Worum geht's?
Egal ob Sie Möbel, Nahrungsergänzungsmittel oder Kleidung in Ihrem Online-Shop anbieten - ein Verkauf sollte vor allem Vertrauen, Verlässlichkeit und einen klaren Abschluss bringen. Das Geschäft kann aber leider auch wie eine Seifenblase zerplatzen. Wenn der Käufer nicht zahlt oder auf Ihre Anfragen reagiert, kann aus dem wirksamen Kaufvertrag schnell ein finanzieller Schaden für Sie entstehen. Um Klarheit zu schaffen, den Schaden abzuwenden und Ihre Rechte zu sichern, kann ein Rücktritt vom Kaufvertrag notwendig sein. Welche fünf Fehler Sie beim Rücktritt vom Kaufvertrag nicht machen sollten und was Sie rechtlich zu diesem Thema beachten müssen, lesen Sie in unserem Artikel.
1. Unter welchen Umständen können Sie als Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten?
Genauso wie der Käufer haben Sie als Verkäufer ein sogenanntes Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag. Die Rechtsfolgen des Rücktritts sind in den §§ 346 ff. BGB geregelt. Ein Rücktritt vom Vertrag ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Zu den Gründen zählen beispielsweise:
- Zahlungsverzug des Käufers
Trotz Fälligkeit und Mahnung zahlt der Käufer nicht.
- Annahmeverzug des Käufers
Der Käufer verweigert die Annahme der Kaufsache oder verzögert sie in unzumutbarer Weise.
- Verletzung von Mitwirkungspflichten
Der Käufer muss bestimmte Informationen oder Unterlagen zur Vertragserfüllung bereitstellen, tut dies aber nicht. Aus diesem Grund wird eine Lieferung unmöglich oder unzumutbar.
- Unmöglichkeit der Lieferung aufgrund des Käuferverhaltens
Der Käufer macht durch sein eigenes Verhalten die Lieferung der Ware unmöglich. Hierzu zählt beispielsweise eine falsche Adresse oder fehlende Erreichbarkeit, z. B. bei Speditionslieferungen.
Ein Rücktritt vom Kaufvertrag beendet einen wirksam geschlossenen Vertrag rückwirkend. Beide Vertragsparteien müssen daher erhaltene Leistungen wie Geld oder Ware zurückgewähren. Als Verkäufer verlieren Sie beim Rücktritt vom Kaufvertrag Ihren Anspruch auf den Kaufpreis.
UNTERSCHIED - WIDERRUFSRECHT VS. RÜCKTRITTSRECHT
Der Rücktritt vom Kaufvertrag unterscheidet sich vom Widerruf. Beim Rücktrittsrecht handelt es sich um einen gesetzlichen oder vertraglichen Grund zur Vertragsauflösung. Das kann beispielsweise ein Mangel an der Ware oder die Nichteinhaltung von vertraglichen Pflichten sein. Das Widerrufsrecht ermöglicht dem Käufer, innerhalb einer bestimmten Frist (in der Regel 14 Tage) ohne Angabe von Gründen von einem Fernabsatzvertrag zurückzutreten.
Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist ein sensibles rechtliches Instrument, bei dem formale Anforderungen eingehalten werden müssen, um Fehler und Risiken zu vermeiden. Ein vorschneller Rücktritt kann als Vertragsbruch gewertet werden und bei Ihnen als Verkäufer Schadensersatzpflichten auslösen.
Wir zeigen Ihnen im Folgenden die häufigsten Fehler beim Rücktritt vom Kaufvertrag auf und wie Sie diese vermeiden.
2. Fehler #1: Rücktritt ohne vorherige Fristsetzung
Ein Rücktritt ist in vielen Fällen nur dann rechtlich wirksam, wenn Sie als Verkäufer Ihrem Käufer zuvor eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt haben (§ 323 Abs. 1 BGB).
Der erste Fehler, den Sie beim Rücktritt vom Kaufvertrag machen können, ist daher der Rücktritt vom Vertrag, ohne diese Frist zu setzen. In diesem Fall riskieren Sie die Unwirksamkeit des Rücktritts.
Beispiel: Der Käufer zahlt trotz Fälligkeit nicht.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Setzen Sie dem Käufer eine angemessene Frist zur Zahlung. Hier sind sieben bis 14 Tage ein Richtwert. Weisen Sie den Käufer darauf hin, dass Sie beim erneuten Verstreichen der Frist vom Kaufvertrag zurücktreten. Die Frist sollten Sie dem Käufer in Textform - als E-Mail, per Fax oder Brief - zukommen lassen.
Unter besonderen Umständen ist eine Nachfristsetzung nicht erforderlich. Laut § 323 Abs. 2 BGB können Sie als Verkäufer auf eine Fristsetzung verzichten, wenn
- eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung durch den Käufer erfolgt ist.
- die Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt geschuldet ist und eine Nachfrist nicht mehr sinnvoll wäre (“Fixgeschäft”).
- ein besonderer Umstand (z. B. wiederholte Unzuverlässigkeit) die Frist unzumutbar macht.
Auch wenn eine Nachfrist nicht zwingend erforderlich ist, empfehlen wir Ihnen, eine kurze Frist mit Rücktrittsdrohung zu setzen, um Streit mit dem Kunden zu vermeiden. So schaffen Sie Klarheit und stärken Ihre rechtliche Position.
3. Fehler #2: Kein konkreter Rücktrittsgrund
Wichtig ist, dass sich der Vertragsrücktritt auf eine rechtlich anerkannte Pflichtverletzung stützt und nicht grundlos erfolgt. Begehen Sie nicht den Fehler, den Rücktritt vorschnell aus reiner Unzufriedenheit heraus zu erklären. Geben Sie als Grund einen Zahlungsverzug, einen Annahmeverzug oder einen Vertragsbruch des Kunden an.
Beispiel: Der Käufer nimmt das Produkt nach mehrfachen Versuchen zur Terminabstimmung nicht entgegen.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Als Verkäufer haben Sie das Recht, einen Rücktritt vom Kaufvertrag z. B. bei Online-Käufen auszusprechen. Dies sollten Sie zu Nachweiszwecken schriftlich per E-Mail oder Brief tun. Achten Sie darauf, dass Sie den Empfang mittels Lesebestätigung oder Einschreiben nachweisen können. Nennen Sie den konkreten Rücktrittsgrund (z.B. ernsthafte Verweigerung der Annahme der Ware), bestenfalls mit Verweis auf die passende Rechtsgrundlage, um Missverständnisse zu vermeiden und Klarheit zu schaffen...
Für die Erklärung des Rücktritts schreibt das BGB keine besondere Form vor. Sie müssen keine Rechtsgrundlage für Ihren Rücktritt nennen.
4. Fehler #3: Unklare oder fehlerhafte Rücktrittserklärung
Fehler Nummer 3 beim Rücktritt vom Kaufvertrag sind vage Formulierungen. Wichtig ist, dass Sie als Verkäufer den Rücktritt ausdrücklich und eindeutig erklären - so schreibt es auch § 349 BGB vor. Folgende Formulierungen sind rechtlich problematisch, weil sie nicht als wirksamer Rücktritt gelten können:
Die Formulierungen bieten einen zu großen Interpretationsspielraum. Hierbei kann es sich neben einem Rücktritt vom Vertrag auch um eine Vertragsaufhebung oder eine Sonderkündigung handeln. Der Käufer kann auch nur Ihre bloße Verärgerung interpretieren.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Die Rücktrittserklärung muss nicht förmlich sein, aber klar und rechtssicher.
- Formulieren Sie den Vertragsrücktritt z. B. so “Ich trete hiermit vom Kaufvertrag zurück.”.
- Nehmen Sie Bezug auf den konkreten Vertrag mit Datum, Produkt und Bestellnummer.
- Nennen Sie einen Rücktrittsgrund (nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber empfehlenswert, um Streitigkeiten zu vermeiden).
- Geben Sie einen Hinweis auf die vorherige Fristsetzung (sofern erforderlich).
- Vergessen Sie nicht das Datum und Ihre Unterschrift (bei Mails: eindeutige Absenderkennung).
5. Fehler #4: Rücktritt trotz Ausschluss oder Unerheblichkeit
Sie dürfen den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber Ihrem Vertragspartner beispielsweise nicht erklären, wenn dieser vertraglich (z. B. in den AGB) ausgeschlossen ist. Dies ist im B2B-Business gar nicht so selten. In den AGB finden sich Formulierungen wie “Ein Rücktritt des Verkäufers ist nur bei grober Pflichtverletzung des Käufers oder vollständiger Nichterfüllung zulässig.” wieder. Ein Vertragsrücktritt ist für Sie als Verkäufer unwirksam, wenn der Käufer keinen Vertragsbruch begangen hat.
Gesetzlich ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag für Sie als Verkäufer ausgeschlossen, wenn es sich um eine unerhebliche Pflichtverletzung handelt.
Beispiel: Der Käufer zahlt verspätet.
Ein Zahlungsverzug von beispielsweise zwei Tagen ist kein ausreichender Grund für einen Rücktritt vom Kaufvertrag. Gleiches gilt für einen kleinen Formfehler bei der Bestellung oder einen geringfügigen Annahmeverzug. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag kann hier erhebliche Folgen für Sie als Verkäufer haben.
Der Käufer kann bei einem unwirksamen Rücktritt Schadensersatz verlangen. So müssen Sie bei einer nötigen Ersatzbeschaffung Preisdifferenzen übernehmen oder für Lieferausfälle aufkommen. Sie bleiben mit allen Pflichten an den Kaufvertrag gebunden. Nicht zu unterschätzen ist auch der Vertrauensverlust gegenüber Ihren Stammkunden oder gewerblichen Kunden. Hier kann die Geschäftsbeziehung dauerhaft geschädigt werden.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Um diesen Fehler zu vermeiden sollten Sie
- den Vertrag und die AGB prüfen: Sind Ausschlussklauseln für den Rücktritt enthalten?
- die Pflichtverletzung genau bewerten: erheblich oder geringfügig?
- eine Nachfrist setzen (sofern nötig) und den Fristablauf dokumentieren.
- eine rechtssichere und eindeutige Rücktrittserklärung mit Begründung schriftlich abgeben.
Grundsätzlich muss hier allerdings der individuelle Einzelfall betrachtet werden. Sofern Sie rechtlich unsicher sind, sollten Sie sich juristischen Rat bei einem Anwalt einholen.
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6. Fehler #5: Fehlende Dokumentation und Beweissicherung
Ein weiterer häufiger Fehler beim Rücktritt vom Kaufvertrag ist die fehlende oder mangelnde Beweisführung. Dokumentieren Sie den Rücktritt nicht nur telefonisch oder beiläufig per Mail ohne Bestätigung oder Nachweis. Ist der Rücktritt nicht nachweisbar, kann Ihnen das im Streitfall auf die Füße fallen.
- Fristsetzung zur Leistung oder Zahlung mit konkretem Datum - Fristbeginn und -ende sollten klar erkennbar sein
- Mahnungen und Erinnerungsschreiben mit Versanddatum - chronologisch und ggf. mit Hinweis auf mögliche Rücktrittsfolgen
- Rücktrittserklärung mit klarem Bezug zum Vertrag, eindeutigem Rücktritt und Angabe des Rücktrittsgrundes
- Zustellnachweise als Einschreiben mit Rückschein, Lese- oder Empfangsbestätigung bei E-Mails oder Nachweise aus der Kundenkonto-Kommunikation mit Zeitstempel
- begleitende Kommunikation wie E-Mails zur Lieferkoordination, Zahlungszusagen, Terminzusagen etc.
Können Sie diese Beweise im Streitfall nicht vorlegen, wird der Rücktritt nicht anerkannt und der Vertrag ist weiterhin in Kraft. Sie sind als Verkäufer nach wie vor zur Leistung verpflichtet. Ohne Nachweis auf einen wirksamen Rücktritt können Sie Ihre Rechte nicht durchsetzen und bleiben schlimmstenfalls auf dem Schaden sitzen. Außerdem ist eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Käufer möglich.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Um diesen Fehler zu vermeiden sollten Sie
- klare Betreffzeilen verwenden (z. B. “Nachfrist zur Zahlung - Bestellnummer XXX”),
- Textform oder Schriftform verwenden (ausreichend ist eine E-Mail mit Signatur),
- klare Formulierungen nutzen (z. B. “wir treten hiermit zurück”) und
- alle versendeten Nachrichten zentral speichern.
7. Fazit zum Rücktritt vom Kaufvertrag
Die Rückabwicklung eines Kaufvertrags ist ein rechtlich anspruchsvolles Instrument. Häufig werden kleine Fehler gemacht, die eine große negative Wirkung haben. Das Fehlen einer Nachfrist, eine unklare Rücktrittserklärung, das Übersehen von Ausschlussgründen beispielsweise durch eine Rücktrittsklausel in den AGB sowie die unzureichende Dokumentation aller Schritte können zu einem unwirksamen Rücktritt führen.
Ein unwirksamer Rücktritt sorgt nicht nur dafür, dass Sie als Verkäufer die Vertragspflichten Ihrer Kaufverträge weiterhin erfüllen müssen, sondern kann außerdem je nach Einzelfall einen Schadensersatzanspruch des Käufers nach sich ziehen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre AGB rechtssicher und die Klauseln wirksam sind. Prüfen Sie, welche Klauseln zum Rücktritt Ihre AGB enthalten. Rechtssichere AGB können Sie im Handumdrehen auf eRecht24 Premium mit dem AGB-Generator erstellen.
Erklären Sie einen Rücktritt vom Kaufvertrag nie leichtfertig. Denken Sie an eine klare und nachweisbare Kommunikation und prüfen Sie die Voraussetzungen des Rücktritts sorgfältig. Bei rechtlichen Unsicherheiten sollten Sie sich rechtlichen Beistand holen. Ein rechtzeitiges Handeln kann hier vor teuren Fehlern schützen.