Welche Kommentare dürfen soziale Medien löschen?
Anlass des Rechtsstreits war ein Kommentar auf der Facebook-Seite von Spiegel Online im vergangenen Juli. Unter einem Artikel über Kontrollen an der österreichischen Grenze hatten zahlreiche Nutzer mehr oder weniger sachlich Meinungen ausgetauscht. Mit Hinweis auf einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards löschte Facebook kurz darauf diesen Kommentar:
„ …… Gar sehr verzwickt ist diese Welt, mich wundert's daß sie wem gefällt.
Wilhelm Busch (1832 - 1908)
Wusste bereits Wilhelm Busch 1832 zu sagen :-D Ich kann mich argumentativ leider nicht
mehr mit Ihnen messen, Sie sind unbewaffnet und das wäre nicht besonders fair von mir.“
OLG: Facebook-Klauseln teilweise unwirksam
Als die Urheberin den gelöschten Text ein weiteres Mal eingab, wurde sie von den Content-Moderatoren gesperrt. Dagegen wollte die Nutzerin eine einstweilige Verfügung erwirken. Während das Landgericht München (11 O 3129/18) den Antrag zurückwies, gab das Oberlandesgericht (18 W 1294/18) der Frau nun Recht. In der Begründung setzt sich das OLG intensiv mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung einerseits und den Facebook-Standards andererseits auseinander. Es betont, dass Grundrechte auch innerhalb der Nutzervereinbarungen eines privatrechtlichen Unternehmens wirksam sein müssen. Im Klartext: Eine Bemerkung, die der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 GG entspricht, darf nicht allein aufgrund von hausinternen Regelungen gelöscht werden.
Kommentar erfüllt nicht die Kriterien einer „Hassbotschaft“
Aber auch unter Berücksichtigung der Facebook-Gemeinschaftsstandards hielt das OLG den Post für legitim. Die Kommentatorin habe zwar ihrer Gesprächspartnerin mangelndes Urteilsvermögen unterstellt und gezeigt, dass sie sich selbst für intellektuell überlegen halte. Dies stelle aber keine „Hassbotschaft“ dar. Denn darunter versteht Facebook nach eigener Definition Kommentare, die Personen aufgrund von Rasse, Herkunft, Religion, sexueller Orientierung, Geschlecht oder Krankheiten angreifen.
Fazit
Welche Regeln gelten auf der Internetplattform eines privaten Unternehmens – die Grundrechte oder gegebenenfalls anders lautende AGB? Die Frage ist vor deutschen Gerichten in den vergangenen Monaten nicht einheitlich beantwortet worden. Das Oberlandesgericht München hat in diesem Fall klar dem Grundgesetz den Vorrang gegeben. Äußerungen, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, dürfen demnach nicht von Facebook gelöscht werden.
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