Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet die Senkung der Umsatzsteuer für mein Unternehmen?
- Welche Anpassungen muss ich auf Rechnungen vornehmen?
- Welchen Steuersatz muss ich bei Anzahlungen verwenden?
- Welcher Steuersatz gilt bei Gutscheinen?
- Mit welchem Formular wird die Umsatzsteuer-Voranmeldung durchgeführt?
- Wer hilft, wenn ich noch Fragen habe?
1. Was bedeutet die Senkung der Umsatzsteuer für mein Unternehmen?
Die Umsatzsteuer entsteht, wenn eine Leistung erbracht wurde, d.h. unabhängig davon, wann die Rechnung gestellt oder das Entgelt vereinnahmt wurde. Der anzuwendende Steuersatz richtet sich nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung. Der leistende Unternehmer und der (vorsteuerabzugsberechtigte) Leistungsempfänger tragen gleichermaßen ein Risiko, falls für eine inländische Leistung eine falsche Steuer ausgewiesen wird. Der leistende Unternehmer schuldet die in seiner Rechnung falsch ausgewiesene Steuer (auch wenn eigentlich der niedrigere Steuersatz anwendbar wäre).
Der Leistungsempfänger ist aus dieser Rechnung nur in Höhe der gesetzlich geschuldeten (niedrigeren) Steuer zum Vorsteuerabzug berechtigt. Für die Unternehmen ist es jetzt wichtig, sich auf die geplante Steuersatzänderung richtig vorzubereiten und damit vorzubeugen, dass die gewünschte Entlastung nicht durch Fehler bei der Anpassung im ERP-System/Buchhaltungssystem neutralisiert wird, die dann zu Rechnungskorrekturen und erhöhtem administrativen Aufwand führen.
Es kommt also für die richtige Rechnungsstellung jetzt maßgeblich auf den Stichtag 01.07.2020 an. Auf alle Vorgänge, die sich über einen Zeitraum vor und nach diesem Stichtrag erstrecken, ist in der Praxis ein besonderes Augenmerk zu richten.
Welche Umsätze sind von der Änderung betroffen?
Es sind alle umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen von der Regelung betroffen.
2. Welche Anpassungen muss ich auf Rechnungen vornehmen?
Die Rechnungen müssen den richtigen Steuersatz ausweisen. Daher ist es wichtig, die Rechnungsschreibungssysteme zu prüfen und anzupassen. Kassensystem müssen auf die neuen Steuersätze umprogrammiert werden.
Wenn Sie Hilfe benötigen oder Fragen haben, kontaktieren Sie einfach das Team von Sinatax.
Was passiert mit dem Ausweis der Umsatzsteuer in Angeboten und Verträgen?
Haben sie bis zum 01.07.2020 Angebote abgegeben oder Verträge über Leistungen abgeschlossen, die zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 erbracht werden, dann sollten Sie an die UST-Senkung gedacht haben.
Beispiel:
- Verträge über Bauvorhaben, die zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 beendet werden.
- Dauerverträge, z.B. Mietverträge, Leasingverträge, laufende Finanz- und Lohnbuchführungen oder Wartungsverträge, deren Teilleistungen zwischen dem 01.07.20 und dem 31.12.20 erbracht werden.
Bestehende Verträge sollten geprüft und auf den aktuellen Umsatzsteuersatz angepasst werden, z.B. ist ein Verweis auf den zum Leistungszeitpunkt geltenden Steuersatz eine gängige Methode. Eine zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer ist vom Unternehmer an das Finanzamt zu zahlen, auch wenn diese falsch ist. Andersherum darf der Kunde, sofern er Unternehmer ist die Vorsteuer in Höhe des tatsächlich geltenden Umsatzsteuersatzes geltend machen.
Bitte achten Sie auch darauf, ob Brutto- oder Nettopreisvereinbarungen getroffen wurden. Der Kunde hat nicht automatisch einen Anspruch auf einen niedrigeren Preis.
Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der nicht später als vier Monate vor dem Inkrafttreten der Steuersatzänderung abgeschlossen worden ist, so kann der eine Vertragspartner von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen, soweit nicht etwas anderes vereinbart worden ist (zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch).
Was muss Ich bei Dauerleistungen und wiederkehrenden Leistungen beachten?
Leistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, wie Memberships, Vermietungen, Leasing, laufende Finanz und Lohnbuchführungen, werden an dem Tag ausgeführt, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet.
Läuft ein Vertrag zum Beispiel vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021, ist der Leistungszeitraum jeweils das Ende des Monats.
Bei wiederkehrenden Lieferungen, zum Beispiel die Lieferung von Baumaterial, werden diese am Tag jeder einzelnen Lieferung ausgeführt. Ausgenommen sind davon Lieferungen von elektrischem Strom, Gas, Wärme und Wasser. Auf Dauerleistungen die vor dem 01.07.2020 erbracht werden, ist der Steuersatz von 19 % anzuwenden. Später ausgeführte Dauerleistungen werden mit dem Steuersatz von 16 % besteuert. Nebenleistungen, bspw. Rechtsanwalt Klug stellt neben der Beratungsleistung noch Reisekosten in Rechnung, für die ein anderer Zeitpunkt als für die Hauptleitung vereinbart ist, richtet sich der Steuersatz nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Hauptleistung.
Falls ihr Unternehmen an eine Unternehmensgruppe angeschlossen ist, sollten sie ebenfalls auf Umlage- und Verrechnungsvereinbarungen innerhalb der Unternehmensgruppe achten – zum Beispiel Intercompany Adjustments aus Geschäftsbesorgungsverträgen über die Erbringung von IT-Dienstleistungen , die Gewährung von Lizenzen und sonstige Verwaltungsdienstleistungen.
Haben Sie noch Fragen? Wir unterstützen Sie!
Gibt es Korrekturbedarf bei Skonto, Rabatten und Preisnachlässen?
Tritt nach dem 30.06.2020 eine Minderung oder Erhöhung der Bemessungsgrundlage für einen vor dem 01.07.2020 ausgeführten steuerpflichtigen Umsatz ein (z.B. durch Skonto, Rabatt, einen sonstigen Preisnachlass oder durch Nachberechnung, Cashback-Systeme etc.), unterliegt dieser den bis zum 30.06.2020 geltenden Steuersätzen in Höhe von 19% bzw. 7%. Sowohl der geschuldete Steuerbetrag als auch der Vorsteuerabzug müssen von den beteiligten Unternehmen berichtigt werden.
Vereinfachungen gibt es bei der nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlage für vor dem 01.07.2020 ausgeführte Umsätze, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen. Besonderheiten sind jedoch bei der Hingabe von Gutscheinen, Pfandbeiträgen und Jahresboni zu beachten.
Welche Chancen ergeben sich aus der USt-Satz-Änderung?
Für Unternehmen, die nicht oder nur zum Teil zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, bspw. Ärzte, kann es eine Entlastung bedeuten, falls für die Leistung eine Netto-Vereinbarung getroffen wurde, da die bezogene Leistung günstiger wird. Durch die Umsatzsteuer-Satz-Senkung werden vorwiegend Waren im hochpreisigen Segment günstiger, dadurch lohnt es sich geplante Investitionen in den Zeitraum zwischen dem 01.07.2020 – 31.12.2020 zu legen um eine Kostenentlastung zu erzielen.
Andersherum profitieren leistende Unternehmer, die eine Brutto-Vereinbarung mit ihren Kunden getroffen haben, da bei gleichbleibendem Preis, weniger Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss. Je nach Branche werden die Unternehmer vermutlich Ihre Kunden über Preisnachlässe an der Steuersatzsenkung teilhaben lassen.
Muss ich etwas beachten, wenn ich einen gekauften Gegenstand umtauschen möchte?
Beim Umtausch eines Gegenstands wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 01.07.2020 gelieferter Gegenstand nach dem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstandes der ab dem 01.07.2020 geltende Steuersatz i.H.v. 16% bzw. 5% anzuwenden.
3. Welchen Steuersatz muss ich bei Anzahlungen verwenden?
Werden vor dem 01.07. Anzahlungen für Leistungen vereinnahmt, die zwischen dem 01.7. und 31.12.2020 erbracht werden, gilt für die Anzahlung zunächst der Steuersatz von 19 % bzw. 7 %. In der Schlussrechnung sowie der Umsatzsteuer-voranmeldung muss eine Korrektur auf 16 % bzw. 5 % erfolgen.
Beispiel:
Der Webdesigner Bob baut für den Kunden Toni ein neue Website für seine Kfz-Werkstatt. Die Fertigstellung (Leistungszeitpunkt) erfolgt im November 2020. Der Preis beträgt 15.000 € zuzüglich UST. Bob hat im Januar und im April sowie im Juli 2020 Anzahlungen in Höhe von jeweils 3.000 € zuzüglich Umsatzsteuer von Toni vereinnahmt.
Lösung:
Die Leistung (Bau der Website) und alle Anzahlungen unterliegen dem 16 %-igen Umsatzsteuersatz. Die Anzahlungen im Januar und April 2020 muss Bob zuerst mit 19 % besteuern. Die Anzahlung, die Bobo im Juli 2020 vereinnahmt, muss er mit 16 % versteuern.
Die Korrektur der im Januar und April 2020 vereinnahmten Anzahlungen erfolgt in der Schlussrechnung und in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für November beim Webdesigner Bob und bei dem Kunden Toni.
Schlussrechnung:
Entgelt (Euro) |
UST (Euro) |
Summe (Euro) |
|
Gesamtbetrag |
15.000 |
2.400 (16 %) |
17.400 |
Abzgl. Anzahlungen |
|||
Januar 2020 |
3.000 |
570 (19 %) |
|
April 2020 |
3.000 |
570 (19 %) |
|
Juli 2020 |
3.000 |
480 (16 %) |
|
Restzahlung |
6.000 |
780 |
6.780 |
Umsatzsteuer-Voranmeldung November 2020:
Umsatz 6.000 x 16 % USt = 960 €
Berichtigung der Umsatzsteuer für Anzahlungen (Januar und April 2020):
Zeile 62 6.000 x 3 % = -180 €
Zahllast 780 €
4. Welcher Steuersatz gilt bei Gutscheinen?
Bei Gutscheinen müssen Sie zwischen Einzweck-Gutscheinen und Mehrzweck-Gutscheinen unterscheiden. Bei Einzweck-Gutscheinen wird der Steuersatz verwendet, der bei Erstellung des Gutscheines gilt. Wurde der Gutschein im April 2020 für Bekleidung bei dem Modehaus Hoddies & Mäntel gekauft, steht bereits bei Kauf des Gutscheines fest, dass der Gutschein nur für Bekleidung verwendet werden kann, die zum allgemeinen Steuersatz verkauft wird.
Daher ist die Umsatzrealisierung bereit bei Kauf des Gutscheines erfolgt und dementsprechend der Umsatzsteuersatz , der im April gilt mit 19 % zu versteuern. Eine spätere Korrektur erfolgt nicht.
Handelt es sich bei dem Gutschein um einen Mehrzweck-Gutschein, d.h. Bei Kauf des Gutscheines ist noch nicht von vornherein klar, für welche Leistungen der Gutschein eingelöst wird, gilt der Umsatzsteuersatz zum Zeitpunkt der Einlösung. Bspw. wird ein Gutschein bei Galerie Kauftown gekauft, welches ein Warenhaus ist mit verschiedensten Waren, die sowohl zum allgemeinen als auch zum ermäßigten Steuersatz angeboten werden, kann bei Kauf des Gutscheins noch nicht klar gesagt, werden, für welche Ware (Bücher, Bekleidung, Lebensmittel, Kosmetik) der Gutschein eingelöst wird.
Worauf muss ich jetzt bei der Umsetzung und in der Praxis besonders achten?
Als erstes sollten Sie prüfen, ob ihre ERP-Systeme/ Buchhaltungssysteme auf die niedrigeren Steuersätze anzupassen sind, damit eine korrekte Rechnungsstellung und die ordnungsgemäße Anmeldung der Umsätze in der Umsatzsteuervoranmeldung gewährleistet werden kann. Im Jahr 2006 gab es die letzte Steuersatzänderung. Möglicherweise befinden sich in ihrer Buchhaltungssoftware noch die alten Steuerkennzeichen für 16 % und 5 %, die sie reaktivieren können.
Anderenfalls müssen sie sich damit auseinandersetzen, wie Sie übergansweise neue Steuerkennzeichen für 16 und 5 % einrichten können. Hierbei sollten Sie darauf achten, dass die Steuerkennzeichen jeweils korrekt mit allen relevanten Steuerkonten verknüpft sind. Um die Arbeit im Nachgang zu erleichtern, ist es am besten, wenn Sie alle bis zum 30.6.2020 erbrachten Leistungen, soweit es geht, stichtagsgerecht abrechnen, um die zutreffende Anwendung der neuen Steuerkennzeichen und die ordnungsgemäße Rechnungsstellung bestmöglich umzusetzen.
Gerade die Gastronomie und der Einzelhandel, wird hier vor große Herausforderungen gestellt. Die Gastronomie hat zum einen die Steuersenkung von 19 % auf 7 % für Speisen umzustellen und gleichzeitig die Umstellung von 7 % auf 5 % zu meistern.
Sie sollten verstärkt die Eingangsrechnungen prüfen um den Vorsteuerabzug zu gewährleisten. Besonders sollten Sie auf die Angabe des Leistungszeitraums und den korrekten Steuersatz achten.
Wer die Buchhaltung selbst übernimmt und sich bei dem Buchen nach den DATEV Standardkontenrahmen richtet, findet auf der Seite der DATEV https://www.datev.de/dnlexom/api/content/v01/entity/st14173745931.pdf?save=False&docId=1018040 bereits die neuen Konten für den Zeitraum 01.07.-31.12.20.
Die Datev hat weitere Maßnahmen ergriffen um Ihre DATEV-Lösungen entsprechend anzupassen. Diese sind hier zu finden: https://www.datev.de/web/de/aktuelles/informationsseite-zur-corona-krise/konjunkturpaket-unterstuetzung-durch-datev/massnahmen-in-den-datev-loesungen/?fbclid=IwAR3uFfkk2BpPOfw8GO9v6zekKFZw8OllJ3Zi4gwjhxaBtxK_yahNoEAv0S0
Verträge, die als Rechnung dienen und in denen deshalb ein konkreter Steuersatz und Steuerbetrag ausgewiesen sind, müssen geändert werden. Andernfalls entsteht für den Leistenden in Höhe der Steuersatzdifferenz eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG und ist der Leistungsempfänger insofern nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Wir helfen Ihnen gern!
Was muss ich jetzt tun?
Sie sollten bereits jetzt damit beginnen, die Umstellung vorzubereiten. Dabei sind folgende Punkte als erstes zu erledigen:
- Prüfen Sie ihr ERP-/Buchhaltungssystem, um die Umstellung der Steuerkennzeichen vorzubereiten
- Passen Sie ihr Rechnungslayout an
- Prüfen Sie ihre langfristig laufenden Verträge, die als Rechnungen gelten, ob evtl. Anpassungen oder Ergänzungen notwendig sind. (Bspw. Steht in Ihrem Mietvertrag der Steuersatz von 19 % ausgeschrieben oder steht dort eine Textpassage „zum allgemein gültigen Steuersatz“. Steht die 19 % UST drin, sind auch 19 % USt fällig.)
- Bereiten Sie die Abrechnungen für bis zum 30.06.2020 erbrachter Leistungen vor, um die Umstellung der Steuerkennzeichen zu erleichtern.
- Prüfen Sie bestehende Vereinbarungen ob eine Brutto- oder Netto-vereinbarung getroffen wurde.
- Bereiten Sie Ihre Mitarbeiter auf die Umstellung vor! – Was muss bei der Buchung beachtet werden? Wie sind die Eingangsrechnungen zu prüfen?
- Identifizieren Sie die in Ihrem Unternehmen am stärksten betroffenen Geschäftsvorfälle
5. Praktische Hinweise: Wohin mit den Umsätzen in der Umsatzsteuer-Voranmeldung ab dem 01.07.2020
Solange es keine angepassten Formulare für die Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020 gibt, müssen die aktuell gültigen verwendet werden. Die Umsätze mit den gesenkten Steuersätzen (16 % und 5 %) werden in einer Summe in den Randziffern „zu anderen Steuersätzen“ (z.B. Rz. 28 und Rz. 35 der UST-Voranmeldung) eingetragen. Abhängig von der Buchhaltungssoftware müssen die Umsätze manuell eingetragen werden und können nicht automatisiert übergeben werden. Dies sollten Sie mit Ihrem Software-Anbieter abstimmen.
Ähnlich würde ich bei der Umsatzsteuer-Jahreserklärung vorgehen. Die Umsätze zu den gesenkten Steuersätzen sind in einer Summe in den Randziffern „zu anderen Steuersätzen“ einzutragen.
Falls es neue Vordrucke von der Finanzverwaltung geben wird, wovon wir aktuell nicht ausgehen, werden wir sie natürlich darüber informieren.
6. Wer hilft, wenn ich noch Fragen habe?
Wenn Sie Fragen haben oder Hilfe beim Umsetzen der Maßnahmen zur Mehrwertsteuer benötigen steht Ihnen das Team der Steuerberaterin Sina Mähnz gern zur Verfügung.
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