Inhaltsverzeichnis
- Was ist passiert?
- Darf ich „Webinar“ noch verwenden?
- Wäre eine Abmahnung überhaupt wirksam?
- Bleibt die Marke „Webinar“ ewig eingetragen?
- Was kann mir schlimmstenfalls passieren?
- Was soll ich denn jetzt konkret tun?
1. Was ist passiert?
Der Begriff „Webinar“ ist schon seit dem 02.07.2003 als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen. Der Markenschutz umfasst die folgenden Bereiche:
- Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet;
- Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien;
- Dienstleistungen einer Werbeagentur;
- Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet;
- Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet;
- Bereitstellen von Informationen im Internet;
- Bereitstellung von Plattformen im Internet;
- Bereitstellung von Portalen im Internet;
- Veranstaltung und Durchführung von Seminaren;
- Organisation und Veranstaltung von Konferenzen
Lange Zeit ist nichts passiert – der Markeninhaber hat in den vergangenen 17 Jahren anscheinend keine Versuche unternommen, die Marke ernsthaft zu verteidigen und seine Rechte durchzusetzen.
Auch wenn damals der Begriff „Webinar“ in Deutschland nicht unbedingt für Online-Schulungen geläufig war – heute nutzt so gut wie jeder den Begriff. Auch wir bei eRecht24.
Doch jetzt sind Gerüchte über erste Abmahnungen des Markeninhabers Mark Keller aus Kuala Lumpur aufgetaucht. Mehrere Anwälte und Blogs haben das Thema aufgegriffen und bereits darüber berichtet. Uns liegt allerdings aktuell keine dieser Abmahnungen vor. Deshalb können wir die Rechtmäßigkeit einer eventuellen Abmahnung dazu auch nicht beurteilen.
UPDATE:
Die Rechtsanwälte des Markeninhabers haben den Kollegen von Jun Rechtsanwälten mitgeteilt, dass
- der Markeninhaber der DPMA-Marke “Webinar” Marc Keller keine Abmahnungen ausgesprochen hat und er
- nur gegen die ungenehmigte Verwendung der Bezeichnung “WEBINAR®” vorgehen würde.
Hier kann also zunächst erst einmal Entwarnung gegeben werden.
2. Darf ich den Begriff „Webinar“ noch verwenden?
Nach unserer Auffassung ja. Unabhängigvon der Frage, ob es aktuell wirklich Abmahnungen nur für die Bezeichnung "Webinar" gibt hat der Begriff „Webinar“ an sich so gut wie keine Unterscheidungskraft für Online-Schulungen. Er dürfte absolut beschreibend sein. Das wäre so, als ob jemand Tische herstellt und sich dafür die Marke „Tische“ schützen lässt. Das geht markenrechtlich nicht.
Jetzt könnte man meinen, dass die Marke genau deswegen gelöscht werden müsste. Aber das geht nicht so einfach. Die Frist für einen solchen Löschungsantrag wegen absoluten Schutzhindernissen (10 Jahre) ist nämlich bereits abgelaufen.
Solange die Marke aber eingetragen bleibt, kann der Markeninhaber theoretisch jeden abmahnen, der den Begriff markenmäßig für Online-Seminare und Schulungen benutzt.
Markenmäßig bedeutet dabei, dass der Begriff konkret für die Kennzeichnung von bestimmten Waren oder Leistungen verwendet wird. Benutzt man den Begriff hingegen rein beschreibend, liegt keine markenmäßige Benutzung vor. Diese Grenze ist allerdings sehr fließend und kann nur in dem jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Am Ende entscheidet dann der Richter.
Wir sind der Meinung, dass die Benutzung des Begriffs „Webinar“ in den meisten Fällen nicht markenmäßig ist, sondern lediglich beschreibend. Vor allem dann, wenn man den Begriff jederzeit mit einem anderen ersetzen könnte, z.B. „Online-Schulung“.
3. Wäre eine Abmahnung wegen des Begriffs „Webinar“ überhaupt wirksam?
Das kann man leider nicht für alle denkbaren Fälle beurteilen. Sollten Sie tatsächlich wegen der Verwendung des Begriffs „Webinar“ abgemahnt werden, könnten Sie dem Abmahner entgegenhalten, dass er die Marke in den letzten 17 Jahren überhaupt nicht genutzt hat. Wenn der Markeninhaber die Marke nämlich mindestens 5 Jahre nicht nutzt, verfällt der Markenschutz in der Regel.
Es kommt also zum einen darauf an, ob der Markeninhaber eine durchgehende markenmäßige Benutzung des Begriffs „Webinar“ in den letzten 5 Jahren nachweisen kann. Wenn nicht wäre die Abmahnung unwirksam.
4. Bleibt eine Marke „Webinar“ denn jetzt ewig eingetragen?
Das ist eher unwahrscheinlich. Es gibt nämlich die Möglichkeit, einen Löschungsantrag wegen der Nichtbenutzung (Verfall) in den letzten 5 Jahren beim DPMA zu stellen. Davon haben anscheinend auch schon einige besorgte Unternehmer Gebrauch gemacht. Nach aktuellem Stand (09.07.2020) wurden bereits 5 solcher Anträge beim DPMA eingereicht. Es werden mit Sicherheit noch einige weitere folgen.
Wenn auch nur einer der Anträge Erfolg hat, wird die Marke gelöscht.
5. Was kann mir schlimmstenfalls passieren, wenn ich den Begriff „Webinar“ weiter benutze?
Wie bereits erwähnt, könnten Sie vom Markeninhaber abgemahnt werden. Er könnte Sie z.B. dazu auffordern, die Nutzung zu unterlassen, Schadensersatz und Abmahnkosten zu zahlen. Die Forderung kann durchaus mehrere tausend Euro betragen.
Wenn Sie sich weigern eine Unterlassungserklärung abzugeben und die Kosten zu erstatten, könnte er eine einstweilige Verfügung vor Gericht gegen Sie beantragen. Sollte das Gericht tatsächlich eine solche Verfügung gegen Sie erlassen, müssten Sie dagegen Widerspruch einlegen.
Wird die Verfügung vom Gericht aufgehoben (z.B. weil das Gericht den Verfall der Marke feststellt), müsste – vereinfacht gesagt – der Abmahner Ihnen alle Kosten der Rechtsverteidigung und der Abmahnung erstatten. Also tragen nicht nur Sie das Risiko, sondern auch der Abmahner selber.
Sollte die Verfügung vom Gericht – aus welchen Gründen auch immer – bestätigt werden, müssten Sie auf die Nutzung des Begriffs „Webinar“ verzichten sowie die Verfahrenskosten und die Abmahnkosten zahlen. Das können im Ernstfall 5.000 bis 7.000 EUR werden.
6. Was soll ich denn jetzt konkret tun?
Wenn Sie ein Abmahnrisiko zu 100% ausschließen wollen, können Sie den Begriff „Webinar“ z.B. durch „Online-Schulung“ oder „Online-Seminar“ ersetzen.
Wir selbst halten das Risiko für eher gering, dass eine solche Abmahnung in einem gerichtlichen Verfahren Bestand haben würde und würden im Falle einer Abmahnung eine gerichtliche Klärung anstreben.