Worum geht's?
Verbrauchern steht im Online-Handel grundsätzlich ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht zu. Damit haben Verbraucher die Möglichkeit, einen Kaufvertrag innerhalb von 14 Tagen ab Lieferung der Ware zu widerrufen. Aber wie sieht es bei B2B Geschäften aus, also wenn ein Unternehmer Ware von einem anderen Unternehmer kauft? Gibt es hier auch ein Widerrufsrecht zu beachten? Wir klären Sie auf.
1. Online-Handel, Fernabsatz und Verbraucher: Ein Überblick zum Widerrufsrecht
Da Verbraucher im Online-Handel anders als im stationären Handel Waren nicht vor dem Kauf begutachten und prüfen können (Verbraucherschutz), wird ihnen kraft Gesetz bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht eingeräumt. Als Unternehmer müssen Sie Verbraucher über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen informieren und ihnen eine Widerrufsbelehrung zukommen lassen.
Die Widerrufsfrist beginnt erst mit Erhalt der Widerrufsbelehrung und dem Erhalt der Ware zu laufen und beträgt 14 Tage. Widerruft der Verbraucher seine Vertragserklärung innerhalb der Frist, so ist dieser nicht weiter an den Abschluss des Vertrages gebunden. Den Kaufpreis sowie die Hinsendekosten müssen Sie als Unternehmer dem Verbraucher erstatten. Die Ware muss vom Käufer ans Unternehmen zurückgeschickt werden.
GUT ZU WISSEN
Nicht nur im Fernabsatzrecht sieht das BGB ein Widerrufsrecht vor. Auch bei Haustürgeschäften und Verbraucherdarlehensverträgen kann der Verbraucher abgeschlossene Verträge widerrufen.
Die Belehrung über das Widerrufsrecht sowie das Bereitstellen eines Widerrufsformulars gehören zu den Informationspflichten von Online-Shop Betreibern und Händlern. Wir von eRecht24 Premium helfen Ihnen, Ihren Online-Shop rechtssicher zu gestalten und teure Abmahnungen zu vermeiden.
Wann handelt es sich um einen Verbrauchervertrag und wer muss was beweisen?
Kurz und knapp: Die Verbrauchereigenschaft ist gesetzlich definiert und liegt dann vor, wenn ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abgeschlossen wird, der überwiegend weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Beispiel: Kaufen Sie als Unternehmer online Schreibwaren für Ihr Unternehmen ein, steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Kaufen Sie allerdings in einem Online-Shop für Ihren privaten Haushalt ein, schließen Sie den Vertrag als Privatperson und können Ihre Vertragserklärung mit einer Frist von 14 Tagen ab Erhalt der Ware widerrufen.
Aber was gilt bei Streitigkeiten über die Verbrauchereigenschaft, also wenn Sie das Widerrufsrecht Ihres Vertragspartners anzweifeln? Aus Verbraucherschutzgründen wird zunächst von einem Kauf als Privatperson ausgegangen. Zweifeln Sie als Händler die Verbrauchereigenschaft an, müssen Sie Tatsachen darlegen, die für einen gewerblichen Einkauf sprechen. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn der Einkauf für Sie eindeutig und zweifelsfrei gewerblich erscheint.
Beispiel: Lässt sich der Inhaber eines Schreibwarengeschäfts 2000 Blöcke Schreibpapier von Ihnen an seine Unternehmensadresse liefern, spricht viel für einen Kauf als Unternehmer.
Aber wie ist die rechtliche Lage, wenn sich der Schreibwarenunternehmer 2000 Sets Faber-Castell Buntstifte an seine Privatadresse liefern lässt? Letztlich handelt es sich oft um eine Einzelfallentscheidung. Umstände wie die Lieferung an eine Firmenadresse, die Art der Ware und die Anzahl können als Indiz berücksichtigt werden, sind aber einzeln nicht unbedingt ausschlaggebend. Eine Lieferung von Paketen an die Unternehmensadresse wird heutzutage oft von Mitarbeitern im Rahmen der Work-Life-Balance in Anspruch genommen.
GUT ZU WISSEN
Grundsätzlich trägt jede Partei die Beweislast für die für sie günstigen Tatsachen.
2. Widerrufsrecht im B2B Bereich: Können Unternehmer gegenüber Unternehmen widerrufen?
Nein. Denn grundsätzlich steht Unternehmern kein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Wer zählt als Unternehmer? Unternehmer werden definiert als eine natürliche oder juristische Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
Schließen zwei Unternehmer miteinander einen Vertrag, wird anders als bei einem Vertragsschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher nicht von einer Benachteiligungssituation ausgegangen. Der gesetzlich verankerte Gedanke des Verbraucherschutzes greift hier nicht. Als Unternehmer steht es Ihnen jedoch frei, anderen Unternehmern vertraglich ein Widerrufsrecht einzuräumen.
AUFGEPASST
Einmal erklärt, können Sie es sich im Nachhinein nicht anders überlegen. Haben Sie anderen Unternehmern ein Widerrufsrecht eingeräumt, müssen Sie einen Widerruf auch akzeptieren und die Ware zurücknehmen.
Räumen Sie Ihren gewerblichen Käufern ein vertragliches Widerrufsrecht ein, müssen Sie die Rückgabe der Waren akzeptieren. Die Gefahr: Waren werden unter Umständen benutzt und gebraucht an Sie zurückgeschickt. Eine Pflicht zur Rücksendung in der Originalverpackung gibt es übrigens nicht. Nachteil für Sie: Zurückgesandte Waren können aufgrund von Gebrauchsspuren oder fehlender Originalverpackung nicht wie geplant von Ihnen verkauft werden. Vermögenseinbußen sind die Folge.
Neben der Erstattung des Kaufpreises müssen Sie Ihrem Käufer auch die Hinsendekosten erstatten. Denken Sie darüber nach, Ihren gewerblichen Käufern ein vertragliches Widerrufsrecht einzuräumen, sollten Sie diese Aspekte berücksichtigen.
Wollen Sie anderen Unternehmern keinesfalls ein Widerrufsrecht einräumen, sollten Sie jetzt unbedingt weiterlesen.
3. Vertragliches Widerrufsrecht: Unternehmer aufgepasst!
Entschließen Sie sich, nicht nur Verbrauchern, sondern auch Unternehmern ein Widerrufsrecht einzuräumen, ist die Situation klar. Auch Unternehmer können dann als Ihre Vertragspartner den Vertragsschluss widerrufen.
Aber aufgepasst: Durch ungenaue oder falsch formulierte Widerrufsbelehrungen oder Klauseln in Ihren AGB können Sie ungewollt Unternehmern ein vertragliches Widerrufsrecht einräumen.
Schreiben Sie beispielsweise “Kunden haben das Recht, den Vertragsabschluss innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen.", können Unternehmer dies als Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts verstehen.
Beispielsfall aus der Praxis
Das Amtsgericht Cloppenburg (Az.: 21 C 193/12) hatte in solch einem Fall zu entscheiden. Eine Unternehmerin kaufte ein Elektrofahrrad in einem Online-Shop und erklärte innerhalb von 14 Tagen den Widerruf des Vertragsschlusses.
In den AGB des Online-Händlers fand sich unter anderem der Punkt „Widerrufsbelehrung“, welcher keine Einschränkung in der Hinsicht enthielt, dass der Widerruf ausschließlich durch Verbraucher erfolgen könne.
Das Amtsgericht Cloppenburg entschied im Urteil, dass das Widerrufsrecht in einem solchen Fall auch für Unternehmer gelte, wenn keine Beschränkung auf Verbraucher erfolgt sei und sich diese auch nicht aus dem Kontext ergebe.
Widerrufsrecht: To Do`s für Online Händler
Als Händler sollten Sie daher in jedem Fall in Ihre AGB oder bei separat übermittelter Widerrufsbelehrung eine Beschränkung auf Verbraucher aufnehmen, um B2B Kunden vom Widerrufsrecht auszuschließen. Dies kann durch Verwendung eines einleitenden Satzes vor der Widerrufsbelehrung geschehen:
„Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht:“
Das Widerrufsmuster sollte in der amtlichen Version verwendet und keine Änderungen vorgenommen werden.
Erklären Sie sich in Ihren AGB bereit, im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts auch die Rücksendekosten zu tragen, sollten Sie auch hier bei der Formulierung aufpassen. Räumen Sie Unternehmern ein vertragliches Widerrufsrecht ein, können auch diese aufgrund einer solchen Formulierung die Erstattung der Rücksendekosten verlangen.
Wie Sie sehen, können Ungenauigkeiten und Fehler in Ihren AGB oder Ihrer Widerrufsbelehrung unangenehme Folgen haben. Zurückgesendete gebrauchte oder nicht original verpackte Ware kann im schlimmsten Fall nicht weiterverkauft werden. Kosten für die Hin- und Rücksendung können außerdem hinzukommen.
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Als Online-Shop Betreiber oder Händler sollten Sie in Ihren AGB auf genaue Formulierungen achten, denn ein Widerrufsrecht kann Unternehmern auch unabsichtlich eingeräumt werden.
ACHTUNG
Ein schriftlicher Ausschluss des Widerrufsrecht von Unternehmern ist nicht notwendig, wenn Sie rechtssichere AGB und Widerrufstexte verwenden.
4. Fazit
Das Fernabsatzrecht sieht für Verbraucher ein gesetzliches Widerrufsrecht vor. Als Händler treffen Sie Hinweis- und Informationspflichten, die bei Nichtbeachtung abgemahnt werden können. Unternehmer haben kein gesetzliches Widerrufsrecht, aber Sie können Ihnen ein vertragliches Widerrufsrecht einräumen. Damit dies jedoch nicht unabsichtlich durch unklare Formulierungen oder falsch erstellte AGB geschieht, empfiehlt sich die Inanspruchnahme professioneller Unterstützung.
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