken direkt am Flughafen.
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