Inhaltsverzeichnis:
- Preisfehler in Onlineshops: Auch Sie können betroffen sein!
- Käufe im Internet: Vertrag oder kein Vertrag, das ist hier die Frage
- Vertippt oder Systemfehler: Wie komme ich wieder aus dem Vertrag?
- Gerissene Kunden: Können die Käufer von mir immer die Lieferung verlangen?
- Schnell-Check - Preispannen in Onlineshops
1. Preisfehler in Onlineshops: Es geht schneller als Sie denken
Preisfehler in Onlineshops gibt es viele und betreffen nicht nur „kleine“ Händler, sondern auch etablierte Großunternehmen wie z.B. Amazon. Sei es das neuste Smartphone für 3,99 Euro statt 399 Euro oder ein gut ausgestatteter PC für 500 Euro statt 1000 Euro. Das sind nur einige Beispiele von Preispannen, die im Internet immer wieder anzutreffen sind. Schnell bilden sich ganze Communities im Netz, welche die Fehler publik machen und so für andere Nutzer eine Anleitung zum Ausnutzen der Preispannen liefern. Sie sehen also, Probleme rund um Preisfehler können jeden Händler betreffen und damit auch Sie.
Sie denken sich jetzt sicherlich:
„Wenn mir ein Fehler beim Einstellen des Preises passiert, muss ich doch nicht liefern, oder?“
Die Antwort auf diese Frage können wir nicht pauschal beantworten und hängt von einigen Umständen ab. Folgende Punkte sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, wenn Ihnen eine Preispanne unterlaufen ist:
- Haben Sie mit dem Kunden überhaupt schon einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen?
- Können Sie den Vertrag „rückgängig“ machen?
- Wenn ein wirksamer Vertrag geschlossen ist: Kann der Kunde immer die Lieferung verlangen?
Im Folgenden geben wir Ihnen die Antworten zu den eben genannten Fragen und liefern Ihnen eine Anleitung, wie Sie mit Preispannen in Ihrem Onlineshop rechtlich umgehen können.
2. Käufe im Internet: Vertrag oder kein Vertrag, das ist hier die Frage
Wenn der Kunde von Ihnen die Lieferung des bestellten Produkts zum dem falschen Preis verlangt, müssen Sie sich als erstes folgende Frage stellen:
Habe ich mit dem Kunden überhaupt einen Vertrag geschlossen?
Nur, wenn Sie mit dem Kunden einen wirksamen Kaufvertrag haben, kann der Kunde überhaupt von Ihnen die Lieferung verlangen.
Auch wenn „Vertragsrecht“ für Sie sicherlich sehr trocken klingt, sind Grundlagenkenntnisse in diesem Gebiet für Sie wichtig und ein gutes Mittel, um sich gegen Preispannen abzusichern. Doch wie kommt ein Kaufvertrag im Onlineshop eigentlich zustande?
Grundlagen Vertragsschluss
Der Kauf im Internet funktioniert im Grunde wie jeder andere Vertragsschluss auch. Die Grundzutaten sind zwei sogenannte „Willenserklärungen“, nämlich das „Angebot“ und die Annahme“. Nur wenn jemand ein Angebot zum Kauf macht und ein anderer dieses Angebot annimmt, entsteht ein bindender Vertrag. Im Klartext: Ohne Vertrag keine Lieferung.
Achtung: Dieses Prinzip kann in vielen Fällen schon Ihr Rettungsanker sein!
Für Sie wichtig zu wissen: Nicht alles was nach einer Vertragserklärung aussieht, muss unbedingt auch immer eine sein. Im Folgenden erklären wir Ihnen, was das Angebot und was die Annahme beim Onlinekauf ist.
Warenpräsentation und Bestellungen: Was ist denn das Angebot?
Viele Onlinehändler und Kunden glauben, dass schon die Warenpräsentation auf der Internetseite das Angebot zum Kauf ist.
In aller Regel stimmt das aber nicht!
Für Sie wichtig zu wissen: Bei der Präsentation Ihrer Produkte im Onlineshop handelt es sich grundsätzlich nur um eine „Aufforderung zur Abgabe eines Angebots“ (von Juristen auch gerne hochtrabend als „invitatio ad offerendum“ bezeichnet) und nicht um das Angebot selbst. Die Aufforderung hat also keinerlei Bedeutung. Das Angebot macht dann der Kunde, der die Bestellung bei Ihnen aufgibt.
Anders sieht es nur aus, wenn Sie in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) regeln, dass die Warenpräsentation ein verbindliches Angebot darstellen soll. Hiervon können wir aber nur abraten, weil Sie dann auf eventuelle Preispannen kaum noch reagieren können. Der Grund: Wenn der Kunde dann bei Ihnen bestellt, gibt er nämlich die Annahme des Angebots zu verstehen und Sie haben einen Vertrag, aus dem Sie dann u.U. nicht mehr rauskommen.
Vorsicht: Mancher Kunde ist der Meinung, dass ein Vertrag schon deswegen zustande kommt, weil er auf den berühmten „Kauf-Button“ (betitelt mit „Jetzt kaufen“ oder „Jetzt zahlungspflichtig bestellen“) geklickt hat.
Diesen Irrtum können Sie aber selbst aus dem Weg räumen. Nach dem Gesetz müssen Sie nämlich ihre Kunden vor seiner Bestellung über die einzelnen Schritte belehren, die zum Vertragsschluss führen. Smarte Händler regeln deswegen üblicherweise in ihren AGB, dass die Bestellung des Kunden nur das Angebot zum Kauf darstellt.
Hier noch einmal eine kleine Zusammenfassung zum Angebot:
- Die Warenpräsentation in Onlineshops ist in den meisten Shops rechtlich noch kein Angebot zum Kauf. Es sei denn Sie haben diesen Punkt in Ihren AGB anders geregelt.
- Mit seiner Bestellung erklärt der Kunde in aller Regel das Angebot zum Vertragsschluss.
Was ist die Annahme?
Erinnern Sie sich noch, was für einen Vertrag nötig ist? Richtig: Zusätzlich zum Angebot braucht man auch die Annahme.
Hier kommen Sie jetzt ins Spiel!
Wenn Sie nach der Bestellung des Kunden feststellen, dass Ihnen eine Preispanne unterlaufen ist, können Sie noch vor der Annahme reagieren. Sie können dem Kunden dann mitteilen, dass Sie das Vertragsangebot nicht annehmen und seine Bestellung nicht bearbeiten. Sie können natürlich auch einfach nicht auf die Bestellung des Kunden reagieren und damit ebenfalls die Annahme ablehnen (Achtung: Eine Bestellbestätigung müssen Sie natürlich trotzdem schicken. Mehr dazu erfahren Sie weiter unten). Das ist aber nicht unbedingt kundenfreundlich.
Im Übrigen sollten Sie auch so schnell wie möglich die falschen Angaben im Onlineshop korrigieren. Ratsam ist es auch, zu checken, was der Grund für den Fehler war („Habe ich mich vertippt oder ist mein Shopsystem schuld an der Preispanne?“).
Bestellbestätigung: Nehme ich damit das Angebot des Kunden an?
Jetzt kommen wir zu der eben erwähnten Bestellbestätigung. Als gewissenhafter Händler wissen Sie natürlich, dass Sie gesetzlich verpflichtet sind, dem Kunden nach seiner Bestellung eine Bestellbestätigung zu schicken. Hierzu merken Sie sich am besten Folgendes:
Die „Bestellbestätigung“ ist meist noch keine Vertragsannahme!
Mit der Bestellbestätigung teilen Sie dem Kunden nur mit, dass seine Bestellung bei Ihnen eingegangen ist. Die meisten Shops versenden diese E-Mail automatisch. Die Bestätigung ist aber nicht die Vertragsannahme, es sei denn, Sie regeln das so in Ihren AGB. Die meisten Händler sehen von so einer Regelung in den AGB aber ab. Der Grund: Selbst wenn Sie dem Kunden eine Bestellbestätigung schicken, können Sie danach immer noch prüfen, ob Ihnen ein Fehler beim Preis passiert ist. Sie können dann in einer zweiten E-Mail das Angebot des Kunden ablehnen.
Doch Vorsicht: Auch eine Bestellbestätigung kann ungewollt zur Vertragsannahme werden. Passen Sie also unbedingt darauf auf, welche Formulierungen Sie in der Bestellbestätigung verwenden.
Auf folgende Dinge sollten Sie achten:
Keine Bankverbindungen in der Bestellbestätigung!
Sie wollen Ihren Kunden schon mal vorab (vor dem Vertragsschluss) Ihre Bankverbindung für die spätere Zahlung mitteilen? Die Idee kann schnell nach hinten losgehen. Gerichte schauen sich den Inhalt der Bestellbestätigung nämlich genau an. Wenn Sie Ihren Kunden schon Ihre Kontodaten mitteilen, gehen Gerichte oft davon aus, dass schon die Bestellbestätigung das Angebot des Kunden annehmen soll. Oder würden Sie schon zahlen, wenn Sie noch gar keinen Vertrag haben?
Seien Sie Vorsichtig mit Formulierungen in der Bestellbestätigung!
Obacht müssen Sie auch bei der Wortwahl in Ihrer Bestellbestätigung geben. Unachtsame Formulierungen können von Gerichten als Annahme ausgelegt werden. Mit der Bestellbestätigung sollten Sie dem Kunden nur den Eingang (!) seiner Bestellung bestätigen. Nicht mehr und nicht weniger. Am besten schreiben Sie noch in die Bestellbestätigung, dass diese nicht auch die Annahme bedeutet.
Verzichten Sie ansonsten auf alle Formulierungen, die auch nur ansatzweise auf eine Annahme hindeuten können. Wörter wie z.B. „Auftragsbestätigung“ haben in der Bestellbestätigung genau so wenig etwas zu suchen, wie Phrasen à la „Vielen Dank für Ihren Auftrag. Wir werden Ihre Bestellung umgehend bearbeiten.“
eBay: Gibt es Unterschiede zum „normalen“ Onlineshop?
Um 180 Grad gedreht ist die Situation rund um Angebot und Annahme bei eBay.
Hier sieht es nämlich so aus:
- Sie machen schon mit dem Einstellen Ihrer Produkte, egal ob in einer Auktion oder zum Sofort-Kauf, ein Angebot.
- Der Kunde nimmt Ihr Angebot an, wenn er Höchstbietender am Ende einer Auktion ist oder auf den „Sofort-Kaufen“-Button drückt.
Bei eBay ist es also besonders wichtig, dass Sie vorab vorsichtig bei der Eingabe des Preises sind.
3. Vertippt oder Systemfehler: Wie komme ich wieder aus dem Vertrag?
Sie haben festgestellt, dass sie mit dem Kunden doch einen Kaufvertrag geschlossen haben? Dann müssen Sie jetzt überlegen, wie Sie diesen „rückgängig“ machen können. Als Werkzeug dient Ihnen dabei die sogenannte „Anfechtung“. Damit können Sie den Vertrag rückwirkend „vernichten“. Es wird dann so getan, als ob der Kunde das Produkt bei Ihnen nicht gekauft hat.
Achtung: Die Anfechtung bewirkt auch, dass Sie dem Kunden grundsätzlich alle Schäden ersetzen müssen, die ihm im Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages entstanden sind. Doch keine Panik! In den allermeisten Fällen haben die Kunden überhaupt keinen Schadensposten, den sie Ihnen gegenüber geltend machen können.
Wie funktioniert eine Anfechtung eigentlich?
Sie brauchen im Prinzip zwei Sachen für eine Anfechtung: Einen Anfechtungsgrund und eine Anfechtungserklärung. Beides erklären wir Ihnen jetzt.
Anfechtungsgrund: „Ich habe mich vertippt.“
Als erstes brauchen Sie einen triftigen Grund, um den Vertrag zu „vernichten“. Wenn Sie sich beim Einstellen des Preises verschrieben bzw. vertippt haben, sprechen Juristen von einem „Erklärungsirrtum“, der Sie zur Anfechtung berechtigt. Das Gleiche gilt, wenn Sie den Preis zwar in Ihre Shopsoftware richtig eingegeben haben, auf Grund eines Übermittlungsfehlers aber plötzlich ein ganz anderer Preis auf der Webseite steht.
Von den eben genannten Fällen ist die Situation zu unterscheiden, dass Sie sich bei Ihrer Kalkulation des Preises nur verrechnet haben oder Sie den günstigen Preis wirklich angeben wollten, Ihre Entscheidung aber im Nachhinein nur bereuen.
Achtung: Wenn es hart auf hart kommt, der Kunde Sie also verklagt, müssen Sie Folgendes beachten: Es reicht nicht, wenn Sie vor Gericht nur sagen, dass der Preis von Ihnen nicht gewollt war. Sie müssen auch genau erklären (und gegebenenfalls beweisen), dass Sie sich bei der Dateneingabe vertippt haben oder die Shopsoftware die Datenweiterleitung auf die Webseite vermasselt hat. Nur so können Sie vor Gericht belegen, dass Sie sich eben nicht „nur“ verrechnet haben. Vage Aussagen dazu, wie der Fehler zustande gekommen ist, reichen deswegen nicht aus. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 19. Mai 2016, Az. I-16 U 72/15) hervor. Da hat ein Händler nämlich nur von einer „fehlerhaften Online-Eingabe“ bzw. einem „elektronischen Eingabefehler“ gesprochen.
Anfechtungserklärung: Wenden Sie sich schnell an den Kunden!
Wenn Sie den Vertrag mit Ihrem Kunden anfechten wollen, ist außerdem Eile geboten. Sie müssen dem Kunden die Anfechtung „unverzüglich“ (z.B. per E-Mail) erklären, also sofort nachdem Sie den Preisfehler festgestellt haben. Die Erklärung muss deutlich machen, dass Sie den Vertrag mit dem Kunden nicht mehr wollen.
Praxis-Tipp: Auch, wenn Sie diese Erklärung gegenüber Ihrem Kunden nicht ausdrücklich als „Anfechtung“ bezeichnen müssen, bieten sich diese Wortwahl aber an, da sie der Formulierung im Gesetz entspricht und Gerichte Ihre Erklärung besser einordnen können.
4. Gerissene Kunden: Können die Käufer von mir immer die Lieferung verlangen?
Geht die Anfechtung nicht (mehr), z.B. weil Sie diese zu spät erklärt haben, bleibt Ihnen nur noch eine letzte, aber schwache Waffe. Der Kunde kann von Ihnen nämlich die Lieferung zu dem falschen Preis auch dann nicht verlangen, wenn er Ihre missliche Lage für seine Zwecke missbraucht hat.
Hier gibt es aber ein Problem!
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (siehe oben) hat beispielsweise entschieden, dass der Kunde sich dann missbräuchlich verhält, wenn er wusste, dass einem Händler eine Preispanne unterlaufen ist und die Lieferung für den Verkäufer nicht zumutbar ist.
Die Frage die Sie sich aber stellen müssen, lautet: Wann weiß der Kunde überhaupt, dass der Preis fehlerhaft ist?
In Zeiten, in denen Schnäppchenangebote und Rabattaktionen an jeder Ecke lauern („Sale“, „Black Friday“ & Co.), werden Sie dem Kunden schwer nachweisen können, dass er wusste, dass der Preis fehlerhaft war. Hierfür muss wohl schon eine enorme Preisdifferenz zwischen Ihrem Preis und dem marktüblichen Preis vorliegen. Wo hier aber genau die Grenze verläuft, ist unter den Gerichten nicht geklärt.
Sie sehen also, dass Sie sich auf diese Argumentation nur in wenigen Ausnahmefällen berufen können und sie deswegen nur den letzten Ausweg darstellen kann.
- Preispannen passieren nicht selten: Machen Sie sich Folgendes bewusst: Preispannen sind kein Einzelfall. Sie unterlaufen vielen Händlern und können auch Sie betreffen. Im Internet gibt es viele Foren, Blogs & Communities, die Nutzern Tipps zum Ausnutzen der Preisfehler geben.
- Prüfen Sie , ob es überhaupt schon einen Vertrag gibt: Nur wenn der Kunden mit Ihnen einen Kaufvertrag hat, müssen Sie überhaupt liefern. Ein Vertrag setzt ein Angebot (in der Regel kommt das vom Kunden) und die Annahme voraus. Die Bestellbestätigung ist grundsätzlich keine Annahme.
- Bei Preispannen können Sie den Kaufvertrag anfechten: Wenn Sie sich beim Einstellen des Preises in Ihren Onlineshop vertippt haben oder Ihre Shopsoftware beim Datentransfer Mist gebaut hat, können Sie den Kaufvertrag mit dem Kunden anfechten. Achtung: Wenden Sie sich in diesem Fall sofort an den Kunden und erklären Sie ausdrücklich die Anfechtung!
- Gerissene Kunden: Manche Kunden nutzen Preispannen absichtlich aus: Auch ohne Anfechtung müssen Sie nicht liefern, wenn der Kunde Ihre missliche Lage schamlos ausgenutzt hat. Das Problem hierbei ist aber, dass Sie u.a. nachweisen müssen, dass der Kunde von Ihrer Preispanne wusste. Das wird Ihnen wohl nur selten gelingen.
- Ihren Shop (rechtlich) so gestalten, dass Sie alle Vertragsangebote des Kunden ungeprüft annehmen
- Die Bestellbestätigung so formulieren, dass der Eindruck einer Vertragsannahme entsteht
- Die Anfechtung gar nicht oder zu spät erklären
Wenn Sie teure Preisfehler in Ihrem Shop vermeiden wollen müssen AGB, Vertragsschluss, Bestätigungsmail und Zahlungsarten aufeinander abgestimmt sein. Eine einfache, preiswerte und rechtssichere Lösung für Ihren Shop finden Sie hier: