Worum geht's?
Für Online-Händler gibt es zahlreiche Informationspflichten, die auf Websites und in Online-Shops umgesetzt werden müssen. Neben der Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht haben viele Händler von der Pflicht gehört, Kunden über die Online Streitbeilegung zu informieren. Mit Einstellung der europäischen Online Streitbeilegungsplattform ist eine der Informationspflichten entfallen. Welche Hinweise sind nun Pflicht und kann ein Hinweis auf die eingestellte OS-Plattform schaden? Diese und viele weitere Fragen beantworten wir Ihnen in unserem Artikel.
1. Informationspflicht und Streitbeilegung: Warum und woher?
Die Online Dispute Resolution (ODR-Verordnung) galt seit 2016 in allen Mitgliedsstaaten und regelte als Verordnung ohne einen weiteren Umsetzungsakt die Errichtung und Arbeit der europäischen Online Streitschlichtungsplattform (sog. OS-Plattform).
Die Online Streitbeilegungsplattform sollte Streitigkeiten zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Online-Handel schlichten. Offline geschlossene Verträge sowie Streitigkeiten im B2B Bereich waren nicht erfasst.
WICHTIG
Die Nutzung der OS-Plattform erfolgte freiwillig. Eine Pflicht, auf Beschwerden durch Verbraucher auf der Plattform zu reagieren, gab es für Sie als Unternehmer nicht.
Die Plattform für Online-Streitbeilegung wurde von der EU-Kommission entwickelt und von dieser betrieben. Aufgrund geringer Nutzerzahlen wurde die ODR-VO zum 20. Juli 2025 aufgehoben und der Betrieb der Plattform eingestellt.
MEHR LESEN?
In unserer News “OS-Plattform wird abgeschaltet – Jetzt Impressum aktualisieren!” beschäftigen wir uns ausführlich mit der Abschaltung der OS-Plattform.
Daneben wurde die Alternative Dispute Resolution (ADR-Richtlinie) mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in nationales Recht umgesetzt. Dieses regelt die Streitschlichtung von allen Unternehmen, die Verbraucherverträge abschließen und ist damit nicht wie die ODR-Verordnung auf den Online-Handel begrenzt.
Es geht dabei um die alternative Streitbeilegung in Verbraucherstreitfällen. So sollen vor allem teure und langwierige Prozesse vor Gericht sowohl für Sie als Unternehmer als auch für den Kunden vermieden werden.
GUT ZU WISSEN
Die alternativen Streitbeilegungsverfahren sind nicht gleichzusetzen mit den Verfahren der Mediation und dem Schiedsverfahren.
2. OS-Aus: Was bedeutet das für Sie als Online-Händler?
Mit Einstellung der Plattform für Online-Streitbeilegung entfällt die Pflicht, einen Link zur europäischen Online-Streitbeilegungs-Plattform sowie ihre E-Mail Adresse anzugeben.
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Online-Händler abgemahnt, die den Link nicht oder nicht richtig auf ihrer Webseite eingebunden hatten. Diese Gefahr besteht zukünftig mit Wegfall der Informationspflicht nicht mehr.
Aber kann der Link in Ihrem Impressum und in Ihren AGB bleiben, obwohl die Plattform nicht mehr existiert? Nein. Denn der Link führt Verbraucher auf eine abgeschaltete Plattform.
AUFGEPASST
Aktualisieren Sie möglichst zeitnah Ihr Impressum und Ihre AGB. Mit Einstellung der Plattform zur Online Streitbeilegung ist der Link ohne Funktion. Es können Abmahnungen nach dem UWG drohen.
Prüfen Sie außerdem, ob sich weitere Verweise auf die OS-Plattform im Footer Ihrer Webseite oder in der E-Mail-Signatur befinden. Sind Sie auf Verkaufsplattformen wie ebay oder Amazon aktiv, sollten Sie auch dort Ihre Rechtstexte aktualisieren.
Bedeutet:
Der Hinweis
“Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die Sie hier finden https://ec.europa.eu/consumers/odr/.”
ist seit dem 20. Juli 2025 nicht mehr erforderlich und sollte zeitnah aus sämtlichen Rechtstexten entfernt werden.
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Rechtssichere AGB dürfen in Ihrem Online-Shop ebenfalls nicht fehlen. Durch diese können Sie Ihre Informationspflichten erfüllen und sich gegenüber Ihren Kunden rechtlich absichern. Sie haben keine AGB oder Ihre AGB sind nicht aktuell und verweisen auf die eingestellte OS-Plattform?
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Sonderfall: Unterlassungserklärung & OS-Aus
Sie wurden in der Vergangenheit abgemahnt, weil Sie den Hinweis zur OS-Plattform nicht oder nicht richtig eingebunden hatten? Dann ist Vorsicht geboten!
Mit Unterzeichnung der Unterlassungserklärung haben Sie sich verpflichtet, den Link zur OS-Plattform ordnungsgemäß zur Verfügung zu stellen. Die Unterlassungserklärung stellt einen Vertrag dar, der auf unbestimmte Zeit zwischen Abmahner und Abgemahnten gilt.
WEITERLESEN
In unserem Artikel “Unterlassungserklärung einfach erklärt: Ihr Guide für den rechtlichen Durchblick” lesen Sie mehr zum Thema Abmahnung und Unterlassungserklärung.
Kündigen Sie zunächst die Unterlassungserklärung in Bezug auf die OS-Plattform. Erst wenn die Unterlassungserklärung gekündigt ist, sollten Sie Ihre Rechtstexte aktualisieren und die Hinweise auf die europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung entfernen.
3. Welche Pflichten ergeben sich für Händler aus dem VSBG?
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz richtet sich an alle Unternehmer im Online-Handel und im stationären Handel und betrifft Verträge mit Verbrauchern.
Das müssen Sie beachten:
1. Als Unternehmer müssen Sie den Verbraucher gemäß § 36 VSBG darüber informieren, ob Sie bereit oder verpflichtet sind, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
2. Wenn Sie an Streitbeilegungsverfahren teilnehmen, müssen Sie außerdem die Anschrift und Webseite der Streitbeilegungsstelle (seit dem 01.01.2020 Universalschlichtungsstelle) mitteilen.
3. Die Informationen müssen Sie leicht zugänglich, klar und verständlich auf der Webseite (im Footer oder im Impressum) und (wenn Sie AGB verwenden) in den AGB anbringen.
Wichtig: Verwenden Sie als Shopbetreiber oder Dienstleister AGB, so müssen Sie diese an die aktuellen Vorgaben anpassen.
Tipps für die Umsetzung der Informationspflicht
Für die Umsetzung der Informationspflicht können Sie folgenden Formulierungsvorschlag nutzen:
Bei Teilnahme am Schlichtungsverfahren
Wir nehmen an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teil. Zuständig ist die Universalschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein (https://www.verbraucher-schlichter.de).
Bei Nichtteilnahme am Schlichtungsverfahren
Wir sind nicht bereit oder verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Welche Händler oder Unternehmer müssen die Informationspflicht aus dem VSBG nicht umsetzen?
Die Pflicht aus § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG müssen Sie nicht umsetzen, wenn Sie:
- am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben
- keine Website unterhalten und keine AGB verwenden.
Haben Sie sich jedoch freiwillig bereit erklärt, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen oder sind dazu verpflichtet, müssen Sie die Informationspflichten aus § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten beachten.
4. Pflichten aus dem VSBG im Detail: Was Sie als Händler beachten müssen
Wichtig: Die Teilnahme an Verfahren vor den Schlichtungsstellen ist grundsätzlich freiwillig. Bedeutet für Sie, dass Sie entscheiden können, ob Sie bei Streitigkeiten in Verbraucherangelegenheiten an Schlichtungsverfahren teilnehmen wollen.
Aber: Die Informationspflicht ist davon unabhängig. Das heißt, dass die Pflichtinformationen fast immer zur Verfügung gestellt werden müssen.
Verpflichtung zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren
Einige wenige Unternehmen aus spezifischen Branchen sind allerdings zur Teilnahme an den Schlichtungsverfahren verpflichtet. Aus gesetzlichen Vorschriften ergibt sich die Teilnahme beispielsweise für den Bereich der Energieversorgung und in der Luftfahrt.
Haben Sie in einer Mediations- oder Schlichtungsabrede festgelegt, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, sind Sie hierzu verpflichtet. Haben Sie der Teilnahme in Tarifverträgen zugestimmt, müssen Sie dem ebenfalls nachkommen.
Einzelhändler und Shopbetreiber sind in der Regel nicht verpflichtet, an der Streitbeilegung teilzunehmen.
Was müssen Sie gemäß § 37 VSBG nach Entstehen eines Streits beachten?
Der § 37 VSBG bestimmt eine weitere Informationspflicht für den Fall, dass bereits eine Verbraucherstreitigkeit entstanden ist. Wenn Sie als Händler eine Streitigkeit aus einem Verbrauchervertrag also nicht durch Verhandlungen mit Ihrem Kunden beilegen können, trifft Sie eine weitere Pflicht.
Anders als bei der allgemeinen Informationspflicht aus § 36 VSBG sind von dieser weitergehenden Informationspflicht nicht nur Händler, die eine Website betreiben und/oder AGB verwenden, betroffen.
Die Infopflicht aus § 37 VSBG gilt auch dann, wenn sie keine Website und/oder keine AGB haben. Auch gilt sie unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten.
Was müssen Sie also tun, wenn Sie eine Streitigkeit mit dem Kunden nicht beilegen können?
Zunächst müssen Sie dem Verbraucher die zuständige Schlichtungsstelle unter Angabe von Anschrift und Website mitteilen. Zugleich müssen Sie angeben, ob Sie zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren bereit oder verpflichtet sind.
Bedeutet: Auch wenn Sie angeben, dass Sie zur Teilnahme nicht bereit oder verpflichtet sind, müssen Sie die zuständige Schlichtungsstelle angeben.
PRAXIS-TIPP
Die Informationen aus § 37 VSBG müssen dem Verbraucher in Textform mitgeteilt werden, also beispielsweise per E-Mail oder Post. Ein bloßer allgemeiner Hinweis auf der Website ist nicht ausreichend.
Welche Schlichtungsstelle ist zuständig? Gibt es für Ihren Fall keine branchenspezifische Verbraucherschlichtungsstelle, so ist die Universalschlichtungsstelle des Bundes zuständig.
Die Information an den Verbraucher kann wie folgt formuliert werden:
Wir [Firma XY] sind freiwillig bereit, an dem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherstreitschlichtungsstelle teilzunehmen. Zuständig ist die Universalschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein (https://www.verbraucher-schlichter.de).
oder
Wir [Firma XY] sind gemäß […] verpflichtet, an dem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherstreitschlichtungsstelle teilzunehmen. Zuständig ist die Universalschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein (https://www.verbraucher-schlichter.de).
Wann ist ein Streit mit einem Kunden "nicht beigelegt"?
Der Wortlaut des Gesetzes ist hier nicht ganz eindeutig. Die Information muss aber erst gegeben werden, "wenn die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte".
Die Gesetzesbegründung zu § 37 VSBG schreibt hierzu, dass die Pflicht dann besteht, wenn Sie die Streitigkeit aus dem Verbrauchervertrag nicht durch Verhandlungen mit dem Verbraucher (Kunden), zum Beispiel im Rahmen eines unternehmenseigenen Kundenbeschwerdesystems, beilegen konnten.
Solange Sie also noch mit dem Verbraucher in Verhandlungen stehen, ist die Streitbeilegung nicht gescheitert.
5. Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?
Die Informationspflichten zur Streitbeilegung sollten Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Bei Verstößen drohen kostspielige Abmahnungen!
LESE-TIPP
In unserem Artikel “Alles rund um Abmahnungen wegen fehlendem oder fehlerhaftem Impressum” lesen Sie mehr zu den Konsequenzen einer Abmahnung.
Nicht nur Verstöße gegen die Informationspflichten zur Streitbeilegung können teure Folgen haben. Warten Sie nicht ab, sondern checken Sie Ihre Website auf Schwachstellen.
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6. Übersicht
Bevor Streit entsteht, § 36 VSBG:
- gilt unabhängig davon, ob es einen Streitfall mit einem Verbraucher gibt
- gilt für Händler, die eine Webseite und/oder AGB haben
- gilt nicht für Händler, die am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hat
Wenn schon Streit mit dem Kunden entstanden ist, § 37 VSBG:
- gilt dann, wenn eine Streitigkeit mit einem Verbraucher aus einem Verbrauchervertrag entstanden ist und nicht beigelegt werden konnte
- gilt unabhängig davon, ob der Händler eine Webseite und/oder AGB hat
- gilt unabhängig davon, wie viele Mitarbeiter der Händler hat
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