Rechtsstreit um 47.000 €
Im konkreten Fall (Az. III ZR 109/24) hatte ein Kursteilnehmer gegen einen Coaching-Anbieter geklagt. Die beiden hatten im April 2021 einen Vertrag über die Teilnahme am neunmonatigen „Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ geschlossen. Über eine Zulassung nach § 12 FernUSG verfügte der Anbieter nicht.

Nachdem der Kunde die Hälfte der Summe beglichen und das Angebot knapp zwei Monate genutzt hatte, kündigte er fristlos und forderte die gezahlte Summe zurück. In seiner Klage argumentierte er unter anderem, dass die Akademie nicht von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zertifiziert und der abgeschlossene Vertrag deshalb gemäß FernUSG nichtig sei. Der Anbieter wiederum war der Meinung, einen Anspruch auf die gesamten Seminarkosten zu haben.
BGH konkretisiert FernUSG
Im Rahmen der Verhandlung war zu klären, ob das Angebot zum finanziellen Coaching denn überhaupt dem Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht unterliege, oder nicht. Nur dann nämlich hätte der Anbieter eine entsprechende Zulassung benötigt, die die Qualität von Bildungsangeboten im Netz sichern soll.
Im Rahmen dieser Prüfung konkretisierte der BGH gleich mehrere Aspekte des FernUSG. Durch eine großzügige Auslegung des Begriffs „Fernunterricht“ hat er somit dringenden Handlungsbedarf für Online-Coaches, Mentoren und Webinar-Anbieter geschaffen. Die wichtigsten Punkte:
- Wissensvermittung: Das Gesetz findet Anwendung, wenn eine vertragliche Vereinbarung vorliegt, die die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten jeglichen Inhalts regelt.
- Räumliche (und zeitliche) Trennung: Die im Gesetz geforderte räumliche Trennung liegt auch bei gemeinsamem Lernen in Videokonferenzen oder beim Coaching via Bildschirm vor, wenn das Meeting aufgezeichnet wird bzw. asynchron abrufbar ist.
- Lernerfolg-Überwachung: Von einer Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden ist nach Ansicht der Richter schon dann auszugehen, wenn die Teilnehmer in einem Online-Meeting Antworten auf Verständnisfragen erhalten.
- B2B & B2C-Verträge: Das Gesetz ist nicht nur auf Verträge zwischen Coaching-Unternehmen und Verbrauchern (B2C) sondern auch zwischen Unternehmen und gewerblichen Nutzern und Selbstständigen (B2B) anzuwenden.
WICHTIG
Eine räumliche (und auch zeitliche) Trennung im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn mehr als die Hälfte der Kommunikation nicht gleichzeitig und an verschiedenen Orten stattfindet. Das ist zum Beispiel beim Online-Lernen oder Coaching der Fall, wenn zusätzlich zu Videokonferenzen auch Videos zur Verfügung gestellt oder Nachrichten z. B. über WhatsApp ausgetauscht werden. Dieses Kriterium ist also relativ leicht erfüllt.
Damit ist das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht für viele Online-Coaches und Anbieter von Webinaren relevant, die bisher nicht über eine ZFU-Zulassung verfügen.
BGH erklärt Vertrag der Beklagten für null und nichtig
Auch das „Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ der Beklagten fiel nach Ansicht der Richter eindeutig unter das FernUSG. Weil der Anbieter nicht über eine Zulassung für Fernunterricht verfügt, war der Fernunterrichtsvertrag nichtig. Die bereits geleistete Zahlung muss die Akademie zurückerstatten. Auch ein Wertersatz für die bereits geleisteten Unterrichtsangebote steht ihr nicht zu.
Fazit
Die Entscheidung des BGH ist für alle Anbieter von Bildungs- und Mentoring-Angeboten über das Internet relevant. Sie müssen jetzt klären, ob ihre Coachings oder Kurse die Merkmale des FernUSG aufweisen. Ist das der Fall, benötigen sie eine entsprechende Zulassung, die bei der ZFU beantragt werden muss. Liegt die Zulassung nicht vor, sind die Verträge nichtig und die Teilnehmer können ihr Geld zurückfordern.
Das sollten Sie jetzt tun:
Ist die aufwendige und kostenintensive Zulassung nach § 12 FernUSG für Sie ratsam oder gar notwendig? Lassen Sie als Online-Coach oder Kursanbieter ihr Angebot und ihre Verträge anwaltlich überprüfen.



