Sharenting: Kinderfotos im Netz

Kinderfotos bei Facebook, Instagram & Co: Darf ich Bilder meiner Kinder in sozialen Netzwerken posten?

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Posten Sie keine unzensierten Fotos Ihrer Kinder auf sozialen Netzwerken. Achten Sie darauf, dass Ihre Kinder nicht in intimen oder privaten Situationen zu sehen sind.
  • Nur sorgeberechtigte Elternteile dürfen bei Kindern unter 14 Jahren laut KunstUrhG allein über die Veröffentlichung von Bildern in Social Media entscheiden.
  • Kinder, die älter als 14 Jahre alt sind, müssen Sie um eine Erlaubnis vor der Veröffentlichung des Fotos bitten.

Worum geht's?

Social Media ist praktisch, um mit Bekannten, Freunden und der Familie in Kontakt zu bleiben. Neben dem Teilen des Status können auch Fotos geteilt oder verschickt werden. Eltern verschicken am liebsten Bilder von ihren Kindern: Beim Kindergeburtstag, die ersten Schritte oder beim Planschen. Aber dürfen Sie Fotos von Ihren Sprösslingen ins Netz stellen? Wann haben Kinder ein Mitspracherecht, wenn Sie Bilder in sozialen Medien hochladen wollen? Welche Rechte verletzen Sie, wenn Sie ohne die Erlaubnis Ihres Kindes “Sharenting” betreiben? Mit unserem Ratgeber bringen wir Licht ins Dunkel.

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1. Was ist Sharenting?

Es ist zu einem Trend und teilweise sogar zu einem Geschäftsmodell geworden: Das Teilen von Kinderfotos im Netz. Mittlerweile gibt es sogar einen Begriff dafür: Sharenting. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern “sharing” für teilen und “parenting” für Kindererziehung/Elternschaft zusammen.

Sharenting bezeichnet vor allem das Teilen von sensiblen Inhalten wie Fotos, Videos und anderer personenbezogener Daten der eigenen Kinder, wie beispielsweise dem Namen oder dem Geburtsdatum. Beim Verarbeiten solcher personenbezogener Daten ist vor allem die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu beachten. Laut DSGVO ist eine Einwilligung der Personen erforderlich, deren Daten verarbeitet werden sollen. Bei Kindern unter 16 Jahren müssen die Eltern diese Einwilligung erteilen.

Eine Ausnahme ergibt sich bei der Datenverarbeitung im privaten Haushalt und im familiären Kreis. Teilen Sie Bilder Ihres Kindes nur in einer privaten Gruppe oder in einer geschlossenen Cloud mit einem kleinen Personenkreis, ist dies laut DSGVO ohne Einwilligung erlaubt.

Neben der DSGVO spielt rechtlich allerdings auch das KunstUrhG eine Rolle. Das Recht am eigenen Bild ist in § 22 und § 23 KunstUrhG geregelt. Dementsprechend dürfen Bilder nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Laut KunstUrhG dürfen Jugendliche ab 14 Jahren selbst entscheiden, ob ihre Fotos veröffentlicht werden.

Wichtig hierbei: Das KunstUrhG ist weniger streng als die DSGVO. Deshalb ist eine Einwilligung des Jugendlichen ab 16 Jahren ausreichend. Es bedarf dann keiner Einwilligung der Sorgeberechtigten mehr. Zwischen 14 und 16 Jahren sollten die Sorgeberechtigten mit der Veröffentlichung einverstanden sein.

Sharenting ist ein besorgniserregender Trend, denn die Fotos sind - je nach Privatsphäre-Einstellungen in den sozialen Medien - für jedermann zugänglich.

VORSICHT!

Alle Aufnahmen, die Sie ins Netz stellen, können dort auch andere herunterladen bzw. über Screenshots speichern. Selbst wenn Sie das Bild später wieder löschen, kann es längst auf zig Rechnern gespeichert sein. Das ist vor allem kritisch, wenn die Fotos in falsche Hände geraten.

Bei den Veröffentlichungen der Kinderbilder gibt es ein Problem: Viele Eltern bedenken nicht, welche Konsequenzen die Veröffentlichung der Fotos haben kann. Nicht nur sind den Sprösslingen die Bilder fast immer peinlich und unangenehm. Die Fotos sind auch mit einem großen Missbrauchspotential und Gefahren verbunden:

  • Sie können die Grundlage für Mobbingattacken in der Schule bilden.
  • Pädophile können die Bilder für ihre Zwecke benutzen und z. B. die Fotos der Kinder auf anderen Internetseiten in dubioser Art und Weise vermarkten.

PRAXIS-TIPP

Nutzen Sie Facebook, wie viele andere Eltern auch, um Kinderfotos auch anderen Familienmitgliedern zu zeigen? Dann greifen Sie auf sicherere Alternativen zurück. Eine Alternative zu sozialen Netzwerken sind Cloud-Systeme im Internet. Dort können Sie die Bilder abspeichern und nur bestimmten Personen zugänglich machen.

2. Momfluencer: Bereicherung im Influencer Marketing oder fahrlässiger Trend

Mit dem Teilen des Familienalltags Geld verdienen ist heutzutage keine Wunschvorstellung mehr, sondern Realität. Mütter, die vor allem auf Instagram und TikTok ihre Follower an ihrem Alltag und damit auch am Leben ihrer Kinder teilhaben lassen, finden sich überall im Internet.

Sie teilen neben der beliebten Brotdosen-Inspo auch sogenannte Mom-Hacks für einen einfacheren Familienalltag. Neben guten werden auch schlechte Momente der Kinder geteilt: Krankheiten, ein Blick ins Kinderzimmer, welche Spielzeuge bespielt werden und tägliche Schlafroutinen.

Der große Clou: Familiencontent profitiert von einer hohen Reichweite und vermarktet sich gut. Mit sogenanntem Influencer Marketing können Content Creator also viel Geld verdienen und Unternehmen ihre Produkte in einer perfekten Zielgruppe vermarkten lassen.

ACHTUNG!

Hier ist allerdings in vielerlei Hinsicht Achtung geboten. Denn die Daten werden nicht nur mit einem großen und vor allem öffentlichen Publikum geteilt. Beteiligen sich die Kids unter 15 Jahren an der Werbung, kann eine Beschäftigung im wirtschaftlichen Sinne vorliegen und das ist nach § 5 Abs. 1 JArbSchG nur unter besonderen Bedingungen erlaubt. Arbeit unter drei Jahren ist gänzlich verboten.

3. Auch Kinder haben ein Persönlichkeitsrecht

Ein weiteres Problem ist, dass Eltern die Bilder oft ohne die Einwilligung ihrer Kids posten. Und hier wird es dann nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch rechtlich heikel.

Was viele Eltern nicht wissen oder vergessen: Auch Kinder haben, wie jeder andere Mensch auch, ein Persönlichkeitsrecht und nach Art. 16 der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Privatsphäre. Sie haben ein Recht darauf, dass ihre Ehre nicht verletzt wird und nicht ohne Erlaubnis Bilder von ihnen im Internet landen. Das Persönlichkeitsrecht ist nicht vom Alter abhängig, wie viele Eltern irrtümlich glauben.

4. Kleine Kinder: Eltern können selbst über Veröffentlichung von Fotos bestimmen

Die Folge des Persönlichkeitsrechts ist, dass Eltern ihre Kinder eigentlich vor der Veröffentlichung der Bilder um Erlaubnis fragen müssen. Nun stellen sich viele Eltern sicherlich Fragen wie: „Wie soll denn bitte mein zweijähriger Sohn entscheiden, ob er mit der Veröffentlichung einverstanden ist?“

Es stimmt: Ganz kleine Kinder verstehen nicht, was ihre Eltern tun. Juristen sprechen davon, dass den Kindern die „Einsichtsfähigkeit“ fehlt. Das heißt aber nicht, dass ihre Erziehungsberechtigten nun wild drauf los posten dürfen. Nach dem Gesetz tragen die Eltern die persönliche Sorge für das Kind und vertreten ihren Sprössling bei rechtlichen Angelegenheiten. Im Klartext heißt das:

Für kleine Kinder können die Eltern selbst die Einwilligung in die Veröffentlichung der Bilder erteilen. Auch wenn das nach einem „Freifahrtschein“ für Fotoposts klingt, sollten Eltern immer das Wohl der Kinder im Hinterkopf behalten.

5. Streit zwischen Eltern: Wer entscheidet über die Fotoveröffentlichung?

Ab und an kann es aber vorkommen, dass sich Eltern nicht darüber einig sind, ob das Foto des Kindes auf Facebook hochgeladen werden soll. Wenn z. B. der Vater dafür ist und die Mutter dagegen, ist der Streit so gut wie vorprogrammiert. Was heißt das nun für die Einwilligung bei Fotoveröffentlichungen?

Zu diesem Sachverhalt hat das OLG Düsseldorf am 20.07.2021 (Az. 1 UF 74/21) ein Urteil gefällt. Das Gericht entschied, dass sich getrennt lebende Eltern, die sich das Sorgerecht teilen, beide für die Veröffentlichung aussprechen müssen, damit ein Bild auf sozialen Medien geteilt werden darf. Sie sollten also eine gemeinsame Lösung finden, die zum Wohle des Kindes getroffen wird.

Anders sieht die Sachlage aus, wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht innehat. Das Amtsgerichts Menden urteilte am 03.02.2010 (Az. 4 C 526/09), dass nur der sorgeberechtigte (!) Elternteil über die Fotoveröffentlichung entscheiden darf.

In dem Fall wurde es einem Vater zum Verhängnis, dass er über 20 Fotos seines 1 ½ Jahre alten Sohnes bei „meinVZ“ gepostet hatte und die sorgeberechtigte Mutter damit nicht einverstanden war. Die Folge: Der nicht-sorgeberechtigte Vater musste die Bilder aus dem sozialen Netzwerk entfernen.

6. Jugendliche Kinder: Fragen Sie Ihre Kinder um Erlaubnis!

Wenn Kinder ein bestimmtes Alter erreicht haben, reicht es nicht mehr aus, wenn nur die Eltern über die Veröffentlichung der Fotos entscheiden. Wenn die Kids die nötige „Einsichtsfähigkeit“ erreicht haben, können sie sich an der Entscheidung über die Veröffentlichung der Fotos beteiligen.

Sie müssen ihre Sprösslinge dann vor der Fotoveröffentlichung um Erlaubnis fragen. Es gibt zwar keinen starren Richtwert, wann Kinder in der Lage sind, über den Foto-Upload auf Facebook und Co. mitzuentscheiden. Laut Art. 8 DSGVO dürfen Kinder mit 16 Jahren selbst in ihre Datenverarbeitung einwilligen oder diese ablehnen. Dann können Eltern die Fotos ihrer Kinder aber nicht ohne die Erlaubnis des Kindes im Internet veröffentlichen.

7. Folgen von unberechtigten Fotoposts: Kann mich mein Kind verklagen?

In der Praxis gibt es so gut wie keine Fälle, in denen Kinder ihre eigenen Eltern wegen ungenehmigten Bildveröffentlichungen abmahnen oder verklagen.

Dennoch stehen den Kindern unter Umständen folgende Rechte zu:

  • Beseitigung und Unterlassung
    Kinder können die Entfernung des Fotos aus dem sozialen Netzwerk verlangen. Eltern müssen dann unterlassen, das Foto später erneut zu posten. Die gleichen Rechte haben auch sorgeberechtigte Elternteile gegenüber dem anderen Elternteil.
  • Geldentschädigung
    Wenn die Persönlichkeitsrechte des Kindes schwer verletzt worden sind, kann das Kind einen Anspruch auf Geldentschädigung haben. Dies kann beispielsweise bei Nacktfotos der Fall sein. Hier kommt es allerdings auf den Einzelfall an.
  • Strafrechtliche Konsequenzen
    Die unerlaubte Veröffentlichung kann neben diesen Folgen auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Das Kunsturhebergesetz (KUG), welches das Recht am eigenen Bild regelt, sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.

8. Checkliste zu Sharenting und Kinderfotos im Netz

Checkliste
Das sollten Sie tun
  • Folgen für Kinder bedenken: Bilder der eigenen Kinder auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken können schlimme Folgen haben. Von Anfeindungen in der Schule (Mobbing), bis hin zum Missbrauch der Bilder für kriminelle Zwecke ist hier vieles denkbar.
  • Auch Kinder haben ein Persönlichkeitsrecht: Bilder von ihnen dürfen nicht ohne weiteres im Internet veröffentlicht werden. Das Persönlichkeitsrecht ist unabhängig vom Alter der Kinder.
  • Eltern müssen über die Veröffentlichung der Fotos von Kindern bis 14 Jahre laut KunstUrhG entscheiden
  • Eltern müssen ihre Kinder ab 14 Jahren um Erlaubnis fragen, wenn sie Fotos veröffentlichen wollen, außerdem ist die Zustimmung der Sorgeberechtigten erforderlich
  • Bilder nach Möglichkeit zensieren oder pixeln
  • keine Fotos posten, die das Kind in intimen oder peinlichen Situationen zeigen
Das sollten Sie unterlassen
  • Bilder gegen den Wunsch Ihrer Kinder bei Facebook veröffentlichen
  • Intime oder peinliche Bilder der Kinder bei Facebook veröffentlichen
  • Professionelle Kinderbilder ohne Zustimmung des Fotografen bei Facebook posten
  • Personenbezogene Daten des Kindes veröffentlichen

 

Caroline Schmidt
Caroline Schmidt, B.A.
Legal Writerin & SEO-Redakteurin

Caroline Schmidt hat Medienbildung studiert und ein einjähriges Volontariat in der Online-Redaktion eines Berliner Legal-Tech-Unternehmens absolviert. Sie ist seit über drei Jahren als Legal Writerin tätig und hat in verschiedenen Rechtsbereichen, darunter dem Arbeitsrecht, Schreiberfahrungen gesammelt. Seit 2022 ist sie als Legal Writerin und SEO-Redakteurin Teil des eRecht24-Redaktionsteams.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

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