
Darf mein Paket beim Nachbarn abgegeben werden?
Ist der Empfänger einer Ware berufstätig oder aus anderen Gründen verhindert, das Paket persönlich entgegenzunehmen, ist es – nicht zuletzt für den Paketzusteller, oftmals aber auch für den Empfänger der Ware selbst – von großem Vorteil, wenn die Ware bei einem Nachbarn oder Hausbewohner abgegeben werden darf. Eine gesetzliche Regelung dieser Ersatzzustellung beim Nachbarn existiert zwar nicht; allerdings räumen sich die Paketzusteller oftmals in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Recht ein.
So heißt es beispielsweise bei der DHL gem. § 4 Abs. 3 DHL-AGB für Pakete National:
„DHL darf Sendungen, die nicht (…) abgeliefert werden können, an einen Ersatzempfänger abliefern. (…) Ersatzempfänger sind
1. (…)
2. (…)
3. Hausbewohner und Nachbarn des Empfängers, sofern den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendungen berechtigt sind und der Zusteller den Empfänger unverzüglich mittels Benachrichtigungskarte über die Sendungen und die Person des Ersatzempfängers (Name und Anschrift des Hausbewohners bzw. Nachbarn) durch Einlegen in die Empfangseinrichtung des Empfängers (Hausbriefkasten etc.) informiert.
Ein Paket darf also grundsätzlich bei einem Nachbarn abgegeben werden, wenn der Empfänger mittels der Benachrichtigungskarte erfährt, wo sich denn sein Paket befindet.
Muss mich der Paketdienstleister über die Zustellung beim Nachbarn informieren?
In den AGB der Paketdienstleister finden sich wie im o.g. Beispiel in aller Regel Regelungen, wonach der Empfänger eines Pakts mittels Benachrichtigungskarte über den Zustellort informiert werden muss. Beim Zustelldienst von DPD findet sich in den AGB nach derzeitigem Stand jedoch keine entsprechende Regelung – vielmehr kann hier die Zustellung „an jede unter der Zustelladresse angetroffene empfangsbereite Person“ erfolgen, ohne dass eine Benachrichtigung des Empfängers erfolgt.
Nach einer Entscheidung des OLG Köln von Anfang 2011 (Urteil vom 02.03.2011 – Az.: 6 U 165/10) ist eine solche AGB-Klausel, die es dem Paketdienst ermöglicht, ein Paket ungefragt einem Nachbarn zuzustellen, jedoch gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Empfänger unangemessen benachteiligt.
Kann ich mich gegen die Abgabe meines Pakets beim Nachbarn zur Wehr setzen?
Ja. Zum einen kann mit dem Händler vereinbart werden, dass er die Ware eigenhändig an Sie zusendet; darauf haben Sie jedoch keinen Anspruch und wird der Händler in aller Regel nur gegen entsprechenden Aufpreis tun. Zum anderen bietet beispielsweise die DHL entsprechend § 4 Abs. 3 Satz 4 DHL-AGB für Pakete National die Möglichkeit, dass der Empfänger gegenüber DHL durch Mitteilung in Textform eine derartige Zustellung untersagt. Es genügt danach eine Mitteilung an die DHL per E-Mail, dass ein bestimmter Nachbar als Ersatzempfänger nicht erwünscht ist.
Kann die Ware einfach in der Garage oder an der Haustür abgestellt werden?
Nein. Zwar können Paketdienstleister mit den Empfängern sog. „Garagenverträge“ abschließen, wonach ein bestimmter Ort vereinbart wird, wo der Zusteller Pakete bei Nichtantreffen des Empfängers abstellen darf. Ohne diese Erlaubnis darf der Zusteller die Ware aber nicht einfach abstellen, wo er möchte.
Paket wird beim Transport beschädigt – was tun?
Insbesondere bei hochpreisigen Waren besteht für den Verbraucher ein hohes Interesse daran, dass das Paket ohne Beschädigungen bei ihm ankommt. Liegen jedoch Transportschäden vor, so haftet bei Verträgen mit privaten Kunden (Verbraucher) grundsätzlich der Händler. In diesem Fall sollte man sich unverzüglich an den Händler wenden und den Mangel monieren.
Entsprechende Regelungen in den AGB, womit der Händler versucht, die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers in diesem Fall zu beschränken oder durch die Vereinbarung von Rügepflichten ganz auszuhebeln, sind in der Regel unwirksam. Derartige Klauseln in AGB ziehen in der Regel Abmahnungen des Shopbetreibers nach sich. Allerdings empfiehlt es sich als Kunde trotzdem, bei einem offensichtlichen Transportschaden bei Paketübergabe den Paketzusteller direkt auf diesen hinzuweisen und sich von diesem vermerken lassen.
Paket geht beim Transport verloren – was tun?
Nichts anderes kann dann gelten, wenn das Paket beim Transport verloren geht – auch hier haftet der Händler für den Verlust der Ware. Wird dem Händler jedoch die Zustellung dieser konkreten Ware wegen Verlusts auf dem Transport unmöglich, so muss der Verbraucher auch nicht mehr den Kaufpreis bezahlen, § 326 Abs. 1 BGB. Hat er den Kaufpreis bereits gezahlt, so hat er einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Verkäufer. Geht die Ware beim Transport verloren, erwächst dem Verbraucher jedoch kein Anspruch auf erneute Lieferung der Ware gegenüber dem Verkäufer, wie der BGH bereits im Jahr 2003 urteilte (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2003 - VIII ZR 302/02).
Paket geht beim Rücktransport verloren oder wird beschädigt – was gilt hier?
Wenn Ihnen ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht zusteht und Sie die Ware an den Händler zurücksenden, so hat auch hier der Händler für etwaige Verluste oder Beschädigungen auf dem Transportweg einzustehen. Sie müssen in diesem Fall aber darlegen und beweisen, dass sie die Ware tatsächlich abgesendet haben. Bei Transportbeschädigungen müssen Sie zudem nachweisen, die Ware ordnungsgemäß verpackt zu haben.
Ab wann gilt die 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen?
Maßgeblich für den Beginn der Widerrufsfrist ist gem. § 312d Abs. 2 Var. 2 BGB der tatsächliche Eingang der Ware beim Empfänger. Entscheidend ist also, wann der Verbraucher in den Besitz der Ware gelangt, also z.B. wenn er die Ware von der Postfiliale oder beim Nachbarn abholt. Die Widerrufsfrist beginnt also nicht bereits dann, wenn der Empfänger eine bloße Benachrichtigungskarte erhält und erfährt, wo er die Ware abholen kann (z.B. beim Nachbar, Postfiliale, DHL-Packstation etc.).
Dies wurde erst vor kurzem durch das AG Winsen (Urteil vom 28.06.2012 – Az.: 22 C 1812/11) bestätigt, als dieses Gericht entschied, dass die Widerrufsfrist nicht bereits mit Abgabe der Ware beim Nachbarn beginnt.
Fazit
Geht die Ware auf dem Transportweg verloren, ist dies für den Verbraucher zwar zunächst ärgerlich; er ist jedoch durch die verbraucherschützenden Regelungen des BGB und der Rechtsprechung umfassend geschützt.
Ärgerlich und teuer wird es in diesen Fällen dann für die Betreiber der Onlineshops. Umso wichtiger ist es für Shopbetreiber deshalb, die rechtlichen Möglichkeiten durch die Gestaltung von AGB und Widerufsrecht möglichst vollständig auszunutzen.
