Worum geht's?
Sie verkaufen Software, eBooks oder Apps? Dann gibt es für Sie jetzt einiges zu tun: Denn die EU hat mit einer Richtlinie festgelegt, was sich künftig für Anbieter digitaler Inhalte und Dienstleistungen ändern soll. Das entsprechende Gesetz ist zum großen Teil Anfang 2022 in Kraft getreten. Wir erklären, wen die Änderungen betreffen und was bis Jahresende in puncto AGB, Widerruf und Datenschutz zu tun ist, wenn Sie digitale Produkte verkaufen.
1. Was sind digitale Inhalte und Dienstleistungen?
Sie müssen jetzt handeln, wenn Sie digitale Produkte verkaufen. Aber was genau ist das eigentlich? Bei digitalen Produkten unterscheidet man zwischen
- Digitalen Inhalten und
- Digitalen Dienstleistungen.
Digitale Inhalte
Um digitale Inhalte handelt es sich immer dann, wenn Sie Daten in digitaler Form erstellen und bereitstellen.
Beispiele:
- PC-Programme
- Anwendungen
- Video-, Audio- und Musikdateien
- digitale Spiele, elektronische Bücher
- elektronische Publikationen
- Apps
- Digitale Abomodelle, die für ihre Mitglieder verschiedene Inhalte wie Marketing-, Fitness- oder Weiterbildungskurse anbieten
Achtung: Verträge über andere als digitale Dienstleistungen sind hiervor ausgenommen. Hierzu zählen zum Beispiel Beratungen von Freiberuflern, wie Anwälten, über Zoom, Microsoft Teams etc.
Digitale Dienstleistungen:
In Abgrenzung dazu stellen Sie digitale Dienstleistungen bereit, wenn diese es Verbrauchern ermöglichen Daten
- Digital zu erstellen, verarbeiten oder zu speichern oder
- gemeinsam zu nutzen.
Beispiele:
- SaaS (Software as a Service)
- Gemeinsame Nutzung von Video- und Audioinhalten
- Datei-Hosting
- Textverarbeitung
- Spiele in Social Media oder in einer Cloud
- Plattformen
- Datenbanken
Wichtig: Es gibt eine ganz entscheidende Neuerung, die mit dem neuen Gesetz festgelegt wurde. Hiernach gelten all die neuen Regeln für Sie nicht nur, wenn Sie solche digitalen Leistungen gegen Geld bereitstellen. Sie müssen auch dann aktiv werden, wenn Sie gegenüber Verbrauchern „Daten gegen Leistung“ anbieten.
Beispiel: Sie bieten den Download eines Whitepapers an. Ihre Kunden müssen dafür zwar nichts bezahlen, sie müssen aber ihre E-Mail-Adresse an Sie schicken, damit Sie ihnen das Whitepaper übersenden.
Aber: Die neuen Regeln gelten nur, wenn Sie mit dem Verbraucher einen Vertrag schließen. Leider ist nicht klar geregelt, wann ein solcher Vertrag vorliegt. Hierbei soll es darauf ankommen, ob Sie und der Verbraucher den Willen haben, sich rechtlich zu binden. Einige kaum hilfreiche Anhaltspunkte, wann das der Fall sein soll, gibt die Gesetzesbegründung: Hiernach spricht es zum Beispiel für einen Vertrag, wenn Sie die Leistung erbringen, weil Sie
- den Verbraucher motivieren wollen, auf Ihrer Seite weitere Webseiten aufzurufen oder weitere Leistungen in Anspruch zu nehmen
- Einnahmen für auf Ihrer Seite dargestellte Werbung erzielen wollen, deren Höhe von den Zugriffszahlen abhängt
- mit Tracking-Technologien und nachfolgender personalisierter Werbung Geld verdienen wollen.
Da die Rechtslage hier sehr unklar ist, gehen Sie lieber auf Nummer Sicher und setzen Sie die neuen Regeln im Zweifel um
2. Was ändert sich, wenn ich digitale Produkte verkaufe?
Wenn Sie digitale Inhalte und Dienstleistungen verkaufen, müssen Sie im Wesentlichen diese Dinge seit dem 01.01.2022 sicherstellen:
- Informationspflichten: Sie müssen Ihre (potenziellen) Kunden über verschiedene Dinge informieren. Dazu gehört zum Beispiel die Information darüber, dass Sie Updates bereitstellen.
- Updatepflicht: Als Verkäufer digitaler Produkte müssen Sie Aktualisierungen wie Sicherheitsupdates zur Verfügung stellen.
- Bei Verstoß: Wenn Sie Ihre Pflichten nicht erfüllen, haben Ihre Kunden bestimmte Gewährleistungsrechte. Hier gibt es einige neue Regeln ab dem 1.1.2022. Dazu gehören zum Bespiel neue Fristen für die sogenannte Beweislastumkehr.
Achtung: Auch wenn Sie beispielsweise ein eBook unter der Voraussetzung anbieten, dass Ihre Kunden Ihnen ihre Daten E-Mail-Adresse und Telefonnummer senden, sind Sie Anbieter dieser Leistungen. Ihre Kunden haben dann auch Ihnen gegenüber Gewährleistungsrechte.
3. Was muss ich jetzt in meinen AGB für digitale Produkte ändern?
Generell gilt wie für jeden Vertrag, den Sie als Unternehmer in einem Shop abschließen: Sie sollten AGB für Ihre Kunden bereithalten. Das sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die Sie für beliebig viele Verträge nutzen können. AGB enthalten die wichtigsten Bestandteile und Bedingungen, die für Ihren Vertrag gelten. Hierzu gehören insbesondere Regeln zu:
- Vertragsschluss
- Zahlung
- Rechte und Pflichten
- Nutzungsrechte
- Garantien
- Datenschutz
- Gewährleistung
Mehr Infos zum Thema AGB finden Sie in unserem Beitrag „AGB für Online Shops: So starten Sie erfolgreich durch und werden nicht abgemahnt“
Praxistipp: Jeder Vertrag ist unterschiedlich und Sie müssen sich selbstverständlich auch an die gesetzlichen Vorschriften halten, wenn Sie AGB verwenden. Wenn Sie auf der sicheren Seite sein wollen, lassen Sie sich bei der Erstellung Ihrer AGB von spezialisierten Rechtsanwälten unterstützen.
Ich möchte ein Angebot für AGB erhalten
Sie haben bereits einen funktionieren Shop inklusive AGB und möchten diese nun an die neuen gesetzlichen Regelungen anpassen? Dann lesen Sie hier, wo Sie konkret rund um das Thema „Rechte und Pflichten“ etwas ändern müssen, wenn Sie digitale Produkte verkaufen.
Updatepflicht aufnehmen
Wie bereits erwähnt, müssen Sie genau regeln, wie lange Sie Ihrem Kunden Updates zur Verfügung stellen. Wichtig: Das gilt nicht nur, wenn Sie dauerhaft ein digitales Produkt zur Verfügung stellen, sondern bereits dann, wenn Sie nur einmalig ein Produkt zum Download anbieten (z.B. Software). Denn auch in diesem Fall brauchen Nutzer beispielsweise Sicherheitsupdates, die kritische Sicherheitslücken schließen, um die Software vertragsgemäß und sicher nutzen zu können. Hingegen müssen Sie keine Updates bereitstellen, die das Produkt verbessern.
Beispiel: Eine Funktionserweiterung bei einem Smart-TV müssen Sie nicht per Update bereitstellen
Sie müssen Ihren Kunden Updates so lange bereitstellen, wie ein vernünftiger Verbraucher es erwarten würde. Wonach sich das richtet, ist leider unklar. Orientieren kann man sich aber an folgendem:
- Der Zeitraum kann länger sein als die Gewährleistungsfrist
- Bei einem Betriebssystem sollte der Zeitraum länger sein als bei Anwendungssoftware. Grund: Ein Betriebssystem ist hat eine zentrale Bedeutung, während eine Anwendungssoftware in der Regel auch nicht mit dem Internet verbunden sein muss.
Das hilft leider nicht groß weiter. Das Gute: Sie können auch ausdrücklich einen Zeitraum für die Bereitstellung vereinbaren.
Praxistipp: Legen Sie in Ihren AGB unbedingt fest, wie lange Sie Updates zur Verfügung stellen. Sonst ist der Ärger vorprogrammiert.
Beispiel: für einen Zeitraum von 2 Jahren nach erstmaligem Download
Über Updates informieren
Sobald die Updates zur Verfügung stehen, müssen Sie Ihre Kunden darauf hinweisen. Wie Sie das Update bereitstellen, ist Ihnen überlassen. Möglich ist das zum Beispiel
- Durch ein Remote-Update bei vernetzten Geräten
- Per Mail
- Per Datenträger an die Versandadresse
Wir empfehlen, auch in den AGB klarzustellen, wie Sie Updates zur Verfügung stellen und wie Sie darüber informieren.
Über geplante Änderungen an der Software informieren
Sie planen Ihre Software irgendwann gravierend zu ändern oder erweitern? Dann müssen Sie folgendes beachten:
- Sie müssen einen triftigen Grund dafür haben.
Beispiel: Es gibt eine neue technische Umgebung oder die Nutzerzahlen erhöhen sich. - Sie müssen ausdrücklich in Ihre AGB aufnehmen, dass Sie die Software anpassen könnten, wenn dieser Grund vorliegt.
- Ihren Kunden dürfen keine zusätzlichen Kosten entstehen.
- Sie müssen Ihren Kunden klar und verständlich über die Änderung informieren. Ausreichend ist es, wenn Sie ihn im Zuge der Änderung informieren.
Praxistipp: Nehmen Sie eine Klausel in Ihre AGB auf, in dem Sie sich vorbehalten, die Software zu erweitern.
Mängel und Gewährleistungsrechte
Sofern Sie gegen die Update- und die Informationspflicht oder sonstige Pflichten aus dem Vertrag verstoßen, haben Ihre Kunden Ihnen gegenüber Gewährleistungsrechte. Diese Rechte haben Ihre Kunden insbesondere auch, wenn das digitale Produkt Mängel hat. Wann das vorliegt, hat der Gesetzgeber neu geregelt.
Ein digitales Produkt ist mangelhaft, wenn bestimmten Anforderungen in dem Moment nicht entspricht, in dem Sie es bereitstellen:
- Subjektive Anforderungen des einzelnen Kunden
Beispiel: Updates, die Sie laut Vertrag oder AGB zu bestimmten Zeitpunkten liefern sollten, liefern Sie nicht. - objektive Anforderungen aller potenziellen Kunden
Beispiel: Sie stellen Ihren Kunden vorab eine Testversion zur Verfügung. Die dann gekaufte Software hat weniger Funktionen oder funktioniert schlechter als die Testversion. - Anforderungen an die Integration
Beispiel: Sie haben die Software nicht sachgemäß in die Umgebung des Kunden integriert.
Wichtig: Wenn Sie von den objektiven Anforderungen an das Produkt oder der gesetzlichen Updatepflicht abweichen wollen, handelt es sich um eine Besonderheit des digitalen Produkts. Diese müssen Sie ausdrücklich vertraglich vereinbaren. Eine Klausel in den AGB reicht hierfür nicht aus.
Änderungen bei Beweislastumkehr
Liegt ein Mangel vor, haben Ihre Kunden grundsätzlich folgende Rechte:
- Nacherfüllung (Sie müssen den vertragsgemäßen Zustand herstellen)
Wichtig: Sie dürfen entscheiden, ob Sie dem Kunden eine aktualisierte Version des digitalen Produkts oder eine neue fehlerfreie Kopie zur Verfügung stellen. - Kündigung des Vertrags
Wichtig: Hierfür muss das Produkt eigentlich einen erheblichen Mangel haben. Anders ist das aber, wenn Ihr Kunde personenbezogene Daten bereitstellt – dann reichen unerhebliche Mängel. - Minderung des Preises
- Schadensersatz, Aufwendungsersatz
Unter Umständen kann sich der Kunde darauf berufen, dass der Mangel bereits dann vorlegen hat, als Sie Ihm das Produkt bereitgestellt haben. Tut er dies innerhalb eines bestimmten Zeitraums, wird vermutet, dass dies auch so war (sogenannte Beweislastumkehr). Hier gibt es eine Neuerung: Dieser Zeitraum beträgt nun ein Jahr (vorher waren es 6 Monate).
Hiervon gelten zwei Ausnahmen:
- Die Umgebung Ihres Kunden ist mit dem Produkt technisch nicht kompatibel.
- Sie konnten beim Kunden nicht feststellen, ob die Umgebung technisch kompatibel ist, weil der Kunde sich geweigert hat, bei der Feststellung mitzuwirken.
Praxistipp: Nehmen Sie diese Ausnahmen ausdrücklich, klar und verständlich in die AGB mit auf. Andernfalls gilt die Beweislastumkehr innerhalb des ersten Jahres nach Bereitstellung.
4. Was muss ich in meiner Widerrufsbelehrung ändern?
Wenn Sie digitale Produkte an Verbraucher verkaufen, benötigen Sie eine Widerrufserklärung. Mit dem neuen Gesetz müssen Sie nur eine Stelle anpassen: Sie müssen künftig keine Faxnummer mehr angeben. Diese Änderung gilt ab Mai 2022.
Praxistipp: Sie betreiben einen Marktplatz oder bieten Finanzdienstleistungen an? Dann müssen Sie ab Mai 2022 weitere Änderungen in Ihrer Widerrufsbelehrung vornehmen. Wenden Sie sich hierfür an die spezialisierten Anwälte der Kanzlei Siebert Lexow.
Ich möchte ein Angebot für AGB erhalten5. Was muss ich in meiner Datenschutzerklärung ändern?
Sie brauchen als Verkäufer digitaler Dienstleistungen eine Datenschutzerklärung, wenn Sie diese online anbieten. Hier müssen Sie wie gewohnt alle Datenverarbeitungsvorgänge aufnehmen. In Ihre Datenschutzerklärung gehört zum Beispiel auch dieser Vorgang:
Sie möchten Ihre Kunden per Mail informieren, wenn ein neues Update für Ihre Software vorliegt. Diesen Vorgang müssen Sie in Ihre Datenschutzerklärung aufnehmen.
Lesen Sie dazu unseren Artikel DSGVO-konforme Datenschutzerklärung jetzt kostenlos erstellen und nutzen Sie unseren kostenlosen Datenschutz Generator.
Jetzt kostenlose Datenschutzerklärung erstellen
6. Gelten die Vorschriften auch, wenn ich digitale Produkte an Unternehmer verkaufe?
Das Gesetz gilt nur für Verbraucherverträge: Es regelt also, was Sie tun müssen, wenn Sie als Unternehmer digitale Produkte an Verbraucher verkaufen und welche Rechte diese haben. Es enthält darüber hinaus aber auch Regeln für den Fall, dass Ihre Kunden wegen eines Mangels gegen Sie vorgehen und Sie wiederum gegenüber Ihren Vertriebspartnern (Unternehmern, B2B) deswegen selbst Ansprüche geltend machen möchten, um sich Ihr Geld zurückzuholen.
7. Was ist der Hintergrund der Änderungen und ab wann gilt das?
Das neue Gesetz ist die Umsetzung einer europäischen Richtlinie in Deutschland, mit der die EU einen einheitlichen EU-weiten Standard für Verbraucherverträge schaffen wollte: die „Digitale-Inhalte-und-Dienstleistungen-Richtlinie“ bzw. Digitale-Inhalte-Richtline. Daneben hat die EU die „Warenkaufrichtlinie“ erlassen. Hier geht es vor allem um das Kaufrecht klassische Waren, aber etwa auch Waren mit digitalen Elementen (Beispiel: Smart-TV). Beide Richtlinien treten in weiten Teilen am 1.1.2022 in Kraft.
8. Checkliste AGB: Digitale Produkte verkaufen
Das müssen Sie in Ihren AGB anpassen, wenn Sie digitale Produkte verkaufen:
- Nehmen Sie in die AGB auf, für welchen Zeitraum Sie Updates zur Verfügung stellen.
- Informieren Sie in Ihren AGB, wie Sie auf neue Updates hinweisen und wie Sie die Updates zur Verfügung stellen.
- Falls Sie planen die Software irgendwann zu erweitern oder ändern, nehmen Sie diesen Punkt in Ihre AGB auf.
- Bedenken Sie in Ihren AGB auch die Änderungen zu Mängeln und Gewährleistung.
- Wenn Sie von der gesetzlichen Frist für die Beweislastumkehr (ein Jahr) Ausnahmen zulassen möchten, nehmen Sie diesen Punkt in die AGB auf.
9. Fazit
Wenn Sie digitale Produkte verkaufen oder Dienstleistungen anbieten, müssen Sie zahlreiche Dinge beachten. Je nachdem, welches Produkt Sie anbieten, müssen Sie für die Änderungen seit dem 1.1.2022 gewappnet sein. Um hier auf der sicheren Seite zu sein und Ihren Pflichten beim Thema AGB und Co. korrekt nachzukommen, wenden Sie sich für ein unverbindliches Angebot gern an die an die spezialisierten Anwälte der Kanzlei Siebert Lexow



betrifft das Thema auch Druckbildanbiet er die wahlweise gedruckte oder digitale Posterdesigns erstellen, sodass der Kunde zwischen dem physischen Posterdruck oder einem digitalen Download wählen kann?
Bzw. was müsste bei den AGB und den Widerrufsbelehr ungen hier beachtet werden?
Gruß