Worum geht's?
Wer online Verträge mit wenigen Klicks abschließt, soll sie zukünftig genauso einfach widerrufen können: Die EU-Richtlinie (EU) 2023/2673 verlangt von Online-Händlern und Unternehmen ab dem 19. Juni 2026 eine digitale Widerrufsfunktion auf der Website – klar, sichtbar und rechtssicher. Wir klären, für wen der Widerrufsbutton zur Pflicht wird, wie er gestaltet sein muss und was Sie als Shopbetreiber, Agentur oder Unternehmen schon jetzt tun können, um Ihr Business fit für die Anforderungen der Verbraucherrechterichtlinie zu machen.
1. Was ist der Widerrufsbutton?
Mit dem Widerrufsbutton sollen Verbraucher online abgeschlossene Verträge über Waren oder Dienstleistungen genauso einfach widerrufen können, wie sie sie abgeschlossen haben. Statt die notwendigen Informationen erst mühsam zusammenzusuchen, E-Mails zu schreiben oder gar das Muster-Widerrufsformular auszudrucken, soll der Widerruf per klar gekennzeichneter Schaltfläche direkt auf der Website bzw. Shop-Page möglich sein.
Die Pflicht zum Widerrufsbutton ergibt sich aus der EU-Richtlinie (EU) 2023/2673. Diese müssen Deutschland und alle anderen EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umsetzen. Dafür gelten Übergangsfristen. Spätestens ab dem 19. Juni 2026 müssen Unternehmen, die einen Abschluss ihrer Verträge online anbieten, eine digitale Widerrufsfunktion anbieten.
2. Wann ist der Widerrufsbutton Pflicht?
Verpflichtend ist der Online-Widerrufsbutton für alle Unternehmer, die Verträge mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr schließen. Eine Pflicht besteht für Sie, wenn Sie
- in Ihrem Online-Shop Waren an Verbraucher verkaufen.
- digitale Dienstleistungen oder Inhalte wie z. B. E-Books, Online-Kurse oder Streaming anbieten.
- eine Plattform mit Abonnements bzw. regelmäßigen Leistungen betreiben (sofern hier ein Widerrufsrecht besteht).
- Finanzdienstleistungen wie Kredite, Versicherungen oder Geldanlageprodukte vermitteln.
GUT ZU WISSEN
Die Pflicht gilt nur, wenn der Kunde ein Verbraucher ist und nach geltendem Recht ein Widerrufsrecht besteht – was in der Regel bei B2C-Fernabsatzverträgen der Fall ist.
3. Wann brauche ich keinen Widerrufsbutton?
Ein Widerrufsbutton ist nicht notwendig, wenn trotz Fernabsatzvertrag kein Widerrufsrecht besteht, weil Sie z. B.
- individuell angefertigte Waren anbieten (z. B. über einen Etsy-Shop).
- digitale Produkte verkaufen, bei deren Download der Kunde zuvor aktiv auf sein Widerrufsrecht verzichtet (z. B. bei Software, Templates etc.).
Da sich die Widerrufsfunktion auf Fernabsatzverträge bezieht, greift die Pflicht nicht, wenn der Vertrag nicht online abgeschlossen wurde, sondern z. B. in einem Ladengeschäft. Auch für reine B2B-Online-Shops besteht keine Pflicht, da es kein Widerrufsrecht für Unternehmer gibt.
4. Wie muss der Widerrufsbutton gestaltet sein?
Stand jetzt ist davon auszugehen, dass der Widerrufsbutton online gut sichtbar platziert, eindeutig beschriftet und in einem zweistufigen Verfahren eingebunden werden muss – inklusive automatischer Eingangsbestätigung per E-Mail.
Wie muss der Button aussehen?
Der Widerrufsbutton in Ihrem Online-Shop bzw. auf Ihrer Website muss klar und eindeutig beschriftet sein – z. B. mit der Bezeichnung “Vertrag widerrufen”. Da kreative Gestaltungsfreiheit bei anderen Button-Lösungen wie dem Kündigungsbutton in der Vergangenheit immer wieder zu Abmahnungen geführt hat, sollten Sie besser nicht herumexperimentieren.
VORSICHT
Unklare oder versteckte Bezeichnungen wie „Kontakt“ oder „Serviceanfrage“ reichen nicht aus und bergen Abmahnrisiken.
Wo muss der Button platziert werden?
Der Widerrufsbutton muss ständig und leicht auffindbar sein. Platzieren Sie ihn am besten gut sichtbar und farblich hervorgehoben im Footer Ihrer Website. Verzichten Sie darauf, ihn ausschließlich im Login-Kundenbereich zu implementieren. Auch wenn die rechtssichere Umsetzung noch nicht abschließend geklärt ist, ist aktuell davon auszugehen, dass dies nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Auch ein Download sollte nicht erforderlich sein, um den Button zu erreichen. Es gilt: Machen Sie es Ihrer Kundschaft so einfach wie möglich. Beachten Sie, dass der Button auf der Website während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar sein muss.
Was muss passieren, wenn man klickt?
Vorgegeben ist ein Zwei-Stufen-Verfahren: Klicken Ihre Kunden auf den Widerrufsbutton, muss eine Weiterleitung auf eine Bestätigungsseite erfolgen. Auf dieser muss Folgendes passieren:
- Identifikation des Vertrags: Klare Kennzeichnung des Vertrags, z. B. durch Eingabe von Bestell-, Auftragsnummer oder E-Mail (aber kein verpflichtender Login).
- Bestätigen/Absenden des Widerrufs: Bestätigung des Widerrufs durch zweiten Button “Widerruf bestätigen”.
- Eingangsbestätigung: Elektronische Eingangsbestätigung der Online-Widerrufserklärung (z. B. per E-Mail mit Datum und Uhrzeit).
NICHT VERGESSEN
Beachten Sie bei der Umsetzung den DSGVO-Grundsatz der Datensparsamkeit: Ihre Kunden sollten nur Daten eingeben müssen, die für den Widerruf erforderlich sind (Name, Vertrags-ID, Kommunikationsmittel). Erheben und speichern Sie die Daten DSGVO-konform.
5. Welche Herausforderungen kann es bei der Umsetzung geben?
Wenn Sie von der Pflicht betroffen sind, führt kein Weg am Widerrufsbutton vorbei. Die Umsetzung bringt jedoch voraussichtlich einige technische, rechtliche und gestalterische Herausforderungen mit sich.
Verfügbarkeit während der Widerrufsfrist
Die Richtlinie sieht vor, dass der Button während der gesamten Widerrufsfrist verfügbar sein muss. In der Praxis ist aber mitunter nur schwer erkennbar, ob einem konkreten Kunden überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht oder die Frist bereits abgelaufen ist.
Individuelle Widerrufsfristen
Technisch anspruchsvoll ist auch die Frage, ob die Widerrufsfunktion automatisch ausgeblendet werden muss, sobald die Frist für den jeweiligen Kunden abgelaufen ist. Für eine solche nutzerspezifische Anzeige müsste Ihr Shop-System u. a. identifizieren:
- ob es sich beim Websitebesucher um einen Kunden handelt (sonst besteht auch kein Widerrufsrecht).
- wann die Ware erhalten wurde (d. h. ab wann die Widerrufsfrist beginnt).
- ob regionale Feiertage im jeweiligen Bundesland die Frist verlängern.
- welchem Kunden welcher Vertrag zugeordnet ist.
Die Website müsste also individuell erkennen, ob der Button angezeigt werden darf oder nicht.
Noch ist unklar, ob der Gesetzgeber tatsächlich eine solche kundenspezifische Umsetzung verlangt oder ob ein pauschal verfügbarer Widerrufsbutton ausreicht. Wir empfehlen daher, die Umsetzung des Referentenentwurfs in die nationale Gesetzgebung abzuwarten.
Technische Umsetzung
Die technische Umsetzung muss stabil, barrierefrei und reibungslos funktionieren:
- Der Button sollte gut sichtbar und im Layout hervorgehoben sein. Ein Textlink im Footer ist nicht ausreichend.
- Das Design der Website und die Nutzerführung dürfen durch den Button nicht beeinträchtigt werden.
- Der gesamte Prozess – vom Klick bis zur Empfangsbestätigung – muss fehlerfrei laufen.
Rechtliche und organisatorische Anpassungen
Neben der technischen Implementierung müssen Sie auch Ihre rechtlichen Dokumente anpassen – aber erst, wenn die EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wurde.
- Widerrufsbelehrung: Ergänzen Sie Hinweise zur neuen digitalen Widerrufsfunktion.
- Widerrufsformular: Fragen Sie nur erforderliche Daten ab und verzichten Sie auf die Angabe eines Grundes für den Widerruf.
- Datenschutzerklärung: Erklären Sie, welche Daten Sie im Widerrufsprozess erheben, was mit diesen Daten passiert und wie lange Sie sie speichern.
6. Welche Neuerungen sind neben dem Widerrufsbutton noch vorgesehen?
Der Widerrufsbutton ist nur eine von mehreren Änderungen, die die EU-Richtlinie für Dienstleister und E-Commerce-Unternehmen mit sich bringt.
Im Hinblick auf einen höheren Verbraucherschutz müssen Finanzdienstleister ihre Angebote künftig verständlich und in klarer Sprache erklären. Außerdem sind sie verpflichtet, bei Online-Abschlüssen eine persönliche Kontaktaufnahme zu ermöglichen – z. B. per Telefon, Chat oder Video.
Weiterhin ist eine Begrenzung des “ewigen Widerrufsrechts" bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung oder anderen Verstößen gegen die Informationspflichten vorgesehen. Bislang ließen sich Verträge über Finanzdienstleistungen oft noch lange nach Vertragsschluss widerrufen, selbst wenn die Widerrufsfrist längst abgelaufen war. Künftig ist für diese Verträge eine Höchstfrist von 12 Monaten und 14 Tagen und für Lebensversicherungen von 24 Monaten und 30 Tagen vorgesehen – vorausgesetzt, der Verbraucher wurde korrekt belehrt.
Außerdem entfällt die Pflicht für Unternehmen, Vertragsunterlagen in Papierform bereitzustellen. Künftig ist es ausreichend, alle Informationen zum Vertrag elektronisch und dauerhaft zur Verfügung zu stellen.
7. Fazit: Das sollten Online-Shops und Unternehmen jetzt tun
Mit dem Widerrufsbutton erfolgt ein weiterer Schritt hin zur Stärkung der Verbraucherrechte im Online-Handel. Für Unternehmen und Shopbetreiber bringen die Änderungen aber auch Herausforderungen und rechtliche Risiken mit sich.
Es gilt deshalb: Handeln Sie rechtzeitig, aber nicht überhastet. Warten Sie mit der finalen Implementierung, bis der Gesetzestext vorliegt: Dafür hat Deutschland noch bis zum 19. Dezember 2025 Zeit.
Ab dem 19. Juni 2026 müssen Sie den Widerrufsbutton bereitstellen, sofern Sie unter die Buttonpflicht fallen. Nutzen Sie die Zeit, um sich vorzubereiten. Bei rechtlichen Fragen zur Umsetzung steht Ihnen die eRecht24 Partnerkanzlei Siebert Lexow als Ansprechpartner zur Seite – und mit eRecht24 bleiben Sie über alle Entwicklungen informiert.
8. FAQ: Häufige Fragen zum Widerrufsbutton




