
Im Gegensatz dazu besteht das Widerrufsrecht im Onlinehandel für private Käufer (das Gesetz nennt sie "Verbraucher") auch dann, wenn die Ware vollkommen in Ordnung ist. Kauft der Kunde beispielsweise in einem Kaffee-Onlineshop eine Espressomaschine zur Zubereitung des heimischen Cappuchino, kann er den Vertrag einfach durch eine Erklärung widerrufen, der Online-Händler muss diese dann zurück nehmen. Das Widerrufsrecht im Internet ist somit für den Kunden eine prima Sache, kann er doch die Ware 14 Tage bzw. sogar einen Monat ausprobieren und diese bei Nichtgefallen einfach zurück senden. Dem Betreiber eines Onlineshops entstehen durch den Widerruf hingegen immense Kosten.
Die Frage, welche Versandkosten der Händler konkret erstatten muss, ist immer noch nicht abschließend geklärt. Für die Kosten der Hinsendung liegt diese Frage gerade dem Europäischen Gerichtshof vor. Für die Rücksendekosten kann der Händler diese dem Kunden nur dann vertraglich auferlegen, wenn der Warenwert 40 Euro nicht übersteigt. Zudem stellt sich für den Inhaber eines Webshop immer wieder die Frage, was geschieht, wenn die Ware mit deutlichen Gebrauchsspuren zurück gesendet wurde.
Ausschluss des Widerrufsrechts möglich?
Da verwundert es nicht, dass Händler immer wieder versuchen, das für sie ungünstige Widerrufsrecht soweit irgendwie möglich auszuschließen. Die unzulässige Einschränkung des gesetzlichen Widerrufsrechts stellt jedoch einen Wettbewerbsverstoß dar. Tausende Onlineshop-Betreiber wurden bereits wegen selbst formulierter "Ausschlussklauseln" in den AGB und der Widerrufsbelehrung abgemahnt. Das Widerrufsrecht gegenüber privaten Kunden können Shopbetreiber nur in den Fällen umgehen, die das Gesetz selbst in § 312 d BGB vorsieht. Bei Dienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer die Dienstleistung mit Zustimmung des Verbrauchers schon vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher die Ausführung der Leistung selbst veranlasst hat.
Bei Kaufverträgen in einem Onlineshop sind vor allem die Nr. 1-3 in § 312d Abs. 4 BGB interessant. In diesen Fällen besteht nämlich gar kein Widerrufsrecht. Das Widerrufsrecht besteht (…) nicht bei Fernabsatzverträgen
1. zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde,
2. zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind,
3. zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten.
Die Punke 2 und 3 sind dabei relativ eindeutig. Wurden CDs oder Software entsiegelt, kann der Vertrag nicht widerrufen werden, da es um digitale Informationen handelt, die vom Kunden nach dem Entsiegeln beliebig kopiert werden können. Auch der beste Kopierschutz kann hieran in der Praxis nichts ändern. Auch die Ausnahme für Zeitschriften ist logisch. Wer eine Zeitschrift geliefert bekommt, kann diese auch lesen und soll diese nicht nach dem Lesen zurücksenden können.
Deutlich umstrittener sind die in § 312d Abs.4 Nr.1 BGB benannten Fälle. Hier geht es um:
1. Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind,
2. Waren, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder
3. Waren, die schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde.
Im Einzelnen ist hier noch vieles ungeklärt. Greifen wir als praktisches Beispiel noch einmal einen Online-Shop auf, der sich auf den Versand von Kaffee, Kaffeemaschinen und Kaffeezubehör spezialisiert hat. Für den Kaffeeautomat ist ein Ausschluss des Widerrufsrechts gegenüber Verbrauchern nicht möglich.
Beim Kaffee selbst könnte man überlegen, ob Kaffee als Lebensmittel nicht grundsätzlich vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist und deshalb in die Gruppe "auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet" fällt. Das wird man aber so pauschal nicht sagen können. Kaffee in Fertigpackungen, Kapseln oder Pads kann ohne Probleme wieder zurück gesendet werden und vom Anbieter auch wieder verkauft werden. Ein Grund, das Widerrufsrecht auszuschließen, liegt aber im Fall c) vor, nämlich dann, wenn das Verfallsdatum des Kaffees über den Widerrufszeitraum überschritten wird. Auch bspw. Espressobohnen, deren Verfallsdatum zwar nicht überschritten wird, die aber einen wesentliche Teil ihres Aromas einbüßen würden, können unter Fallgruppe c ("schnell verderblich") eingeordnet werden. Spätestens dann, wenn der Kunde die aromaschützende Vakuumverpackung geöffnet hat, kommt in der Regel kein Widerruf mehr in Betracht. Wird dem Kunden im Shop zudem die Möglichkeit gegeben, seine eigene persönliche Mischung von Kaffeesorten und Röststufen zusammen zu stellen, ist sicherlich der Fall a) gegeben. Die Mischung wurde allein für diesen einen Kunden erstellt, es wird sich wahrscheinlich kein zweiter Kunde finden, der exakt dieses Verhältnis von Kaffeesorten kaufen würde. Und schließlich kann man die Kaffeebohnen als Händler auch schlecht wieder trennen.
Fazit:
Shop-Betreiber, egal ob Kaffee-, Wein- oder Müslihändler, sollten von selbst verfassten Ausschlüssen des Widerrufsrechts absehen, die Gefahr kostenpflichtiger Abmahnungen ist dabei sehr hoch. Die zulässigen Ausnahmen sind im Gesetz selbst definiert, weitere Einschränkungen sind kaum möglich.
In Fällen, die das Gesetz für ein Erlöschen oder einen Ausschluss des Widerrufsrechts vorsieht, sollte ein spezialisierter Rechtsanwalt mit der Anpassung der Widerrufsbelehrung sowie der AGB betraut werden.


