Selbstbeurlaubung

Eigenmächtiger Urlaubsantritt: Können Sie Mitarbeiter kündigen, die ohne Ihre Zustimmung den Urlaub antreten?

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Recht auf Selbstbeurlaubung gibt es im Arbeitsrecht nicht.
  • Der Arbeitnehmer muss seinen Urlaub beim Arbeitgeber beantragen. Sprechen keine dringenden betrieblichen Gründe gegen den Urlaubsantritt, muss der Arbeitgeber den Urlaub genehmigen.
  • Im Falle einer Selbstbeurlaubung kann dem Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung drohen.

Worum geht's?

Arbeitnehmer haben grundsätzlich ein Recht auf Urlaub. Aber dürfen Ihre Beschäftigten auch ohne Ihre Zustimmung den verdienten Urlaub antreten? Ist ein eigenmächtiger Urlaubsantritt laut Arbeitsrecht erlaubt? Wie muss die Urlaubsgenehmigung erfolgen? Und wann dürfen Sie Ihrem Arbeitnehmer wegen Selbstbeurlaubung fristlos kündigen? Wir bringen Licht ins Dunkel.

 

1. Selbstbeurlaubung des Arbeitnehmers: Rechtens laut Arbeitsrecht?

Nein. Arbeitnehmer dürfen sich nicht ohne die Zustimmung des Arbeitgebers beurlauben, denn in dem Fall verletzt der Beschäftigte seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Der Arbeitnehmer muss sich im Vorfeld die Urlaubsgewährung des Arbeitgebers einholen. Sie müssen als Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, sofern diesen keine betrieblichen Belange entgegenstehen.

INTERESSENABWÄGUNG

Erhalten Sie mehrere Urlaubsanträge von verschiedenen Arbeitnehmern für den gleichen Zeitraum und können nicht allen gleichzeitig die Genehmigung für den Urlaub erteilen, dann greift der erste Absatz in § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Demnach müssen Sie eine Interessenabwägung nach sozialen Gesichtspunkten durchführen. Arbeitnehmer mit Schulkindern haben demnach beispielsweise in den Schulferien Priorität. Aber auch Arbeitnehmer, die aufgrund einer Erkrankung besonders erholungsbedürftig sind, haben hier Vorrang.

Das Fehlen am Arbeitsplatz und ein eigenmächtiger Urlaubsantritt können Konsequenzen für Arbeitnehmer haben. Als Arbeitgeber können Sie eine fristlose Kündigung wegen des eigenmächtigen Urlaubsantritts aussprechen. Weitere Informationen dazu lesen Sie in Kapitel 4.

2. Urlaubsgenehmigung muss durch den Arbeitgeber erfolgen

Wie die Beantragung und Genehmigung des Urlaubs erfolgt, kann jedes Unternehmen individuell festlegen. Dazu können beispielsweise schriftliche Anträge oder ein elektronisches Zeiterfassungssystem mit Urlaubsplaner genutzt werden. Bei letzterem kann der Arbeitnehmer seinen Urlaubswunsch dort eintragen. Nach Prüfung der Interessen und betrieblichen Gegebenheiten kann der Arbeitgeber diesem dann zustimmen oder ihn wegen dringender betrieblicher Gründe zurückstellen.

Aber was genau sind dringende betriebliche Gründe? Es muss zu erheblichen Beeinträchtigungen im Betriebsablauf kommen, damit Sie als Arbeitgeber den Urlaub des Arbeitnehmers ablehnen können. Dazu zählt beispielsweise eine Unterbesetzung durch einen sehr hohen Krankenstand oder eine besonders arbeitsintensive Zeit.

INTERESSANT

Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf den Mindesturlaub. Dieser beträgt bei einer fünf-Tage-Woche 20 Urlaubstage pro Jahr. Darüber hinaus können Sie Ihrem Arbeitnehmer allerdings auch mehr Urlaubstage vertraglich zusichern.

3. Was passiert mit dem Urlaub im Krankheitsfall?

Wird der Arbeitnehmer vor oder im Urlaub krank, muss er den Arbeitgeber darüber informieren. Urlaubstage, an denen der Arbeitnehmer vom Arzt krankgeschrieben ist, - also eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten hat - werden nicht als Urlaubstage angerechnet und können anderweitig neu verplant werden. Aber auch hier gilt: Vor dem Urlaubsantritt die Zustimmung vom Arbeitgeber einholen.

AUFGEPASST

Der Arbeitnehmer darf seinen Urlaub nicht eigenmächtig verlängern. Auch nach einer Krankheit können die versäumten Urlaubstage nicht einfach an die Fehlzeit angehängt werden, sondern der Arbeitnehmer muss für eine Verlängerung des Urlaubs den Arbeitgeber um Zustimmung bitten. Fehlt der Arbeitnehmer unentschuldigt, handelt es sich dabei um eine Arbeitsverweigerung, die abgemahnt werden kann.

In der Regel muss der Urlaub im jeweiligen Kalenderjahr genommen werden. Bei langer Krankheit ist es allerdings möglich, den Urlaub ins Folgejahr übertragen zu lassen. Er muss dann bis zum 31. März angetreten werden. In welchen Fällen der Urlaub verfällt, wenn Arbeitnehmer ihn nicht nehmen, lesen Sie in unserem Artikel.

4. Abmahnung und Kündigung wegen Selbstbeurlaubung

Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt kann Grund zur Abmahnung und sogar zur fristlosen Kündigung sein, wenn der Arbeitgeber dem Urlaub nicht zugestimmt hat. In einem Urteil vom 28. Juni 2013 hat das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 4 Sa 8/13) allerdings betont, dass im Vorfeld eine Interessenabwägung stattfinden muss.

Im verhandelten Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der einen Urlaubsantrag bei seinem Arbeitgeber einreichte und in der Folgezeit die Eintragung des beantragten Urlaubs im Dienstplan einsehen konnte. Nachdem der stellvertretende Einrichtungsleiter ihm mitteilte, dass sein Antrag unterschrieben wurde, ging der Arbeitnehmer davon aus, dass sein Urlaub genehmigt wurde und trat seinen Urlaub an.

Daraufhin kündigte ihm der Arbeitgeber fristlos, da der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht erteilt wurde und seine Zustimmung fehlte. Der Fall landete vor Gericht. Beim Landesarbeitsgericht Köln konnte der Arbeitgeber allerdings keine besonderen betrieblichen Gründe für die Verweigerung des Urlaubs vorlegen. Außerdem ist die Mitteilung des stellvertretenden Einrichtungsleiters maßgeblich, da davon auszugehen ist, dass er zur Urlaubserteilung berechtigt ist.

Bei dem Urteil handelt es sich allerdings um eine Einzelfallentscheidung. Es sollten im Vorfeld immer die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgewogen werden. Generell kann eine Selbstbeurlaubung aber ein ausreichender Grund für eine fristlose Kündigung sein.

ACHTUNG

Als Arbeitgeber sollten Sie die betrieblichen Gründe beweisen können, denn laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 31.01.1996, Az. 2 AZR 282/95) liegt die Beweislast bei einem verweigerten Urlaub immer beim Arbeitgeber - zumindest im Falle eines Kündigungsschutzprozesses.

5. Fazit zur Selbstbeurlaubung

Ein Recht zur Selbstbeurlaubung gibt es laut Arbeitsrecht nicht. Der Urlaub muss vor dem Urlaubsantritt immer vom Arbeitgeber genehmigt werden. Das Bundesurlaubsgesetz schreibt allerdings vor, dass der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen muss und er eine Urlaubsgewährung nur ablehnen kann, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen.

Im Falle einer Selbstbeurlaubung können dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis wegen einer Pflichtverletzung, die als Arbeitsverweigerung eingestuft werden kann, beenden. In dem Fall kann eine fristlose Kündigung wegen Selbstbeurlaubung ausgesprochen werden.

Bei einer außerordentlichen Kündigung müssen die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers abgewogen werden. Eigenmächtige Urlaubsantritte ohne Zustimmung des Arbeitgebers sind in vielen Fällen ein Kündigungsgrund, sodass Angestellte im Vorhinein klären sollten, ob dem Urlaubsantrag zugestimmt wurde.

 

Caroline Schmidt
Caroline Schmidt, B.A.
Legal Writerin & SEO-Redakteurin

Caroline Schmidt hat Medienbildung studiert und ein einjähriges Volontariat in der Online-Redaktion eines Berliner Legal-Tech-Unternehmens absolviert. Sie ist seit über vier Jahren als Legal Writerin tätig und hat in verschiedenen Rechtsbereichen, darunter dem Arbeitsrecht, Schreiberfahrungen gesammelt. Seit 2022 ist sie als Legal Writerin und SEO-Redakteurin Teil des eRecht24-Redaktionsteams.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

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