Zurück zur Übersicht: "Datenschutz"
1. Kita in Dormagen schwärzte Fotos
Vor Kurzem erregte eine katholische Kita in Dormagen die Gemüter. Sie schwärzte in einem Erinnerungsbuch nahezu alle Schülerfotos. Anlass war die Datenschutz-Grundverordnung, die am 25. Mai 2018 in Kraft trat und weitreichende Änderungen mit sich brachte. Die Kita schwärzte die Fotos aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen. Verstöße gegen die DSGVO sind mit einem drastischen Bußgeld bedroht.
Die Stellung der Kita als kirchliche Einrichtung unterwirft sie zusätzlich dem kirchlichen Datenschutzrecht, das noch einmal strenger ist. Das Vorgehen der Kita löste bei Eltern und Schülern Verärgerung aus. Schließlich sei ein Erinnerungsbuch ja dazu da, um sich Fotos anzusehen. Die Kita berief sich auf die rechtliche Unsicherheit, die die Datenschutz-Grundverordnung auslöste. Zukünftig wolle man die Persönlichkeitsrechte der Kinder aber auf anderem Wege schützen. Die Verantwortlichen erarbeiten nun ein Regelwerk, das den Datenschutzbestimmungen der DSGVO standhält.
2. Schwammige Rechtslage für Kitas und Schulen
Das neue Datenschutzrecht wirft Fragen auf, die noch ungelöst sind. Kitas und Schulen befinden sich in einem Zustand der Unsicherheit. Gerichtsurteile, die klare Regeln aufstellen und Rechtssicherheit schaffen, gibt es (noch) nicht. Viele Kitas wissen nicht, ob sie die Vorschriften der DSGVO, die strengen Vorschriften nach dem Kirchlichen Datenschutz (KDG) oder das vorteilhaftere Kunsturhebergesetz (KUG) anwenden müssen.
Hinzu kommt, dass minderjährige Personen einem besonders strengen Schutz unterliegen. Wenn ein „berechtigtes Interesse“ vorliegt, dürfen Sie Fotos zwar auch ohne Einwilligung anfertigen. Ob ein „berechtigtes Interesse“ vorliegt, ist aber eine reine Argumentationssache und deshalb mit einer hohen Rechtsunsicherheit verbunden. Kitas, die gegen die gesetzlichen Vorschriften verstoßen, müssen aber dennoch nicht mit drastischen Geldstrafen rechnen. Viele Gerichte sprechen vor dem Hintergrund der schwammigen Rechtslage zunächst eine Verwarnung aus.
3. Schwärzen von Schülerfotos: Ist das wirklich notwendig?
Erzieherinnen und Lehrer können beruhigt aufatmen. Sie müssen Schülerfotos auch zukünftig nicht schwärzen. Obwohl die DSGVO einige Änderungen mit sich bringt, sind übereilte und realitätsferne Zensuren unnötig. Das Beispiel der Kita in Dormagen zeigt, wie man die datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht erfüllt. Das Paradoxon ist, dass schwarze Balken vor den Augen gerade nicht den Bestimmungen des Datenschutzrechts entsprechen.
Ausschlaggebend ist allein, ob ein Kind vom näheren Bekanntenkreis identifizierbar ist. Dazu reichen schon eine bestimmte Frisur oder ein auffälliger Kleidungsstil aus. Wir raten Ihnen also dringend von der Veröffentlichung geschwärzter Schülerfotos ab. Die Veröffentlichung von Schülerfotos in Erinnerungsbüchern ist eine langfristig geplante Aktion. Kitas und Schulen ist zu empfehlen, eine Einwilligung zu erstellen. Darin willigen die Eltern der Kinder in die Veröffentlichung der Fotos ein. Bei der Verbreitung von Fotografien handelt es sich um eine Angelegenheit, die höchstwahrscheinlich nach dem Kunsturhebergesetz zu regeln ist.
Ob die strengere DSGVO das bisher anzuwendende KUG verdrängt, ist nicht abschließend geklärt. Das Bundesinnenministerium deutete aber in einer offiziellen Stellungnahme an, dass das KUG weiterhin wirksam ist.
4. Alte Einwilligungen: Sind sie unwirksam?
Viele Kitas und Schulen holen bei der Aufnahme neuer Schützlinge eine Einwilligung ein. Die Erziehungsberechtigten willigen dort in die Anfertigung von Fotos ein. Eine solche Einwilligung ist zwar wirksam und besteht auch nach dem Inkrafttreten der DSGVO fort. Dies gilt aber nur, wenn der Inhalt auf die neuen Vorschriften abgestimmt ist. Eine „Pauschaleinwilligung“ genügt den strengen Anforderungen der DSGVO nicht.
Kitas und Schulen, die auf „Nummer sicher“ gehen möchten, sollten für die Erstellung von Erinnerungsbüchern erneut eine Einwilligung einholen. Mündliche Einwilligungen reichen zwar aus, schriftliche Einwilligungen sind aber schon aus Beweiszwecken zu bevorzugen. Jede Einwilligung ist nachvollziehbar und leicht verständlich zu formulieren. Eine pauschale Einwilligung reicht nicht aus. Die Einwilligung muss sich vielmehr auf den Einzelfall beziehen.
Es wäre zwar lebensfremd, eine Einwilligung für jedes einzelne Foto einzuholen. Allerdings sind Eltern auf die konkrete Verwendung der Fotos in einem Erinnerungsbuch hinzuweisen. Sie sind auch darüber zu informieren, dass sie ihre Einwilligung jederzeit widerrufen können.
5. Schülerfotos für Sitzpläne
So manch ein Lehrer ist mit der Flut neuer Schüler überfordert. Und da Gesichter bekanntlich einfacher zu merken sind als Namen, fertigen einige Lehrer Fotositzpläne an. Fotositzpläne sind aus datenschutzrechtlicher Sicht sehr problematisch. Es gibt einfachere Wege, um sich die Namen von Schülern zu merken. Lehrer können beispielsweise Namensschilder aufstellen lassen. Deshalb ist die Anfertigung von Fotositzplänen zu unterlassen.
6. Schülerfotos für Projekte
Viele Lehrkräfte möchten Schülerfotos für Theater- oder Sportprojekte anfertigen. Dazu bedürfen sie nach Art. 6 Ia DSGVO einer Einwilligung aller abgebildeten Schüler. Da einige Schüler aufgrund des „Machtgefälles“ an Schulen den Aufforderungen des Lehrpersonals jederzeit Folge leisten, ist ihre Einwilligung zur Erstellung der Fotos nicht unbedingt als freiwillig zu werten. Deshalb ist von der Anfertigung solcher Schülerfotos abzuraten.
7. Fotografien auf der Homepage
Kitas und Schulen richten mittlerweile standardmäßig eine Homepage ein. Sie dürfen Schüler- und Kinderfotos dort nur auf der Grundlage einer datenschutzkonformen Einwilligung veröffentlichen. Einige Bundesländer haben eine Muster-Einwilligungserklärung veröffentlicht, die vor der Verbreitung von Fotos einzuholen ist. Fotos auf der Schul- und Kitahomepage sind zusammenfassend - nach Einholung einer entsprechenden Einwilligung - zulässig.
8. Schülerausweise mit Passfotos
Schüler profitieren von vergünstigten Preisen und kostenlosen Busfahrten. Sie erhalten zwecks Legitimation einen Schülerausweis, der mit einem Lichtbild versehen ist. Viele Schulen holen sich einen externen Fotografen, der die Fotos für die Schülerausweise anfertigt. Die Schule ist aber weiterhin dafür verantwortlich, dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Ihr ist zu empfehlen, einen schriftlichen Vertrag zur Auftragsverarbeitung abzuschließen. Darin verpflichtet sich der externe Fotograf, die Verarbeitung der Fotos mit den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung in Einklang zu bringen.
Die Schule sollte die Eltern ihrer Schüler vor der Anfertigung der Lichtbildausweise um ihre Einwilligung bitten. Denken Sie daran, dass Sie die Zustimmung der Eltern benötigen und nicht die der Minderjährigen.