Worum geht's?
Im Einzelhandel kann der Kunde gekaufte Produkte direkt mit nach Hause nehmen. In Online-Shops werden Bestellungen in der Regel verschickt. Daher kann es zu Problemen beim Versand der Ware kommen. Der Kunde kann dabei Transportverluste, aber auch Warenbetrug vermuten. Welche Rechte Sie als Verkäufer Ihren Kunden einräumen müssen und wie Sie sich rechtlich bestmöglich absichern, wenn bestellte Ware nicht erhalten wurde, lesen Sie in unserem Artikel.
1. Bestellte Ware wird nicht geliefert: Das gilt
Grundsätzlich muss der Käufer Ihnen als Verkäufer bei einer Bestellung im Internet eine gewisse Zeit einräumen, um die Ware zu verpacken und zu verschicken. Ist ein Artikel allerdings “sofort lieferbar” sollten Sie als Unternehmen das Produkt auch unverzüglich verschicken.
Oftmals können Sie als Verkäufer eine voraussichtliche Lieferzeit setzen, die in den AGB enthalten ist. Diese kann unterschiedlich lang sein - von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen ist alles denkbar. Ist die Lieferfrist des Online-Shops allerdings verstrichen, kann der Käufer Ihnen eine konkrete Nachfrist für die Lieferung der Bestellung setzen.
Halten Sie diese Frist nicht ein, kann der Kunde die Bestellung stornieren und vom Vertrag zurücktreten. Bei Zahlungen in Vorkasse kann der Käufer Ihnen eine Frist setzen, zu welcher Sie das bereits gezahlte Geld erstatten müssen.
2. Ware bestellt und bezahlt, aber nicht geliefert: Verlust auf dem Transportweg
Wem ist es nicht schon einmal passiert: ein bestelltes Produkt geht auf dem Versandweg verloren und kann daher nicht am voraussichtlichen Liefertermin zugestellt werden. Viele Versanddienstleister bitten die Verbraucher vorerst eine gewisse Frist verstreichen zu lassen - in der Regel sind das zwischen 10 und 14 Tage - und sich anschließend beim betroffenen Online-Shop zu melden.
Denn nur der Absender kann Haftungsansprüche in diesem Fall geltend machen. Zunächst einmal haften Sie als Online-Händler für den Verlust der Bestellung. Kann der Onlineshop den Erhalt der Bestellung durch den Verlust der Lieferung nicht mehr gewährleisten, erhält der Käufer den im Kaufvertrag genannten Kaufpreis erstattet. Hat der Käufer das Produkt noch nicht bezahlt, muss er dies nach § 326 Abs. 1 BGB auch nicht mehr tun.
Gleichzeitig ist hier zu berücksichtigen, dass der Käufer keinen Anspruch auf eine erneute Lieferung des Produktes hat. So urteilte bereits der Bundesgerichtshof im Jahr 2003 (Az. VIII ZR 302/02). Sie müssen also im Falle einer verloren gegangenen Sendung die Bestellung des Kunden nicht erneut verschicken.
3. Paket wird beim Transport beschädigt – was tun?
Insbesondere bei hochpreisigen Waren besteht für den Verbraucher ein hohes Interesse daran, dass das Paket ohne Beschädigungen bei ihm ankommt. Liegen jedoch Transportschäden vor, so haften bei Verträgen mit privaten Kunden grundsätzlich Sie als Verkäufer.
Entsprechende Regelungen in den AGB, die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers beschränken oder durch die Vereinbarung von Rügepflichten ganz auszuhebeln, sind in der Regel unwirksam. Nutzen Sie solche unwirksamen Klauseln in den AGB nicht. Ansonsten drohen Ihnen Abmahnungen.
Für Kunden empfiehlt es sich, bei einem offensichtlichen Transportschaden bei Paketübergabe den Paketzusteller direkt auf diesen hinzuweisen und sich von diesem vermerken zu lassen.
4. Paket geht beim Rücktransport verloren oder wird beschädigt – was gilt hier?
Hat Ihr Kunde ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht und sendet die Bestellung an Sie zurück, müssen Sie als Verkäufer für etwaige Verluste oder Beschädigungen auf dem Transportweg einzustehen. In diesem Fall muss der Käufer allerdings beweisen, dass er die Ware tatsächlich abgeschickt und ordnungsgemäß verpackt hat.
5. Ab wann beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist?
Maßgeblich für den Beginn der Widerrufsfrist ist gemäß § 356 Abs. 2, Nr.1 a) BGB der tatsächliche Eingang der Ware beim Empfänger. Entscheidend ist also, wann der Verbraucher in den Besitz der Ware gelangt, also zum Beispiel wenn er die Ware von der Postfiliale oder beim Nachbarn abholt.
Interessant:
Die Widerrufsfrist beginnt also nicht bereits dann, wenn der Empfänger eine bloße Benachrichtigungskarte erhält und erfährt, wo er die Ware abholen kann (z.B. beim Nachbar, Postfiliale, DHL-Packstation etc.).
Dies wurde durch das AG Winsen (Urteil vom 28.06.2012 – Az.: 22 C 1812/11) bestätigt. Das Gericht entschied, dass die Widerrufsfrist nicht bereits mit der Abgabe der Ware beim Nachbarn beginnt.
6. Darf mein Paket beim Nachbarn abgegeben werden?
Oftmals werden Pakete vom Versanddienstleister beim Nachbarn abgegeben, wenn der Empfänger nicht angetroffen werden konnte. Aber ist das rechtlich erlaubt? Eine gesetzliche Regelung dieser Ersatzzustellung beim Nachbarn existiert zwar nicht; allerdings räumen sich die Paketzusteller oftmals in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Recht ein.
So heißt es beispielsweise bei der DHL gem. § 4 Abs. 3 DHL-AGB für Pakete National:
„DHL darf Sendungen, die nicht (…) abgeliefert werden können, an einen Ersatzempfänger abliefern. (…) Ersatzempfänger sind
3. Hausbewohner und Nachbarn des Empfängers, sofern den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendungen berechtigt sind und DHL den Empfänger unverzüglich mittels physischer oder elektronischer Mitteilung (z. B. Benachrichtigungskarte, E-Mail) an die dafür von ihm vorgesehene Empfangseinrichtung (Hausbriefkasten bzw. elektronisches Postfach) über die Sendungen und die Person des Ersatzempfängers (Name und Anschrift des Hausbewohners bzw. Nachbarn) informiert.
Ein Paket darf also grundsätzlich bei einem Nachbarn abgegeben werden, wenn der Empfänger mittels der Benachrichtigungskarte oder E-Mail erfährt, wo sich sein Paket befindet.
Muss mich der Paketdienstleister über die Zustellung beim Nachbarn informieren?
In den AGB der Paketdienstleister finden sich wie im oben genannten Beispiel in aller Regel Regelungen, wonach der Empfänger eines Pakets mittels Benachrichtigungskarte oder E-Mail über den Zustellort informiert werden muss.
Bei DPD und Hermes verhält sich dies ähnlich wie bei DHL. Auch hier kann der Paketdienst die Sendung an einen Nachbarn im gleichen Haus oder einen Nachbarn in unmittelbarer Nachbarschaft (beispielsweise Nachbarhaus) zustellen, sofern der Empfänger nicht angetroffen wurde. Bei beiden Versanddienstleistern muss der Empfänger laut den eigenen AGB ebenfalls benachrichtigt werden.;
Nach einer Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 02.03.2011 – Az.: 6 U 165/10) ist eine solche AGB-Klausel, die es dem Paketdienst ermöglicht, ein Paket ungefragt und ohne die Benachrichtigung des Empfängers einem Nachbarn zuzustellen, jedoch gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Empfänger unangemessen benachteiligt.
Wussten Sie’s schon?
Der Empfänger kann allerdings der Paketzustellung bei einem Nachbarn widersprechen. Dazu können Verbraucher einen schriftlichen Einspruch gegen einen Ersatzempfänger einlegen. Bei DHL kann dies Online beispielsweise über die DHL-App geschehen. In diesem Fall wird das Paket an einen Paketshop oder eine Packstation zugestellt.
7. Kann die Ware einfach in der Garage oder an der Haustür abgestellt werden?
Vor allem seit der Corona-Pandemie ist die Zustellung ohne Kontakt beliebt geworden. Aber darf der Paketzusteller Ihre Sendung einfach vor der Haustür, im Garten oder in der Garage abstellen? Nein. Sie können allerdings im Vorfeld mit dem Paketdienstleister eine Vereinbarung über den Abstellort treffen. Dies ist bei DHL beispielsweise in der App oder Online möglich.
Voraussetzung dafür ist, dass der Ablageort sich auf Ihrem Grundstück befindet, für den Zusteller frei zugänglich und nicht von Dritten einsehbar sein muss. Gleichzeitig sollte er trocken und wettergeschützt sein. Wird der Ablageort vom Zusteller nicht gefunden oder ist ungeeignet, kann das Paket an einen Nachbarn oder eine Filiale geliefert werden.
8. Fazit zum Thema “bestellte Ware nicht erhalten”
Geht die Ware auf dem Transportweg verloren, ist dies für den Verbraucher zwar zunächst ärgerlich, die Ware ist jedoch durch die verbraucherschützenden Regelungen des BGB und die Rechtsprechung umfassend geschützt.
Ärgerlich und teuer wird es in diesen Fällen dann für die Betreiber der Onlineshops. Umso wichtiger ist es für Shopbetreiber deshalb, die rechtlichen Möglichkeiten durch die Gestaltung von AGB und Widerufsrecht möglichst vollständig auszunutzen.