Ein Kunde kauft im Web eine Digitalkamera mit Objektiv für knapp 1.800 Euro. Bei kalten Temperaturen sei nach Antippen des Auslöseknopfes jedoch ein Pfeifen zu hören. Und: Es komme zu Vibrationen und einem Wackeln im Sucher. Der Kunde gibt an, er habe die Kamera gekauft, um im Winter draußen Wildtiere zu fotografieren. Er will sie daher zurückgeben. Das Online-Fotogeschäft lehnt das jedoch ab. Die Begründung: Die Kamera funktioniere. Es liege kein Mangel vor. Jetzt musste sich das Amtsgericht (AG) München die Frage stellen: Wann liegt ein Sachmangel bei einer Digitalkamera vor?
Das sagte ein Gutachten zur Funktion der Kamera
Um zu klären, ob bei der Kamera ein Sachmangel vorliegt, beauftragte das Gericht ein Gutachten. Der Sachverständige kam zu dem Schluss: Liegt die Kamera 3, 5, 7, 9 und 12 Stunden bei 6 Grad im Kühlschrank, kommt es bei insgesamt 50 Tests zu keiner Funktionsstörung. Der Kamerakäufer lehnte das Gutachten jedoch ab. Er stufte den Gutachter als befangen ein. Denn: Dieser hatte kurz zuvor sein Fotogeschäft an den beklagten Fotohändler verkauft.
Ein zweiter Sachverständiger kam zu dem Schluss: Die Kamera funktioniert auch bei 3 Grad tadellos. Erst wenn sie über 14 Stunden lang 4 Grad ertragen muss, kann es zu den vom Kunden beklagten Störungen kommen. Bei 17 Stunden in der Kälte zeigte die Kamera wiederum keine Aussetzer.
So entschied das AG München über die Funktionsstörung der Kamera
Die Richter des AG München kamen zu dem Ergebnis: Es liegt kein Sachmangel vor. Der Käufer kann den Kaufvertrag nicht rückabwickeln (Urteil vom 08.06.2020, Az. 191 C 4038/17). Das Gericht sah keinen Sachmangel. Denn: Es kann zwar bei niedrigen Temperaturen zu Funktionsstörungen kommen. Das passiert jedoch unregelmäßig und in nicht vorhersehbaren Fällen. Zudem gehört das Fotografieren über Stunden bei kalten Temperaturen nicht mehr zu den gewöhnlichen Nutzungsbedingungen der Kamera.
Die Richter verwiesen darauf, dass sich auch aus dem Preis der Kamera keine professionelle Verwendung ableiten lässt, die einen Einsatz in der Kälte ermöglicht. Und: Das Bedienungshandbuch weist daraufhin, dass die Kamera bei kalten Temperaturen Probleme bekommen kann.
Fazit
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Käufer hat bereits Berufung eingelegt.
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