Worum geht's?
Das Urheberrecht gesteht Architekten weitreichende Rechte zu: Nicht nur Bauwerke fallen unter den Schutz, sondern auch Planungen, Zeichnungen und Modelle. Doch was passiert, wenn ein Auftraggeber Pläne ohne Zustimmung weiterverwendet? Wann darf der Bauherr Änderungen an Entwürfen vornehmen? Welche Urheberrechte haben Architekten bei einem Umbau ihres Werkes? Und darf ein Bauwerk abgerissen werden, ohne den Architekten zu informieren? Wir klären, wann das Urheberrecht für Architekten gilt und wie Sie sich wehren können, wenn jemand dieses verletzt.
1. Wann gilt das Urheberrecht für architektonische Leistungen?
Das Urheberrecht gilt nicht nur für Texte oder Musik, sondern gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG (Urheberrechtsgesetz) auch für architektonische Leistungen. Bei diesen Werken der Baukunst kann es sich sowohl um fertige Gebäude als auch um Entwurfszeichnungen, Baupläne oder Modelle handeln.
Damit ein Bauwerk urheberrechtlich geschützt ist, muss es bestimmte Voraussetzungen erfüllen. In erster Linie geht es dabei um eine persönliche, geistige Schöpfung des Urhebers:
- Das Werk muss eine individuelle und originelle Gestaltung haben, die auf einer kreativen Idee des Architekten beruht und sein künstlerisches Schaffen offenbart.
- Der Bau muss künstlerischen Ausdruck zeigen und sich von rein handwerklichen oder alltäglichen Bauten abheben. Es darf sich also nicht nur um eine technische oder funktionale Leistung handeln.
- Die Abhebung vom Durchschnittlichen betrifft sowohl die Form als auch die Anordnung von Bauelementen und die ästhetische Gestaltung.
GUT ZU WISSEN
Das Urheberrecht für Gebäude kann ein Architekt nur geltend machen, wenn ein Bauwerk besonders innovativ, kreativ und originell ist. Da nicht jedes Werk diesen Kriterien entspricht, genießt auch nicht jedes Gebäude Urheberrechtsschutz.
Welche Bauwerke fallen unter das Urheberrecht – und welche nicht?
Folgende Bauwerke können durch das Urheberrecht geschützt sein, sofern sie die oben genannten Anforderungen erfüllen:
- Wohnhäuser
- Sakralbauten wie Kirchen oder Tempel
- Brücken und andere Ingenieurbauwerke
- Hochhäuser
- Museen und Ausstellungshallen
Standardisierte Bauten wie Lagerhallen, einfache Reihenhäuser oder Plattenbauten fallen hingegen in der Regel nicht unter das Urheberrecht, da sie keine Schöpfungshöhe aufweisen und somit nicht als Werke der Baukunst gelten.
Ob ein Gebäude oder ein Bauwerk als Werk der Baukunst eingestuft wird oder nicht, ist eine Wertungsfrage, die nicht selten zu Streitigkeiten führt und im Einzelfall vor Gericht geklärt werden muss.
Was ist mit einzelnen Bestandteilen von Bauwerken – sind diese geschützt?
Nicht nur Gebäude und Bauwerke in ihrer Gesamtheit können als Werke der Baukunst zählen, sondern auch Teile davon. Weisen Bestandteile – beispielsweise Buntglasfenster, Farbgebung, Erker oder Ausschmückungen an Fassaden – die erforderliche Schöpfungshöhe auf, sind sie ebenfalls urheberrechtlich geschützt.
Das Urheberrecht betrifft dann meist nicht mehr nur den Architekten, sondern auch weitere Urheber wie etwa den Glaser, der die Buntglasfenster als eigene kreative Leistung geschaffen hat.
In jedem Fall müssen sich die Bestandteile, für die Urheberrechtsschutz angestrebt wird, vom Durchschnitt vergleichbarer Werke abheben und eine individuelle Gestaltungshöhe aufweisen. Wichtig ist auch, dass die Schutzrechte zwar für die jeweiligen Gestaltungselemente gelten – nicht aber für das gesamte Gebäude.
Fallen Pläne und Entwürfe auch unter das Urheberrecht?
Da das Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG Zeichnungen technischer Natur schützt, genießen auch Pläne, Skizzen und Entwürfe in der Architektur urheberrechtlichen Schutz.
Voraussetzung ist auch hier, dass sich eine persönliche geistige Schöpfung des Architekten in den Plänen widerspiegelt – was der Fall ist, da Idee und Darstellung aus seiner Feder stammen. Der Entwurf, die Planung oder das Modell müssen zudem in die Realität umgesetzt sein und nicht nur in der Vorstellung des Schaffenden existieren, denn bloße Ideen lassen sich nicht als geistiges Eigentum schützen.
Wie lange gilt das Urheberrecht eines Architekten?
Fallen Bauwerke, Gebäude oder diesbezügliche Pläne, Skizzen und Entwürfe unter das Urheberrecht, erlischt dieses erst 70 Jahre nach dem Tod des Architekten als Urheber.
2. Wem gehört der Entwurf des Architekten?
Der Entwurf gehört dem Architekten – schließlich ist er der Urheber und hält die Urheberrechte. Er allein hat das Recht, über die Nutzung seines Entwurfs zu entscheiden, ihn zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen.
Bei der Anfertigung von Plänen und Zeichnungen muss zwischen dem geistigen Eigentum des Architekten am Entwurf und dem materiellen Eigentum des Bauherrn an der baulichen Umsetzung unterschieden werden:
- Der Architekt behält die Urheberrechte am Entwurf, auch wenn dem Eigentümer das Gebäude gehört.
- Der Bauherr erwirbt durch den Architektenvertrag nur das Recht, den Entwurf für die Errichtung seines Gebäudes zu nutzen.
Indem der Bauherr das Honorar für die Leistungen bezahlt, gehen zwar die Nutzungsrechte an den Entwürfen auf ihn über – die Urheberrechte verbleiben aber beim Architekten.
Wichtig für Architekten: Nutzungsrechte vertraglich regeln
Die Übertragung der Nutzungsrechte zwischen Ihnen als Architekten und dem Eigentümer sollte in jedem Fall durch eine entsprechende Vereinbarung zusätzlich zum Architektenvertrag geregelt werden. Soll der Entwurf nur für das konkrete Bauvorhaben verwendet werden dürfen, legen Sie vertraglich lediglich ein einfaches Nutzungsrecht fest.
Achtung: Werden die Nutzungsrechte nur für ein bestimmtes Bauvorhaben eingeräumt, aber die Entwürfe dazu ohne Zustimmung des Urhebers für weitere Projekte genutzt, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht des Architekten dar.
Als Architekt sind Sie nicht nur Inhaber von Nutzungsrechten, sondern benötigen oftmals auch selbst welche – beispielsweise, wenn Sie fremde Fotos von Kundenprojekten als Referenz auf Ihrer Website verwenden wollen. Die Rechteübertragung zwischen Ihnen und dem Fotografen als Urheber sollten Sie durch eine Nutzungsvereinbarung regeln. Als eRecht24 Premium-Mitglied haben Sie Zugriff auf einen entsprechenden Mustervertrag.
3. Welche Rechte haben Architekten bei ungefragten Umbauten und Veränderungen an ihren Werken?
Es ist keine Seltenheit, dass es zu einem Konflikt zwischen Architekt und Bauherrn kommt, wenn es darum geht, wie die Entwürfe in der Ausführungsphase umgesetzt werden – insbesondere, wenn die Realisierung des Bauvorhabens Änderungen vorsieht, die nicht Bestandteil der Planung waren.
Grundsätzlich hat der Bauherr das Recht, dem Architekten Vorgaben zu machen, die dieser umzusetzen hat. Gefällt ihm eine Entwurfsplanung nicht, kann er diese zurückweisen. Sobald der Bauherr die Planung jedoch angenommen hat, haben Architekten Anspruch auf die Durchsetzung ihrer Urheberrechte, wenn es um Veränderung des Bauwerks geht.
Planen Sie ein Gebäude oder ein Bauwerk, das die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Baukunstwerk erfüllt, dürfen Sie als Architekt Umbauten und Veränderungen laut Urheberrecht untersagen – denn diese gelten als Entstellung.
SCHON GEWUSST?
Ohne Interessenabwägung zwischen Ihnen und dem Auftraggeber geht es aber nicht. Nur wenn Ihr Interesse, das Bauwerk gemäß Ihren Vorstellungen umzusetzen, das Interesse des Bauwerkseigentümers an einer günstigeren (oder anderen) Planung überwiegt, dürfen Sie die Entstellung des Baus verbieten.
Generell lässt sich aber sagen, dass das Recht des Architekten, sein geschaffenes Werk unverändert umzusetzen, schwerer wiegt als das Interesse des Auftraggebers an Kosteneinsparungen oder Veränderungen aufgrund von abweichenden Geschmäckern.
Soll ein geschütztes Bauwerk anders als geplant gebaut werden, bedarf es also einer Zustimmung durch Sie als Urheber. Fehlt diese und weicht das Bauwerk von den akzeptierten Planungen ab, kann eine Urheberrechtsverletzung vorliegen.
Aber: Nicht jede Veränderung – insbesondere bei Zweckbauten – dürfen Sie untersagen. Ist diese beispielsweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften zwingend notwendig oder war vorab bereits vorhersehbar, kommen Sie nicht um die Zustimmung herum.
Urheberrechte greifen übrigens auch bei Abrissen. In einem Urteil 2019 argumentierte der Bundesgerichtshof (BGH) entgegen früheren Ansichten, dass auch hier eine gründliche Abwägung zwischen den Interessen des Urhebers und denen des Eigentümers vorzunehmen sei. Letzterer muss gut begründen, weshalb der Abriss gerechtfertigt ist. Gleichwohl stellte der BGH klar, dass der Eigentumsschutz grundsätzlich stärker wiegt als das Erhaltungsinteresse des Architekten (BGH, Az. ZR 98/17).
4. Welche Rechte gelten bei unzulässigen Veröffentlichungen von Skizzen und Entwürfen?
Als Architekt haben Sie das Recht zu entscheiden, ob, wann und unter welchen Bedingungen Ihre Entwürfe veröffentlicht, verbreitet und ausgestellt werden.
GUT ZU WISSEN
Werden aus Ihrer Feder stammende Pläne oder Skizzen ohne Ihre Zustimmung z. B. auf der Website eines Mitbewerbers oder Auftraggebers veröffentlicht, müssen Sie dies nicht akzeptieren – denn hier handelt es sich um eine Urheberrechtsverletzung. Wichtig ist aber auch: Nicht jede Veröffentlichung rechtfertigt einen Urheberrechtsverstoß.
So hatte etwa im Jahr 2014 ein Architekt gegen einen Bauträger geklagt, der dessen Entwurfsplanungen im Rahmen einer Präsentation gegenüber Kaufinteressenten verwendete – ohne dessen Zustimmung. Der Bauträger entschied sich in der Folgezeit für einen anderen Architekten, die erstellten Entwürfe wurden nicht genutzt.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es sich hierbei nicht um eine Urheberrechtsverletzung handele und der Architekt somit auch keinen Anspruch auf Schadensersatz habe, da die Präsentation lediglich dazu diente, einen potenziellen Käuferkreis zu ergründen. Die Rechte des Urhebers auf Verwertung, Vervielfältigung und Ausstellung seiner Entwürfe seien nicht verletzt worden, da es sich nur um einen abgegrenzten Teilnehmerkreis gehandelt habe (OLG Frankfurt am Main, Az. 11 U 111/12).
5. Was passiert, wenn die Urheberrechte eines Architekten verletzt werden?
Werden Urheberrechte verletzt, weil zum Beispiel Ihre Architektenpläne für andere Projekte weitergegeben oder an einem von Ihnen entworfenen Bauwerk unzulässige Umbauten oder Erweiterungen vorgenommen werden, müssen Sie dies nicht akzeptieren. Als Inhaber der Urheberrechte haben Sie verschiedene Optionen, Ihre Rechte zu schützen.
Gemäß Urheberrechtsgesetz haben Sie Anspruch auf:
- Unterlassung des Rechtsverstoßes
- Beseitigung von unrechtmäßig erstellten Kopien oder Plänen
- Vernichtung und Herausgabe der Vervielfältigungsstücke
- Schadensersatz für entstandene wirtschaftliche Schäden
Kommt es zur gerichtlichen Auseinandersetzung, muss immer eine Interessenabwägung zwischen Ihren Rechten als Architekt und denen des vermeintlichen Rechtsverletzers (oft der Bauherr) vorgenommen werden.
RECHTSTIPP
Um ein langwieriges Gerichtsverfahren zu vermeiden, ist es sinnvoll, den Rechtsverstoß zunächst urheberrechtlich abzumahnen und den Streitfall außergerichtlich zu klären. Durch die Abgabe der Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Verletzer, das unrechtmäßige Verhalten zu beenden. Falls er es doch wiederholt, muss er eine Vertragsstrafe zahlen.
Mit der Abmahnung können Sie nicht nur Ihren Unterlassungsanspruch durchsetzen, sondern auch Schadensersatz fordern, sofern Ihnen durch den Rechtsverstoß ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Üblicherweise wird dessen Höhe anhand der Lizenzgebühren berechnet, die Sie bei einer ordnungsgemäßen Lizenzierung erhalten hätten. Als Orientierung dient das auf Basis der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) angesetzte Honorar.
Führt der Versuch, außergerichtlich Rechtsschutz zu erreichen, nicht zum Erfolg, können Sie Ihre Urheberrechte mit einer zivilrechtlichen Unterlassungsklage durchsetzen.
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