Achtung Händler: Darf der IDO-Verband noch abmahnen?

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Worum geht's?

Der Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. (kurz „IDO-Verband“) hat in den letzten Jahren insbesondere aufgrund seiner enormen Zahl an Abmahnungen unter Online-Händlern eine zweifelhafte Berühmtheit erlangt. Doch darf der IDO-Verband überhaupt (noch) abmahnen?

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Inhaltsverzeichnis:

  1. Wann darf ein Verband abmahnen?
  2. Und was ist mit dem IDO-Verband?
  3. Das Hin und Her des LG Berlin zur Aktivlegitimation des IDO-Verbandes
  4. Praxistipp: Abmahnungen einzelfallabhängig überprüfen

1. Wann darf ein Verband abmahnen?

In Deutschland gibt es keine staatliche Behörde, die gegen Wettbewerbsverstöße vorgeht. Vielmehr werden Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht u.a. von bestimmten rechtsfähigen Verband geltend gemacht. Doch nicht jeder rechtsfähige Verband darf einfach so Abmahnungen aussprechen. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Verband berechtigt ist, Händler für Wettbewerbsverstöße abzumahnen (sog. „Aktivlegitimation“). Konkret muss es sich bei dem Verband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG um einen

  • rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen,
  • dem eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben,
  • der insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen,

handeln.

Sämtliche Voraussetzungen müssen dabei kumulativ vorliegen. Liegt eine der Voraussetzungen nicht vor, darf der Verband keine Abmahnungen aussprechen. Im Streitfall vor Gericht muss der Verband zudem nachweisen und beweisen, dass er den Anforderungen entspricht. Entspricht der Verband den Anforderungen nicht bzw. kann er sie im Streitfall nicht beweisen, fehlt ihm die Befugnis Klage zu erheben.

2. Und was ist mit dem IDO-Verband?

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Der IDO-Verband ist ein rechtsfähiger Verband, dessen Vereinszweck „die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler“ ist. Ausweislich seiner Internetseite verfügt der IDO-Verband aktuell über 2.100 unmittelbare Mitglieder aus verschiedenen Branchen. Die ersten zwei Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erfüllt der IDO-Verband somit.

Kernpunkt der Diskussionen um die Aktivlegitimation des IDO-Verbandes ist damit die dritte Voraussetzung, nämlich ob der IDO-Verband nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen. Angezweifelt wird dabei insbesondere seine personelle Ausstattung, sprich die fachliche (d.h. wettbewerbsrechtliche) Qualifikation des IDO-Verbandes.

3. Das Hin und Her des LG Berlin zur Aktivlegitimation des IDO-Verbandes

Insbesondere das LG Berlin musste – vor allem in der jüngeren Vergangenheit – mehrfach über die Legitimation des IDO-Verbandes, Abmahnungen auszusprechen, entscheiden.

I. LG Berlin bejaht Aktivlegitimation des IDO-Verbandes

Das LG Berlin hatte die Aktivlegitimation des IDO-Verbandes noch Anfang des Jahres bejaht (Beschluss vom 02.01.2017, 91 O 146/16). Auch eine andere Kammer des LG Berlin attestierte dem IDO-Verband nur kurze Zeit später mit Urteil vom 01.03.2017 (97 O 94/16) eine ausreichende personelle Ausstattung und somit die Legitimation, Abmahnungen auszusprechen.

II. LG Berlin verneint Aktivlegitimation des IDO-Verbandes

Für Aufruhr sorgte aufgrund dieser einheitlichen Rechtsprechung der Beschluss des LG Berlin vom 4. April 2017 (103 O 91/16). Darin stellte das LG Berlin fest, dass dem IDO-Verband die erforderliche personelle Ausstattung fehle, um seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen. Dabei argumentierte die Kammer insbesondere damit, dass der mit der Abmahnung betrauten Geschäftsführerin die ausreichende fachliche Qualifikation fehle. Dazu heißt es konkret:
„Inwieweit eine so ausgebildete Kraft in der Lage sein soll, Wettbewerbsverstöße zu erkennen und zu bewerten, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Zwar kann die erforderliche wettbewerbsrechtliche Qualifikation auch durch Berufserfahrung erworben werden. Auch dazu trägt der Kläger jedoch nichts vor.“

Mittlerweile hat der IDO-Verband gegen die Entscheidung des LG Berlin Berufung eingelegt und zu personeller Ausstattung inhaltlich ausführlich vorgetragen.

III. Und wieder auf Anfang…

In einem anderen Verfahren hat das LG Berlin nun erneut eine Aktivlegitimation des IDO angenommen (Beschluss vom 09.05.2017, 103 O 34/17). Konkret heißt es dort: „Die Bedenken der Kammer hinsichtlich der ausreichenden personellen Ausstattung des Antragstellers sind durch den Vortrag im Schriftsatz vom 2.5.2017 ausgeräumt.“

IV. Bewertung der „Ausreißer“-Entscheidung des LG Berlin vom 4. April 2017

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Doch welche Bedeutung kommt der Entscheidung des LG Berlin vom 4. April 2017 nun konkret zu? Geht die „IDO-Abmahnwelle“ weiter und handelt es sich bei der Entscheidung um einen ziemlich langweiligen Aprilscherz? Oder darf der IDO-Verband angesichts der Entscheidung des LG Berlin nicht mehr abmahnen?

Ein Ende der IDO-Abmahnwelle ist wohl (leider) nicht in Sicht. Bei der Entscheidung des LG Berlin vom 4. April 2017 handelt es sich nämlich um eine „Ausreißer-Entscheidung“, aus der sich keine pauschalen Rückschlüsse auf die Aktivlegitimation des IDO-Verbandes ableiten lassen.
Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass das LG Berlin den IDO-Verband vor Erlass der Entscheidung zu dem Aspekt der personellen Ausstattung nicht angehört hatte.

Zum anderen ist der Beschluss des LG Berlin in hohem Maße einzelfallbezogen. Das LG Berlin attestierte dem IDO-Verband seine fehlende fachliche Qualifikation insbesondere aufgrund eines Versäumnisses des IDO-Verbandes im konkreten Einzelfall. Konkret hatte der IDO-Verband von dem Händler, der erneut gegen Wettbewerbsrecht verstoßen hatte, keine – wie sonst üblich – neue strafbewehrte Unterlassungserklärung (mit erhöhter Vertragsstrafe) gefordert. Erst nach einem wiederholten Wettbewerbsverstoß des Händlers im Juli 2016 setzte der IDO-Verband eine neue Unterlassungserklärung auf. Da der Händler sich dieses Mal jedoch weigerte, landeten beide Parteien schließlich vor dem LG Berlin.

Das LG Berlin stufte das Versäumnis des IDO-Verbandes, vom Händler die Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung zu fordern, als Zeichen für seine fehlende fachliche Qualifikation ein. Dazu heißt es im Beschluss des LG Berlin: „Dass der Geschäftsführerin die ausreichende wettbewerbsrechtliche Qualifikation fehlt, zeigt sich deutlich am vorliegenden Fall. Ihr war offensichtlich nicht bekannt, dass bei einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung nicht nur die Vertragsstrafe verwirkt ist, sondern dass erneut ein Unterlassungsanspruch entsteht, anderenfalls sie zusammen mit der Forderung nach Zahlung der Vertragsstrafe zugleich eine neue Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe gefordert hätte…“

Dass es sich bei der Entscheidung des LG Berlin um eine „Ausreißer“-Entscheidung handelt, wurde auch durch den Beschluss des LG Berlin vom 09. Mai 2017 (103 O 34/17) deutlich, in dem die Kammer eine Aktivlegitimation des IDO-Verbandes ausdrücklich bestätigt hatte.

4. Praxistipp: Abmahnungen einzelfallabhängig überprüfen

Leider können sich Online-Händler keine Hoffnungen auf ein Abflachen der „IDO-Abmahnwelle“ machen. Das LG Berlin hat wiederholt bestätigt, dass der IDO-Verband berechtigt ist, Abmahnungen auszusprechen. Die Entscheidung des LG Berlin vom 4. April 2017 ist als „Ausreißer“-Entscheidung zu werten, aus der sich keine pauschalen Rückschlüsse auf die Aktivlegitimation des IDO-Verbandes herleiten lassen. Dennoch zeigt die Entscheidung, wie wichtig es ist, jede Abmahnung einzelfallabhängig auf ihre Schlüssigkeit hin zu prüfen.

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Matze
Wurde 2016 und 17 von denen abgemahnt.... Unglaublich das der Verein immer noch sein Unwesen treibt...
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Daniel
Der Ido-Verband ist eingetragen in die Lobbyliste des Bundestages. Der Fisch stinkt quasi vom Kopf her. Aber es steckt nur eine Hand voll Möchtegerns hinter dem Verband, mit rein finanziellen Interessen. Denen können wir rechtlich umd mit ein paar Eierwerfern gut ins Handwerk pfuschen. Ich wäre dabei, bei einem Onlinehändlerring, der sich gegen diesen mafiösen Verband und seine Brüder zur Wehr setzt. Alles, was benötigt wird sind Spendengelder. Lässt sich per Crowdfunding realisieren. Gibt es Interessenten die mitmachen möchten?
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G
Hallo! Ich wurde auch vom IDO Verband geklagt! Die haben meinen Online-Shop durchforstet und allerhand Fehler gefunden. Dafür habe ich einen Rechtsanwalt herangezogen und mit ihm alle Seiten meines Online-Shops durchforstet. Die Erklärung habe ich unterschrieben und den Betrag (EUR 200) eingezahlt.Doch leider sind kleine Fehler übrig geblieben, die auch mein Rechtsanwalt übersehen hat. :-( Jetzt wollen die 3000 EUR von mir haben! Das kann es wohl nicht sein. Man arbeitet wie ein Idiot und dann soetwas. Das ärgert mich sehr. So macht das Ganze keinen Spaß!Was soll ich in diesem Falle tun?
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Kanzlei Prüfer
OLG Frankfurt hat am 02.05.2019 entschieden, dass IDO die Prozessführungsbefu gnis im entschiedenen Fall fehlt. Az.: 6 U 58/18. IDO ist nicht unangreifbar!
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Michael
Laut des Impressums Deiner Internetseite bist Du noch Verantworlicher .Das hätte man umgehend nach Übertragung des Geschäfts ändern sollen.Deine AGBs und auch viele andere Teile des Shops sind übrigens auch sehr abmahngefährdet.Ich würde ihn erstmal abschalten und rechtskonform gestalten, sonst könnte es richtig teuer werden. Momentan hast Du ja eh keine Artikel drin stehen, warum sich selber also unnötig gefährden?
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Michael
Die schiere Masse an Abmahnungen macht diesen Verband unglaubwürdig ein Verein zu sein. Dieser Verein scheint ein vorrangiges Interesse daran zu haben finanzielle Rücklagen aus den Abmahnungen schlagen zu wollen.Vielleicht kann man diesbezüglich gegen diesen Verein mal klagen.Aber nach einer erfolgreichen Klage wird er den Verein wohl ablegen und als irgendeine andere Organisation fortfahren.Ich verstehe auch den Staat nicht, das er da nichts unternimmt. Durch solche Abmahnvereinigu ngen gehen viele kleine Händler zugrunde. Das sind Untenehmer die Steuern bezahlen und davon nicht zu knapp. Diese Abmahnvereine schaden also auch direkt den Staat und damit jeden einzelnen Bürger.Es muss da eine andere Lösung her.In Österreich überlegt man ob man vor der Abmahnung von Händlern ein vorangeganges zeitliches gebundenes Verfahren einfügen soll, das Händler erstmal auf Fehler aufmerksam machen muss.Soll heißen vor einer Abmahnung muss der Abmahner dem zu Abmahnenden zuerst auf die Fehler aufmerksam machen. Erst wenn dieser nicht darauf reagiert dürfte er ihn dann abmahnen.Das würde solche Abmahnvereine äußerst uninterresant machen und dem Ganzen womöglich ein Ende setzen.
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Michael
Hallo Herr Mertes,bei so fraglichen Artikeln wäre ich sehr vorsichtig.Die sicherste Variante wäre alle Varianten des Artikels einzeln einzustellen und den jeweilgen Grundpreis pro Quadratmeter anzugeben.Leider sehe ich da auch keine andere sichere Möglichkeit.Wir wurde auch abgemahntm, weil wir bei Ebay die Versandkosten nicht so hinterlegen konnten wie wir es gerne gehabt hätten. Wir wollten nur die minimalen Versandkosten berechen und gaben dabei in den Angeboten an, dass der Käufer nach dem Kauf bitte eine überarbeite te Rechnung anfragen sollte. Diese wäre IMMER günstiger gewesen als die einzelnen Artikel.War nicht rechtskonform, wurde abgemahnt.Jetzt müssen die Kunden (leider) mehr Versandkosten bezahlen.Soviel zum "Schutz des Verbrauchers".
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Martin Fuchs
Das einzige was mich beruhigt, ist zu wissen, dass ich nicht der einzige bin der von der IDO abgezockt wird. Es ist natürlich auch Zufall dass die Strafen häufig in Beträgen ausfallen die unter jede Anwaltsgrenze fallen. Ich kann nur raten so viel E-Mails usw zu schreiben damit sich dieses Vorgehen nicht mehr lohnt. Und die Ansprechpartner von dem IDO Verband? Ich gehe mal stark davon aus, dass diese noch nicht mal im Ansatz eine juristische Ausbildung genossen haben. Unsere Bearbeitungskra ft hat eine sehr eigene Definition was alles in unseren Agb´s stehen muss...
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Dirk Koch
neues update ich war zum Zeitpunkt der Klageerhebung gar nicht mehr der Geschäftsführer sondern ein griechischer Kollege aber Verurteilt wurde ich zur Unterlassung und Gerichtskosten kann ich die Rechnung ans Landgericht zurücksenden und sagen was wollt ihr den von mir ihr korrupten Schweine oder kennt jemand einen anwalt der das unentgeltlich machen würde weil er denkt er kriegt die kohle von Ido .Abmahnung von IDO am 15.3.19 Geschäftsführer wechsel am 12.3. 19 urteil zugestellt am 6.4.19 info@wintouch-store.de mfg Koch
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Frank
Eigentlich haben wir doch ausreichend Behörden usw. Meiner Meinung nach ,ist der Staat für die Einhaltung und Umsetzung des geltenden Rechts zuständig und nicht irgendwelche profitorientier ten Vereine!So sollte es auch im Onlinehandel sein. Keiner darf beispielsweise vor seinem Grundstück Temposünder oder Falschparker bestrafen.
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