Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Kein Anspruch auf Wertersatz für Onlinehändler

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Worum geht's?

Auch geringfügige Formfehler in der Widerrufsbelehrung können für Online-Shops kostspielige Konsequenzen haben. Das musste jetzt ein Anbieter von Elektroautos feststellen. Wegen Ungenauigkeiten und fehlender Details ist er nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart verpflichtet, ein Fahrzeug gegen Erstattung des Originalpreises zurückzunehmen, das bereits mehr als ein Jahr gefahren wurde.

Kunde widerruft Kauf nach monatelanger Nutzung

Im Juni 2022 hatte der Käufer das Elektroauto für einen Preis von knapp 65.000 € über die Website des Händlers gekauft. Die Auslieferung erfolgte im Dezember desselben Jahres. Ziemlich genau zwölf Monate später, im Dezember 2023, widerrief der Kunde den Kauf. Der Händler wies den Widerruf zurück und verweigerte auch vier Monate später die Rücknahme, als der Kunde das Fahrzeug vor Ort abgeben wollte.

 

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Schließlich klagte der Autobesitzer auf die Rückabwicklung des Vertrags und auf die Erstattung des Kaufpreises sowie Prozesszinsen. Seine Argumentation: Weil die Widerrufsbelehrung auf der Webseite des Onlinehändlers weder dem gesetzlichen Muster noch den Vorgaben des Gesetzes entspreche, sei der Widerruf auch ein Jahr nach Auslieferung noch möglich gewesen.

Belehrung „irreführend und intransparent“

Der Kläger kritisierte primär den ersten Satz der Widerrufsbelehrung. Er lautete zum Zeitpunkt der Bestellung:

„Wenn Sie ein Verbraucher sind, und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (wie z. B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o. ä.) geschlossen haben, haben Sie das Recht, binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag nach den nachstehenden Regelungen zu widerrufen.“

INTERESSANT

Nach Ansicht des Käufers sei die Verwendung abstrakter Rechtsbegriffe wie „Verbraucher“ und die bloße Nennung der Voraussetzungen für das Widerrufsrecht bei einem Fernabsatzvertrag ohne weitere Erläuterung irreführend. Sie verstießen außerdem gegen das Transparenzgebot. Wegen der unzureichenden Belehrung habe der Händler auch keinen Anspruch auf Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs über mehrere Monate.

Zweite Instanz verurteilt Händler zur Rückzahlung des vollen Kaufpreises

Während das Landgericht Heilbronn (Az. 4 O 126/24) den Widerruf als verspätet ansah und die Klage am 18.09.2024 abwies, gab das Oberlandesgericht Stuttgart (Az. 6 U 126724) dem Autokäufer nun Recht: Zum Zeitpunkt des Widerrufs, also im Dezember 2022, habe die 14-tägige Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, weil der Kunde nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden war.

ACHTUNG!

Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB müsse eine solche Belehrung über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren. Anstatt nur abstrakt die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für einen Widerruf zu benennen, hätte der Händler selbst klarstellen müssen, dass im konkreten Fall ein Recht auf Widerruf vorlag.

Darüber hinaus habe er versäumt, notwendige Angaben über die Höhe der Rücksendungskosten zu machen. Der Verkäufer hätte deshalb weder den Widerruf zurückweisen, noch die Rücknahme des Fahrzeugs vor Ort ablehnen dürfen.

Händler kann Wertersatz in Höhe von 28.000 € nicht geltend machen

Auch ein Abzug für die monatelange Nutzung und einen eventuellen Wertverlust komme in diesem Fall nicht infrage. Der Anbieter habe gemäß § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann Anspruch auf einen solchen Wertersatz, wenn er den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert habe.

Fazit

Auch kleine Fehler in der Widerrufsbelehrung können dazu führen, dass die 14-tägige Widerrufsfrist im Onlinehandel gar nicht erst beginnt. Der Kunde kann in diesem Fall auch später von seinem Recht auf Widerruf Gebrauch machen. Besonders gravierend: Ein Recht auf Wertersatz, also auf eine Reduzierung des zu erstattenden Kaufkreises wegen Nutzung und Verschleiß der Ware, besteht bei Mängeln in der Widerrufserklärung nicht.

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Anke Evers
Journalistin und Texterin, freiberuflich

Anke Evers absolvierte ihr Studium in Sozial- und Kommunikationswissenschaft und hat als Redakteurin für verschiedene Radio- und Fernsehsender gearbeitet. Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeitet Anke Evers als freiberufliche Journalistin im Online-Bereich. Ihre umfassende Fachkenntnis bringt sie seit 2015 in das Redaktionsteam von eRecht24 ein, wo sie insbesondere für die Erstellung von News-Beiträgen verantwortlich ist.

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