Worum geht's?
Betreiben Sie einen Onlineshop oder können Kunden Verträge mit Ihrem Unternehmen über das Internet, per Telefon oder E-Mail abschließen, handelt es sich um sogenannte Fernabsatzgeschäfte. Verbraucher haben dann besondere Rechte: Unter anderem können sie den Vertrag mit Ihnen innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Was Sie als Unternehmer über den Widerruf bei Fernabsatzgeschäften wissen sollten, erklären wir in diesem Artikel.
1. Wann liegt ein Fernabsatzgeschäft vor?
Ein Fernabsatzgeschäft liegt gemäß § 312c BGB vor, wenn ein Geschäft ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wird – das heißt, über das Internet, per Telefon, Brief, SMS, Katalog oder mittels E-Mail.
Damit die besonderen Vorgaben von Fernabsatzgeschäften greifen – allen voran das gesetzliche Widerrufsrecht – muss das zugrundeliegende Geschäft zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher zustande kommen. Für B2B-Geschäfte zwischen Unternehmern gelten die Vorschriften nicht.
Keine Anwendung finden die Vorschriften des Fernabsatzes daneben etwa bei Lebensmitteln und Getränken, die häufig und regelmäßig an den Aufenthaltsort des Verbrauchers geliefert werden. Die Bestellung beim Pizzaservice per Telefon würde also nicht als Fernabsatzgeschäft zählen.
Interessant: Bis 2002 würden Verträge im Online-Handel (per Telefon, E-Mail etc.) über das Fernabsatzgesetz (FernAbsG) geregelt. Dieses Gesetz wurde im Januar 2002 allerdings ins BGB überführt.
2. Fernabsatz: Wann gibt es ein Widerrufsrecht – und wann nicht?
Erfüllt ein Geschäft die Voraussetzungen des Fernabsatzes, haben Verbraucher gemäß des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Widerrufsrecht. Mit diesem können sie ohne Angabe von Gründen von einem geschlossenen Vertrag zurücktreten – beispielsweise von einer Bestellung in einem Onlineshop oder von einem am Telefon abgeschlossenen Kaufvertrag.
Ausnahmen des gesetzlichen Widerrufsrechts im Fernabsatz
Das Recht auf Widerruf im Fernabsatz gilt aber nicht ausnahmslos, sondern kann in bestimmten Fällen (sofern zwischen dem Unternehmen und dem Verbraucher nichts anderes beschlossen wurde) auch ausgeschlossen sein.
Ausgenommen vom Widerruf sind unter anderem folgende Fernabsatzgeschäfte:
- Spezielle Kundenwünsche (Produkte, die individuell für den Verbraucher gefertigt oder eindeutig auf dessen Bedürfnisse zugeschnitten wurden)
- Leicht verderbliche Waren (Produkte, die nicht lange haltbar sind, z. B. Schnittblumen, Torten, Käse)
- Versiegelte Waren, die aus Gesundheits- oder Hygienegründen nicht zurückgegegeben werden können (nur, wenn die Versiegelung durch den Verbraucher entfernt wurde)
- Ton- und Videoaufnahmen sowie Software in einer versiegelten Verpackung (auch hier nur dann, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde)
- Zeitungen, Zeitschriften, Illustrierte (ausgenommen sind Fernabsatzverträge über Abonnements)
WICHTIG
Eine vollständige Auflistung aller Geschäfte im Fernabsatz, für die das Widerrufsrecht nicht greift, listet §312g BGB auf.
Urteil aus der Praxis: Der Fall des Gebrauchtwagenkaufs
Doch wie es meist so ist: Auch gesetzliche Vorschriften verhindern nicht, dass es zu Rechtsstreitigkeiten kommt. So beschäftigt das Widerrufsrecht von Fernabsatzgeschäften immer wieder die Gerichte, wie ein Fall aus dem Jahr 2019 zeigt:
Hier hatte das Landgericht Osnabrück (Az. 2 O 683/19) über die Rückgabe eines Gebrauchtfahrzeugs zu entscheiden. Eine Münchnerin fand das Auto auf einer Online-Seite, besprach am Telefon mit dem Händler die Einzelheiten und ließ sich per Mail das Bestellformular schicken. Der Kaufabschluss erfolgte aber nicht über die Internetpräsenz, sondern erst mit Bestätigung des Verkäufers bzw. durch die Übergabe des Fahrzeugs vor Ort – worauf der Händler auch hinwies.
Die Frau überwies den Kaufpreis und ließ den Wagen im Emsland abholen. 10 Monate später wollte sie das Geschäft dann rückgängig machen, da es sich ihrer Meinung nach um einen Fernabsatzvertrag mit gesetzlichem Widerrufsrecht handele – sie aber über dieses nicht mittels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung informiert wurde.
Das LG Osnabrück sah das jedoch nicht so: Das Autohaus würde zwar seine Fahrzeuge online bewerben – ein Kauf erfolgte aber erst mit der Abholung im eigenen Haus. Ein organisiertes Fernabsatzgeschäft läge nur dann vor, wenn auch der Versand der Ware systematisch organisiert werde.
Nicht alles, was online bestellt wird, darf nach dem gesetzlichen Widerrufsrecht auch wirklich zurückgegeben werden. Besteht kein Widerrufsrecht bzw. erlischt dieses vor Ablauf der gesetzlichen Frist, müssen Sie als Unternehmer bei Fernabsatzgeschäften Verbraucher ausdrücklich darauf hinweisen.
3. Welche Widerrufsfristen gelten für Fernabsatzgeschäfte?
Die Widerrufsfrist im Fernabsatz beträgt 14 Tage. Innerhalb dieser zwei Wochen kann der Verbraucher einen über Telefon, E-Mail & Co. bzw. außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag rückgängig machen. Gründe muss er dafür nicht nennen.
Wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, hängt vom konkreten Fernabsatzgeschäft ab: Bei Bestellungen in einem Onlineshop würde sie beispielsweise mit dem Eintreffen der Ware beim Kunden beginnen, bei Downloads von Musik oder Filmen direkt mit Vertragsschluss.
Wichtig ist aber in jedem Fall, dass der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht informiert haben muss – denn sonst beginnt die Widerrufsfrist nicht. Für Sie als Unternehmer bzw. Online-Händler bedeutet das Folgendes:
- Belehren Sie Kunden vor Vertragsschluss über ihr 14-tägiges Rückgaberecht bzw. Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen, den Rechtsfolgen, Einzelheiten der Ausführung und ggf. den Ausschluss des Widerrufsrechts.
- Geben Sie bei Verträgen, die sich auf ein Dauerschuldverhältnis beziehen und für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden, die Kündigungsbedingungen an.
- Die Belehrung Ihrer Kunden über den Widerruf im Fernabsatz sollte aus Beweisgründen in Textform erfolgen.
- Kommen Sie Ihrer Belehrungspflicht nicht nach, beginnt die Widerrufsfrist auch nicht zu laufen. Maximal kann sie sich auf 12 Monate und 14 Tage verlängern.
- Schicken Sie die Widerrufsbelehrung per E-Mail, Fax oder Brief an den Kunden (in speicherbarer Form).
- Stellen Sie Kunden ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung, damit diese – falls gewollt – unkompliziert widerrufen können.
Als Online-Händler sollten Sie unbedingt Ihren Informationspflichten nachkommen und Ihre Kunden nicht nur über das Widerrufsrecht im Fernabsatz, sondern beispielsweise auch hinsichtlich der Merkmale der Waren/Dienstleistungen, Mindestlaufzeiten, Preise, Versandkosten und Zahlungsmodalitäten informieren.
LESE-TIPP
Wie Sie die Widerrufsbelehrung für Ihren Onlineshop gestalten können und wo diese am besten einzubinden ist, erklären wir Ihnen ausführlich in unserem Artikel zum Thema “Widerrufsrecht im Überblick: Wichtige Änderungen in Widerrufsbelehrung & Co. für Onlineshops”
4. Wie muss ein Fernabsatzgeschäft widerrufen werden?
Haben Ihre Kunden ein gesetzliches Widerrufsrecht, müssen Sie dem natürlich nachkommen. Hier treffen Sie aber nicht nur Pflichten als Händler oder Unternehmer – auch Ihre Kunden haben gewisse Obliegenheiten, wenn sie einen Widerruf im Fernabsatz geltend machen wollen. Welche Rechte und Pflichten beide Vertragsparteien haben, klären wir jetzt.
Verbraucher muss Widerruf eindeutig erklären
Möchte Ihr Kunde einen Fernabsatzvertrag mit Ihnen widerrufen, muss er seinen Widerruf eindeutig erklären. Es reicht nicht aus, wenn er die erhaltene Ware nach einer Bestellung in Ihrem Onlineshop einfach an Sie zurückschickt. Begründen muss er den Widerruf allerdings nicht.
Bei Widerruf: Leistung zurück
Bei einem Widerruf wird der Vertrag rückabgewickelt. Das heißt: Sie bekommen als Händler die Ware zurück, Ihr Kunde sein Geld. Damit der Widerruf bei Fernabsatzgeschäften rechtswirksam ist, muss der Kunde die erhaltene Ware/empfangene Leistung innerhalb der Widerrufsfrist von 14 Tagen an Sie zurücksenden und Sie müssen ihm den entsprechenden Preis zurückzahlen.
PRAXIS-TIPP
Nutzen Sie für die Rückzahlung das gleiche Zahlungsmittel, das auch Ihr Kunde verwendet hat – es sei denn, Sie haben etwas anderes vereinbart.
Wertersatz bei Verschlechterung der Ware
Hat der Verbraucher die bei Ihnen gekaufte Ware beschädigt, haben Sie als Unternehmer Anspruch auf Wertersatz – vorausgesetzt, Sie haben Ihren Kunden vorab über dieses Recht aufgeklärt. Den Wertersatz können Sie zudem auch nur dann verlangen, wenn klar ist, dass der Käufer das bestellte Produkt über einen angemessenen Umfang hinaus ausprobiert hat – indem er beispielsweise häufiger die Funktionstüchtigkeit getestet hat, als er es im Ladengeschäft getan hätte.
Verbraucher trägt die Versandkosten
Bei einem Widerruf im Fernabsatz hat grundsätzlich der Kunde die Kosten für den Rückversand zu tragen. Viele Shops bieten eine kostenlose Retoure an und übernehmen die Kosten der Rücksendung – das ist aber Ihre eigene unternehmerische Entscheidung und nicht gesetzlich vorgeschrieben. Voraussetzung ist auch hier wieder, dass Sie Ihre Kunden vorab über die zu zahlenden Rückversandkosten informiert haben, bestenfalls in Ihren Onlineshop-AGB.
Die Kosten der Hinsendung müssen Sie hingegen erstatten – allerdings nur den Standardversand, für Express-Zuschläge müssen Sie nicht aufkommen.
Originalverpackungen müssen nicht verwendet werden
Erklärt ein Kunde den Widerruf des Fernabsatzgeschäftes, muss er zwar die erhaltene Ware innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist zurückschicken, aber dafür nicht die Originalverpackung verwenden. Wichtig ist allein eine ordnungsgemäße Verpackung, die die Ware beim Transport ausreichend vor Beschädigungen schützt.
Keine Pflicht für Retourenlabel
Als Unternehmer dürfen Sie im Falle eines Widerrufs im Fernabsatz Ihren Kunden nicht vorschreiben, das von Ihnen bereitgestellte Retourenlabel zu verwenden. Ihr Käufer kann selbst entscheiden, auf welchem Weg er die Ware zurückschickt. Sie haben aber die Möglichkeit, in Ihrer Widerrufsbelehrung zu vereinbaren, dass Sie nur dann die Kosten für den Rückversand übernehmen, wenn sich der Kunde an Ihre Vorgaben hält.
WEITERLESEN?
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5. Wie regle ich den Widerruf am besten?
Alle relevanten Informationen zum Widerruf eines Fernabsatzgeschäftes gehören in die Widerrufsbelehrung Ihres Shops. Für die Belehrung gibt es gesetzlich vorgeschriebene Muster, die Sie unverändert übernehmen können, aber nicht müssen. Alternativ können Sie sich mit unserem eRecht24 Premium Generator eine Fernabsatz-Widerrufsbelehrung erstellen, die speziell auf Onlineshops zugeschnitten ist.
Darüber hinaus ist es ratsam, in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen weitere wichtige Punkte zu regeln, beispielsweise hinsichtlich Lieferungen, Zahlungen, Gewährleistungen und Eigentumsvorbehalt. Auch Shop-AGB können Sie als eRecht24 Premium-Mitglied mit unserem AGB-Generator für Onlineshops erstellen.
Zugriff auf die eRecht24 Premium Generatoren für rechtssichere Onlineshop-AGB, Impressum, Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung sowie auf unseren Marken- und Abmahncheck, Webinare, Musterverträge und mehr erhalten Sie über das eRecht24 Premium Onlineshop-Paket. Suchen Sie sich einfach von drei Tarifen den aus, der am besten zu Ihnen passt.
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