Darum wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet
Den Beschuldigten wird (teils) versuchter Abmahnbetrug und (versuchte) Erpressung in mindestens 2.418 Fällen vorgeworfen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wussten die Beschuldigten beim Versand ihrer Abmahnschreiben, dass die behaupteten Schmerzensgeldforderungen mangels der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht vorlagen. Trotzdem boten sie in den Anwaltsschreiben den Websitebetreibern an, gegen eine Zahlung von 170 Euro von einem Zivilverfahren wegen der Schmerzensgeldforderung abzusehen.
Der Hintergrund
Besucht ein Nutzer eine Website die Google Fonts Schriftarten nicht lokal eingebunden hat, werden bei Aufruf personenbezogene Daten des Nutzers an Google übermittelt. Dies verletzt die DSGVO und das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Nutzer hat ein Recht auf Schadensersatz. So entschied das LG München I mit Urteil vom 20.01.2022.
Die Beschuldigten sollen mittels einer Software Websites ermittelt haben, die Google Fonts nicht lokal einbinden und mit einem weiteren Programm gezielte Besuche vorgenommen haben. Dabei hätten sie darüber getäuscht, dass eine Person die Website besucht hat, obwohl es tatsächlich eine zu diesem Zweck programmierte Software gewesen sei. Eine Schmerzensgeldforderung wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts könne - so die Staatsanwaltschaft Berlin - aber nur geltend gemacht werden, wenn ein unbedarfter Nutzer - also eine Person - eine Webseite mit nicht eingebundenen Google Fonts besucht.
Wie geht’s jetzt weiter?
Laut Staatsanwaltschaft haben etwa 2.000 Abgemahnte dem Vergleichsangebot zugestimmt und die geforderten 170 Euro aus Sorge vor einem gerichtlichen Verfahren gezahlt. Von weiteren 420 Abgemahnten, die nicht gezahlt haben, liegen der Staatsanwaltschaft Strafanzeigen vor. Die bei den Durchsuchungen sichergestellten Beweismittel müssen nach Auskunft der Staatsanwaltschaft nun erstmal ausgewertet werden. Ob es zu einer strafrechtlichen Anklage kommt und ob es bei der Beschlagnahme des Geldes bleibt, wird sich in Zukunft zeigen. Ob und inwieweit für Betroffene die Möglichkeit besteht, gezahltes Geld zurückzubekommen kann heute noch nicht beurteilt werden. Es gilt aber die Entwicklungen zu beobachten.