1. Rote Sohlen als eingetragene Unionsmarke
Geklagt hatte wieder einmal Christian Louboutin, der Hersteller exklusiver Designerpumps für Damen. Zu erkennen sind seine High Heels an der leuchtend roten Außensohle. Seit Mai 2016 ist der von ihm genutzt Pantone-Farbton mit dem Code 18 1663TP für die Unterseite von Pumps als Unionsmarke eingetragen. Trotzdem wird im World Wide Web Geld mit preisgünstigen Imitaten verdient, die nicht von Louboutin lizenziert sind. So ließen sich in den vergangenen Jahren auch immer wieder rot besohlte Stilettos und Sandaletten auf dem Amazon Marketplace finden.
2. Präsentation, Lagerung und Versand durch Amazon
Bereits im September 2019 reichte der französische Designer beim Bezirksgericht Luxemburg Klage gegen Amazon ein (Az. C-148/21). Sein Vorwurf: Der Online-Riese habe ein mit seiner Marke identisches Produkt genutzt. Louboutin verwies dabei nicht nur auf die Verkaufsanzeigen innerhalb der Webseite, sondern auch auf den Versand und die Auslieferung der Produkte im Rahmen des Fulfillment-by-Amazon-Programms. Louboutins Anwälte argumentierten, Amazon könne durch die optische Darstellung und die Mitwirkung am Vertrieb nicht nur als Vermittler angesehen werden. Der Konzern trage daher eine Mitverantwortung für die Markenrechtsverletzung.
3. Vermittler oder Mitanbieter?
Amazon hingegen lehnte vor Gericht jede Verantwortung für die Angebote von Marketplace-Anbietern ab. Die Darstellung auf der eigenen Plattform und mit eigenem Logo bedeute nicht, dass der Konzern sich die Anzeigen Dritter zu eigen mache.
4. EuGH: User nehmen Amazon als Anbieter wahr
Das Gericht in Luxemburg leitete den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiter, der dem Schuhdesigner recht gab. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass Amazon im vorliegenden Fall als Benutzer der rechtsverletzenden Markenzeichen anzusehen sei. Dabei komme es darauf an, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Besucher des Marketplace einen Zusammenhang zwischen Betreiber Amazon und den markenverletzenden roten Schuhsohlen herstelle. Nach Ansicht des Gerichts spielt dabei auch eine Rolle, dass Amazon die eigenen Angebote genauso wie die von Dritthändlern darstellt und sie auch mit dem Amazon-Logo versieht. Bietet der Konzern zusätzlich noch Dienstleistungen wie Lagerung, Versand oder Abwicklung des Rückversands an, verstärkt dies laut EuGH den Eindruck eines Amazon-Angebots.
5. Fazit
Das Urteil kann nicht auf jede Verkaufs- oder Auktionsseite übertragen werden. Letztendlich müssen Gerichte im Einzelfall entscheiden, ob eine Vermittlungsplattform für Markenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden kann. Der EuGH hat aber mit seinem Urteil Faktoren für die Beurteilung herausgearbeitet. Im Fall Amazon spricht für eine Haftung, dass fremde und eigene Produkte nebeneinander und einheitlich präsentiert werden. Zusätzlicher Service wie Lagerung, Lieferung oder Retourenabwicklung verstärken die Wahrscheinlichkeit, dass der Vermittler als Anbieter wahrgenommen und damit haftbar wird.
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