Solange der Vorrat reicht

Solange der Vorrat reicht: Darf ich als Händler damit werben?

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als Händler müssen Sie Kunden darüber aufklären, wenn beworbene Produkte nur für einen kurzen Zeitraum verfügbar sind.
  • “Solange der Vorrat reicht” ist grundsätzlich ein zulässiger Werbehinweis für begrenzte Aktionsangebote.
  • Ist das Produkt jedoch bereits nach sehr kurzer Zeit ausverkauft, kann es sich trotz “solange der Vorrat reicht” um ein unzulässiges Lockvogelangebot handeln.

Worum geht's?

Als Händler müssen Sie so einige Regeln beachten, wenn Sie Ihre Waren bewerben. Das gilt nicht zuletzt für Sonderangebote, die naturgemäß günstiger verkauft werden, aber meist auch nur begrenzt verfügbar sind. Um keine Abmahnung zu riskieren, ist es wichtig, den begrenzten Warenvorrat richtig zu kommunizieren – etwa mit dem Zusatz “nur solange der Vorrat reicht”. Aber Vorsicht: Nicht immer ist der Hinweis ausreichend und kann unter Umständen sogar gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Warum das so ist und wie Sie Ihre Angebote sicher mit “solange der Vorrat reicht” bewerben, lesen Sie hier.

 

1. Was bedeutet “nur solange der Vorrat reicht”?

Was der Hinweis “nur solange der Vorrat reicht” bedeutet, ist eigentlich selbsterklärend: Eine angebotene Ware ist nur in begrenztem Umfang vorhanden und kann dementsprechend nur solange verkauft werden, bis nichts mehr vorrätig ist. Das ist auch ganz normal, schließlich können Sie als Händler keine unendlichen Warenvorräte anbieten. 

Ein knapper Warenvorrat ist daher an sich kein Problem. Und auch der Zusatz “Angebot gültig, solange der Vorrat reicht” ist erst einmal legitim, um Kunden aufzuklären, dass es sich um ein Sonderangebot handelt, das eben nur begrenzt verfügbar ist.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Werbehinweis aber auch unzulässig sein – und zwar dann, wenn er in den Bereich der irreführenden Werbung rutscht und als sogenanntes “Lockvogelangebot” gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.

WUSSTEN SIE’S?

Unter einem Lockvogelangebot versteht man das Anbieten einzelner Produkte zu einem besonders günstigen Preis. Das Ziel: Kunden zum Betreten des Ladengeschäfts bzw. zum Besuch des Onlineshops zu animieren. Ist das Sonderangebot nicht oder nur in unzureichenden Mengen vorhanden, handelt es sich gemäß des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) um verbotene irreführende Werbung.

Allgemeines zu Rabattaktionen und welche Stolperfallen Sie bei diesen vermeiden sollten, lesen Sie im Artikel “Rabattaktionen für Unternehmer und Online-Shop-Betreiber”.

2. Wann gilt “solange der Vorrat reicht” als irreführende Werbung?

“Solange der Vorrat reicht” kann als irreführende Werbung gewertet werden, wenn die angebotene Ware nur in so geringen Mengen vorhanden ist, dass das Produkt bereits nach kurzer Zeit am ersten Tag der Sonderaktion ausverkauft ist. Der Hinweis “Angebot solange der Vorrat reicht” ist dann nicht mehr ausreichend, um Kunden transparent über die – in diesem Falle extrem – begrenzte Stückzahl zu informieren.

Hintergrund dieser Einschätzung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015 (BGH, Az. I ZR 92/14). Die Richter hatten zu entscheiden, ob Kunden mit dem Zusatz “solange der Vorrat reicht” ausreichend über die beschränkte Verfügbarkeit und die geringe Angebotsmenge einer Sonderaktion aufgeklärt wurden.

Smartphone am Vormittag ausverkauft: “Solange der Vorrat reicht” ist unzureichend

In dem zugrundeliegenden Fall bot ein Discounter seinen Kunden ein günstiges Smartphone zum Kauf an. Im gedruckten Werbeprospekt war das Angebot mit einem Sternchen gekennzeichnet, das darauf hinwies, dass “dieser Artikel aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein” kann. 

Auch online war die Werbung zu finden. Dort hieß es: “Alle Artikel, solange der Vorrat reicht.“ Dieser war anscheinend nicht besonders groß – denn zum Bedauern vieler Kunden war das Smartphone bereits am Vormittag des ersten Aktionstages ausverkauft.

Informationspflichten bei knappen Warenvorräten

Ein Verbraucherschutzverein hielt die Werbung deswegen für unzulässig und mahnte den Discounter aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes ab. Der Fall landete schließlich vor dem BGH. Und der gab dem Verbraucherschutzverein Recht. Die Begründung:

  • Der Discounter führte seine Kunden mit der Werbung über die Verfügbarkeit des Smartphones in die Irre.
  • Händler dürfen nicht uneingeschränkt zum Kauf auffordern, da sie sonst gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen – vielmehr trifft sie bei knappen Warenvorräten eine besondere Informationspflicht.
  • Wenn Unternehmen befürchten, dass Produkte nicht für einen angemessenen Zeitraum und in angemessener Menge vorrätig sind, müssen sie ihre Kunden transparent darüber aufklären.
  • Dies war im Falle des Discounters online nicht gegeben – “solange der Vorrat reicht” war nicht ausreichend, um Verbraucher über die geringe Anzahl der Smartphones zu informieren.
  • Der durchschnittliche Kunde geht nicht davon aus, dass die Angebotsware schon am Vormittag des ersten Tages vergriffen sein könnte. Daran ändert auch der Zusatz “solange der Vorrat reicht” aufgrund seines fehlenden Informationsgehalts nichts.

Nicht ein begrenzter Warenvorrat an sich ist wettbewerbswidrig, sondern die unzureichende Aufklärung der Verbraucher darüber. “Solange der Vorrat reicht” war in diesem Einzelfall nicht ausreichend, sondern hat die Kunden des Discounters in die Irre geführt: Das verfügbare Angebot an Smartphones stand in keinem angemessenen Verhältnis zu den Erwartungen, die die Werbung bei den Kunden geweckt hatte.

Sören Siebert
Sören SiebertRechtsanwalt

3. Wann dürfen Sie als Händler mit “solange der Vorrat reicht” werben?

Um es klar zu sagen: Mit “Angebot gültig solange der Vorrat reicht” zu werben, ist nicht grundsätzlich unzulässig, sondern sogar notwendig, um eine Irreführung Ihrer Kunden zu vermeiden. Damit Sie dabei keine Abmahnung wie im Falle des Discounters riskieren, gibt es aber ein paar Regeln zu beachten:

Transparent aufklären: Informieren Sie Ihre Kunden ausreichend darüber, wenn Sonderangebote nur in begrenzten Mengen zur Verfügung stehen, z. B. über den Werbehinweis „Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen, solange der Vorrat reicht“. Eine konkrete Produktmenge müssen Sie nicht angeben.

Mindest-Vorrat sicherstellen: Gewährleisten Sie, dass auch bei begrenzten Mengen ein gewisser Vorrat des Sonderangebots vorhanden ist. Als Orientierung dienen zwei Tage, in denen Kunden die Aktionsware bei Ihnen kaufen können.

Online-Handel berücksichtigen: Während gedruckte Werbeprospekte nie ganz aktuell sein können, trifft Sie als Händler im E-Commerce eine strengere Pflicht, Warenbestände und Ausverkäufe schnellstmöglich zu aktualisieren.

4. Limitierte Stückzahl, wenige Exemplare: Vorsicht auch bei diesen Hinweisen

Neben “solange der Vorrat reicht” gibt es weitere Werbehinweise, die in den Bereich der irreführenden Werbung fallen können – und zwar dann, wenn sie nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den bei den Kunden hervorgerufenen Erwartungen stehen. Das ist meist der Fall, wenn die Produkte innerhalb kürzester Zeit nicht mehr vorhanden sind, wie die folgenden Beispiele zeigen:

  • "Nur in limitierter Stückzahl": Das Oberlandesgericht Koblenz entschied 2015, dass der Hinweis “nur in limitierter Stückzahl” nicht ausreicht, um Verbraucher über den begrenzten Vorrat zu informieren, wenn das Produkt bereits nach vier Minuten ausverkauft ist. Die unzureichende Bevorratung stelle einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar (OLG Koblenz, Az. 9 U 296/15).
  • "Nur noch wenige Exemplare verfügbar": Ein unzulässiges Lockvogelangebot liegt auch dann vor, wenn das beworbene Produkt nicht vorrätig ist und auch nicht kurzfristig beschafft werden kann. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte 2015 einen Online-Händler zur Unterlassung, weil dieser ein Angebot für eine nicht lieferbare Ware in seinem Shop belassen hatte (OLG Hamm, Az. 4 U 69/15).
  • Werbung da, Ware weg: Ein Möbelgeschäft hatte bei einem Räumungsverkauf eine Einbauküche zum Sonderpreis angeboten. Am Tag, an dem die Anzeige erschien, war diese jedoch nicht mehr erhältlich. Die Begründung: Ein Kunde hatte die Küche einen Tag vor Erscheinen des Prospekts gekauft, es handelte sich hierbei um ein Einzelstück. Das Oberlandesgericht Oldenburg sah das anders: Beworbene Ware muss am Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sein (OLG Oldenburg, Az. 1 U 121/05).

PRAXIS-TIPP

Möchten Sie mit einer Sonderaktion die Aufmerksamkeit Ihrer Kunden gewinnen, müssen Sie dafür sorgen, dass diese eine angemessene Chance haben, die Ware zu erwerben. Eine zu geringe Bevorratung kann einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen, wenn Sie nicht belegen können, dass z. B. Lieferschwierigkeiten oder eine ungeahnt hohe Nachfrage dafür verantwortlich sind.

5. Unzulässige Werbung wegen “Solange der Vorrat reicht”? Das kann passieren

Verstößt Ihre Werbung gegen das Wettbewerbsrecht, weil es sich um ein unzulässiges Lockvogelangebot handelt, kann das rechtliche Folgen haben: Sowohl der Wettbewerb als auch Verbraucherschutzverbände haben das Recht, Ihr Unternehmen abzumahnen.

Kommen Sie der geforderten Unterlassungserklärung nicht nach, kann die klagende Partei die Unterlassung der irreführenden Werbung gerichtlich einklagen. Ist die Werbekampagne aktuell, müssen Sie damit rechnen, dass dagegen eine einstweilige Verfügung erwirkt wird.

Auch Verbraucher können gegen Sie vorgehen: Nehmen Kunden beispielsweise extra einen Fahrtweg auf sich, um am Aktionstag das beworbene Produkt zu kaufen, haben diese einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Artikel aufgrund eines zu geringen Vorrats nicht mehr im Lager vorrätig ist. Sie können von Ihnen die Erstattung der Fahrtkosten verlangen. Voraussetzung ist aber, dass die Kunden tatsächlich nur für Ihre Aktionsware den Weg auf sich genommen haben.

Besser, wenn Sie sich absichern und Kunden im Zweifel transparent informieren, wie viele Produkte des Sonderangebotes vorhanden sind. Alles, was Sie darüber hinaus benötigen, um Ihren Onlineshop vor teuren Abmahnungen zu bewahren, finden Sie bei eRecht24 Premium.

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Sophie Suske
Sophie Suske, M.A.
Legal Writerin, freiberuflich

Sophie Suske hat einen Masterabschluss in Sprach- und Kommunikationswissenschaften. Angefangen in der juristischen Redaktion eines Legal Tech Start Ups bereichert sie seit 2022 mit ihrer Expertise das Redaktionsteam von eRecht24 als freie Legal Writerin. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen dabei im Datenschutz, E-Commerce- und Markenrecht.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

Stefan
Das Urteil ist ja gut und schön und auch die entsprechenden Kommentare.Aber was mache ich als Endverbraucher gegen solche "Lockvogelangebo te"?Wie wehren wir uns, damit das nicht mehr bvorkommt?
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Karl - Heinz Nießen
ich möchte mich der Frau Mario an. Bei Netto ist es das selbe machen Angebote und wenn man kommt ist nichts da. Dann heißte es wurde nicht geliefert, Montags morgen schon
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Mario
Und trotzdem - obwohl dieser Artikel von März 2016 ist - haben die ganzen Discounter weiterhin in ihren "Sternchen-Rechtstexten" die Aussagen:- solange Vorrat reicht- Angebot kann bereits am 1. Tag ausverkauft seinin Ihren Angeboten stehen.Wie verhalte ich mich denn als Kunde, wenn das Verbraucherschu tzrecht (wenn es sowas gibt) etwas anderes sagt und der Händler so gegen das Wettbewerbsverb ot verstößt und widerrechtlich handelt?Ich bin Vollzeitarbeitn ehmer und habe öfters das Problem, dass Angebotsartikel bereits am 1. Tag ausverkauft sind.Die Discounter aber bieten mir nicht die Möglichkeit, dass man mir das Produkt nachbestellt, sondern verweisen mich immer auf die lapidare Aussage, ich solle "mein Glück" in anderen Filialen versuchen.Was habe ich als Endkunde denn für Rechte?Wie kann ich die Filialleitung höflich darauf aufmerksam machen, dass solche lapidaren Aussagen wie "solange vorrat reicht" nicht rechtens sind und ich auf das Angebot bestehen kann, wenn ein bestimmter Angebotszeitrau m genannt ist?
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