Fahrer- und Unfallflucht

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Worum geht's?

Eine Delle im Blech des PKW auf dem Nachbarparkplatz - Beim Einparken und Rangieren passiert dies oft schneller als man denkt. Und auch wenn es nur ein kleiner Blechschaden oder ein Kratzer im Lack ist: Wer in einer solchen Situation einfach seiner Wege geht, begeht Fahrerflucht. Und die wird in Deutschland hart bestraft.

Welche Strafe bei Fahrer- bzw. Unfallflucht auf Sie zukommt und wie Sie diese vermeiden können, erfahren Sie im Folgenden.

Alles zu Fahrer- und Unfallflucht:

» Allgemeines zur Fahrerflucht

» Fahrerflucht vermeiden

» Bußgelder und Punkte

» Strafen

» Unfall bei Fahrerflucht

» Fahrverbot und Führerscheinentzug

» Fahrerflucht in der Probezeit

» Fahrerflucht Versicherung

 

Allgemeines zur Fahrerflucht

Gerade Blechschäden werden von vielen Kraftfahrern in Deutschland nicht ernst genommen. Laut einer Statistik des Auto Club Europa (ACE) aus dem Jahr 2014 werden jedes Jahr mehr als 500.000 Autofahrer Opfer einer Unfall- bzw. Fahrerflucht.

Dabei drohen dem flüchtigen Fahrer harte Konsequenzen, wenn er erwischt wird. Denn bei der Fahrerflucht handelt es sich um eine Straftat, die gemäß § 142 Strafgesetzbuch (StGB) unter der Deliktbezeichnung "unerlaubtes Entfernen vom Unfallort" mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird.

Nach § 142 Abs. 1 StGB liegt eine Fahrerflucht vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter von der Unfallstelle entfernt, bevor er

  1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
  2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen.

Nach § 142 Abs. 2 StGB wird ein Unfallbeteiligter zudem wegen Fahrerflucht bestraft, wenn er sich nach Ablauf einer bestimmten Wartefrist nicht unverzüglich nachträglich bei der Polizei meldet, damit diese die Feststellungen zum Unfallhergang schnellst möglich nachholen kann.

Fahrerflucht vermeiden

Angesicht des hohen Strafmaßes der Unfall- bzw. Fahrerflucht stellt sich die Frage, wie man Fahrerflucht vermeiden kann.

Fahrerflucht vermeiden durch Warten

Zunächst einmal ist jeder, dessen Verhalten irgendwie zu einem Verkehrsunfall beigetragen haben kann, verpflichtet, nach einem Unfall eine gewisse Zeit am Unfallort zu warten. Dazu kann auch ein Mitfahrer verpflichtet sein, der bspw. ins Lenkrad gegriffen und somit aktiv zu der Entstehung des Unfalls beigetragen hat. Diese Pflicht gibt es in Deutschland deshalb, um insbesondere dem Geschädigten die Feststellung des Unfallbeteiligten, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung am Unfallgeschehen zu ermöglichen.

Wie lange man am Unfallort warten muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei einem Bagatellschaden, der bspw. durch einen Parkrempler verursacht wurde, können bereits 15 Minuten als Wartezeit ausreichen. Bei schweren Schäden mit Verletzten hingegen muss auch mal zwei Stunden oder sogar länger gewartet werden.

Fahrerflucht vermeiden durch unverzügliches Nachholen der erforderlichen Auskünfte

Ist die Wartefrist ergebnislos abgelaufen, sprich ist der Fahrer des beschädigten Autos innerhalb der jeweiligen Wartezeit nicht zurückgekehrt, muss der Unfallbeteiligte die Feststellungen unverzüglich nachholen. Das bedeutet, dass er verpflichtet ist, entweder den Unfallgegner oder eine nahe gelegene Dienststelle der Polizei über seine Personalien, das Kennzeichen sowie den Standort des Fahrzeugs und seine Beteiligung am Unfall zu informieren (§ 142 Absatz 3 StGB).

Was genau "unverzüglich" bedeutet, sprich wie lange man für die nachträglichen Feststellungen Zeit hat, ist immer vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Unter Umständen kann bei einem nächtlichen Unfall mit geringfügigem Sachschaden auch die Benachrichtigung am nächsten Morgen genügen (OLG Hamm, Urteil vom 09.04.2003, 20 U 212/02). Allein ein Zettel mit der Handynummer oder eine Visitenkarte mit den Kontaktdaten an der Windschutzscheibe genügt jedoch in keinem Fall.

Die letzte Chance: Fahrerflucht vermeiden durch Selbstanzeige

Hat der Unfallflüchtige die Feststellungen nicht unverzüglich nachgeholt, bleibt ihm noch eine letzte Möglichkeit, um eine Anzeige wegen Fahrerflucht zu vermeiden. § 142 Absatz 4 StGB regelt, dass das Gericht die Strafe mildern oder sogar gänzlich von der Strafe absehen kann, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall die Feststellungen seiner Personalien bei der Polizei oder dem Unfallopfer nachholt (sogenannte "tätige Reue").

Diese 24-Stunden-Regel wird allerdings nur dann ausgelöst, wenn lediglich ein unbedeutender Sachschaden (bis maximal 1.300,00 Euro) im ruhenden Verkehr, typischerweise beim Ein- oder Ausparken, verursacht wurde.

Auf einen Blick: So vermeiden Sie eine Anzeige wegen Unfallflucht

Um eine Anzeige wegen Fahrerflucht zu vermeiden, beachten Sie daher folgende Punkte:

  • Warten Sie bei einem Bagatellschaden, bspw. einem Parkrempler, mindestens 15 Minuten am Unfallort auf den Fahrer des beschädigten Fahrzeugs.
  • Warten Sie auch, wenn beim Unfall zunächst noch kein Schaden am anderen Fahrzeug sichtbar ist. Das bedeutet nämlich nicht, dass es auch keinen Schaden gibt. Ob ein Schaden vorliegt oder nicht, müssen entsprechende Gutachter prüfen.
  • Hinterlassen Sie einen Zettel mit ihren Kontaktdaten an der Windschutzscheibe des beschädigten Kraftfahrzeugs. Doch Vorsicht, das alleine genügt nicht!
  • Informieren Sie die Polizei wenn möglich noch an der Unfallstelle, jedenfalls innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden, über den Unfall.

Fahrerflucht: Bußgelder und Punkte

Der Bußgeldkatalog 2016 sieht für Verkehrsverstöße drei Sanktionen vor: Bußgelder, Punkte im Flensburger Zentralregister und Fahrverbote. Schwere Straftaten werden im Bußgeldkatalog mit drei Punkten geahndet. Dementsprechend wird auch die Unfall- bzw. Fahrerflucht mit drei Punkten im Flensburger Zentralregister bestraft.

Ein Bußgeld muss der verkehrsflüchtige Fahrer hingegen laut aktuellem Bußgeldkatalog nicht befürchten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er mit einem blauen Auge und drei Punkten davon kommt. Denn die Fahrerflucht wird im Übrigen nach dem StGB behandelt und sanktioniert.

Fahrerflucht: Strafen

Nutzt der unfallflüchtige Kraftfahrer auch den letzten rettenden Strohhalm, die "tätige Reue" nicht, muss er sich zusätzlich zu den drei Punkten im Flensburger Zentralregister auf ein Strafverfahren einstellen. Nach § 142 StGB droht für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe

Die zu erwartende Strafe hängt dabei von vielen Faktoren ab:

  • Höhe des Sachschadens
  • Verletzungen der Unfallbeteiligten
  • Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Täters

Im für den Fahrer "günstigsten" Fall wird eine Geldstrafe von fünf Tagessätzen verhängt. Zusätzlich muss er die Kosten des Verfahrens tragen. Fast alle Staatsanwaltschaften und Gerichte führen Tabellen, die dort der Arbeitserleichterung und einer groben Einteilung der Fälle dienen. Sie werden regelmäßig auszugsweise in der einschlägigen Fachliteratur veröffentlicht. Auf diese Weise können spezialisierte Anwälte auf dem Gebiet des Verkehrsrechts für den konkreten Fall eine Prognose erstellen.

 

Unfall bei Fahrerflucht

Kommt es bei dem Unfall mit Fahrerflucht zu einem Schaden von Personen, hat dies für den Fahrer oftmals besonders schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen. Unerheblich ist dabei, ob man die Körperverletzung oder den Tod der anderen Person gewollt hat. Ausreichend ist vielmehr bereits, dass der Fahrer die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und es deshalb zu dem Unfall gekommen ist.

Die fahrlässige Körperverletzung wird gemäß § 229 StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet. Wurde ein anderer Verkehrsteilnehmer bei dem Unfall mit Fahrerflucht fahrlässig getötet, droht nach § 222 StGB eine Geld- oder Freiheitstrafe von bis zu fünf Jahren.

Fahrerflucht: Fahrverbot und Führerscheinentzug

Neben der Geld- oder Freiheitsstrafe und den Punkten in Flensburg wird nach einer Unfallflucht grundsätzlich auch ein Fahrverbot von ein bis drei Monaten als Nebenstrafe (§ 44 StGB) verhängt. Das Fahrverbot wird mit Rechtskraft des Urteils wirksam.

Bemisst sich die Höhe des Schadens bei einer Fahrerflucht auf über 1.300,00 Euro, muss sich der Unfallflüchtige sogar auf die Entziehung seiner Fahrerlaubnis einstellen (§ 69 Absatz 2 Nr. 3 StGB). Der Führerscheinentzug bezeichnet die Entziehung der Fahrerlaubnis per se. Erst nach Ablauf einer Sperrfrist kann die Fahrerlaubnis wieder beantragt werden. Im Falle der Fahrerflucht wird grundsätzlich eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten (und bis zu fünf Jahren) angeordnet.

Fahrerflucht in der Probezeit

Da statistisch gesehen gerade junge Fahrer und Fahranfänger die meisten Verkehrsunfälle verursachen, stehen sie in der zweijährigen Probezeit sozusagen besonders unter Beobachtung. Daher sind gerade Fahrer in der Probezeit angehalten, besonders vorsichtig und aufmerksam zu fahren.

Passiert dann doch mal ein kleiner Unfall mit Blechschaden, sollte man trotz Angst vor den Folgen keine Fahrerflucht in Erwägung ziehen. Denn eine Unfallflucht in der Probezeit ist ein sogenannter A-Verstoß. Ein solcher ist ein schwerwiegender Verkehrsverstoß, worunter bspw. auch Nötigung durch dichtes Auffahren auf der Autobahn mit Betätigen der Lichthupe fällt (vgl. § 34 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)).

Bereits ein einmaliger schwerwiegender Verkehrsverstoß der Kategorie A führt

  • zur zweijährigen Verlängerung der Probezeit und
  • zur Pflicht, ein Aufbauseminar zu besuchen.

Zudem wird die Fahrerflucht strafrechtlich verfolgt. Abhängig von verschiedenen Faktoren (Höhe des entstanden Schadens, Verletzungen der Unfallbeteiligten, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Fahranfängers) kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Darüber hinaus muss mit einem Fahrverbot und sogar mit der Entziehung des Führerscheins gerechnet werden.

Fahrerflucht Versicherung

Für den Geschädigten ist ein Unfall mit Fahrerflucht oft doppelt ärgerlich: Er hat nicht nur ein kaputtes Auto, sondern muss für die Reparatur meist auch noch selbst aufkommen. Denn eigentlich bezahlt die KFZ-Haftpflichtversicherung des Schädigers bei einem Unfall mit Blechschaden die Reparatur des Fahrzeugs. Wird der flüchtige Kraftfahrer jedoch nicht gefasst, bleibt das Opfer grundsätzlich auf seinen Kosten sitzen. Fahrer, die sich vor diesem Risiko schützen möchten, müssen eine Vollkaskoversicherung abschließen. Diese springt auch bei Schäden am Fahrzeug ein, wenn der Verursacher unbekannt ist.

Wird der Unfallflüchtige nachträglich geschnappt, muss er sich nicht nur auf die strafrechtliche Verfolgung der Fahrerflucht und auf Punkte im Flensburger Zentralregister einstellen. Es kommen auch versicherungsrechtliche Folgen und Kosten auf ihn zu.

Denn entweder zahlt die KFZ-Haftpflichtversicherung schon von Vornherein nicht für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs oder sie kommt zunächst für den Schaden auf, holt es sich jedoch anschließend wieder vom Fahrer zurück. Zudem muss der Fahrer grundsätzlich auch die Schäden am eigenen Auto selbst tragen, da selbst die Vollkaskoversicherung nicht verpflichtet ist, für diese aufzukommen. Außerdem haben die Versicherungen im Falle der Fahrerflucht das Recht, dem Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz zu kündigen.

 

Dipl.-Jur. Bea Brünen
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