Verstoß gegen Handyverbot am Arbeitsplatz: Kündigung erlaubt?

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Worum geht's?

Viele Arbeitgeber sehen Handys am Arbeitsplatz gar nicht gern. Schließlich kann man damit heutzutage auch Fotos machen – und so Geschäftsgeheimnisse oder Firmeninformationen weitergeben. Das wiederum kann die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beeinträchtigen, sofern z. B. die Konkurrenz an die Informationen kommt. Aber darf ein Arbeitgeber fristlos kündigen, wenn er einen Beschäftigten trotz Handyverbots erwischt, wie er im Betrieb Bilder mit seinem Handy macht?

Mitarbeiterin fotografiert Aufgabenliste

Laut einer Betriebsvereinbarung war es Beschäftigten eines Unternehmens untersagt, auf dem Betriebsgelände mobile Geräte – also auch Handys – zu nutzen. Als Grund wurde der Schutz der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit genannt. Eine Poliererin wurde jedoch dabei ertappt, wie sie entgegen dieses Verbots mit ihrem Privathandy eine Pinnwand abfotografierte. Daran war eine Aufgabenliste angeheftet worden, auf der unter anderem firmeninterne Werkzeugnummern standen.

Die Mitarbeiterin erklärte gegenüber ihrem Vorgesetzten, dass die Liste so weit oben an der Wand angebracht war, dass sie deren Inhalt aufgrund ihrer geringen Körpergröße von 1,50 m und ihrer Kurzsichtigkeit nicht ohne Weiteres habe erkennen können. Um die Liste lesen und ihre Arbeit vernünftig erledigen zu können, habe sie ein Foto machen müssen. Keinesfalls habe sie jedoch beabsichtigt, geheime Informationen weiterzugeben. Dennoch wurde ihr fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Der Streit der beiden Parteien endete vor Gericht.

Gericht: Anspruch auf Weiterbeschäftigung

Das Amtsgericht (AG) Karlsruhe hielt sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam.

Verstoß gegen Rücksichtnahmegebot

Grundsätzlich gilt: Beschäftigte dürfen sich Unterlagen, Daten oder Informationen des Arbeitgebers nicht ohne dessen Einverständnis aneignen oder weiterverbreiten. Es ist also z. B. verboten, Geschäftsgeheimnisse an den Konkurrenten zu verkaufen, sei es aus Eigennutz oder um den Arbeitgeber zu schädigen. Wird gegen dieses sog. Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, müssen Beschäftigte mit einer fristlosen Kündigung nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechnen. Allerdings muss zuvor stets geklärt werden, warum ein Angestellter seine vertragliche Pflicht verletzt hat sowie ob und welche Folgen sein Handeln für den Arbeitgeber hatte.

Vorliegend hat die Poliererin entgegen ihrer Pflicht aus der Betriebsvereinbarung ein Foto in den Geschäftsräumen ihres Arbeitgebers geschossen, auf dem unter anderem interne Werkzeugnummern zu sehen waren. Sie hat damit gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Vielmehr hätte sie auf einen Tisch oder Stuhl steigen können, um die Aufgabenliste durchzulesen, anstatt sie abzufotografieren. Gesundheitliche Risiken sah das Gericht hier nicht.

Abmahnung vor Kündigung

Allerdings handelte es sich vorliegend um keinen schweren Verstoß. Denn der Arbeitgeber konnte nicht nachweisen, dass die Poliererin das Bild gemacht hat, um die darauf zu sehenden Informationen unbefugt an Dritte weiterzugeben. Vielmehr könnte die Frau die Liste abfotografiert haben, um ihre Arbeit ordnungsgemäß zu erledigen. Der Arbeitgeber hätte seine Angestellte daher zunächst abmahnen müssen, bevor er auf bloßen Verdacht hin das Arbeitsverhältnis kündigte.

Damit war sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung unwirksam. (AG Karlsruhe, Urteil v. 29.12.2015, Az.: 1 Ca 206/15)


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